Macabros 071: Spinnenritter greifen an
und herfiel, veranlaßte Alan, einen
näheren Blick zu wagen. Dabei stellte er fest, daß diesem
jungen, dunkelhaarigen Franzosen mit einem kurzen, scharfen Ruck das
Genick gebrochen worden war.
Hier im Wagen aber konnte man weder eine steile Treppe
herabfallen, noch von einer Leiter stürzen. Hier hatte jemand
mit harter Hand ein verabscheuungswürdiges Verbrechen
begangen.
Der massige Asiate…
Unwillkürlich dachte Kennan an den schattenhaften Begleiter
des »Unbezwingbaren«.
Der war zuletzt im Wagen gewesen und hatte auch die Leiche
verborgen.
Auf dem freien Platz, noch während einige hundert Zuschauer
hier weilten, war es natürlich unmöglich, das Opfer
verschwinden zu lassen. Das wollte man wahrscheinlich zu einem
späteren Zeitpunkt tun.
In der Gesäßtasche des Toten steckte eine
prallgefüllte, abgegriffene Brieftasche.
Die zog Alan Kennan mit zittriger Hand hervor, immer wieder mal
einen Blick zurückwerfend und lauschend, ob sich nicht wieder
jemand dem Wagen näherte.
Der junge Mann stand unter einer enormen Anspannung, und er war
sehr nervös, weil er befürchtete, daß jeden
Augenblick jemand von den Zirkusleuten zurückkam.
In der Brieftasche befanden sich mehrere große Geldscheine,
ein Zeitungsausschnitt und die Ausweispapiere des Toten.
Da ließ Alan Kennan doch kurz das Feuerzeug aufflammen, um
in dem winzigen, unruhigen Lichtschein festzustellen, wie der Tote
hieß.
Sein Name war Gerard Mallet, und aus seinem Presseausweis ging
hervor, daß er für das »Magazin Noir«
schrieb.
Rasch steckte Alan die Ausweise in sein Jackett und stopfte die
Brieftasche dann wieder in die Gesäßtasche des Toten.
Als er die Flamme seines Feuerzeugs ausblasen wollte, sah er den
dunklen, auffallend markanten Fleck auf dem linken Handrücken
des Ermordeten.
Kennans Augen verengten sich.
Was war das?
Doch noch eine Verletzung?
In dem kleinen Lichtfeld sah er etwas, was ihn unwillkürlich
zusammenfahren ließ.
Der Fleck war so groß wie das Glas einer Armbanduhr, und er
stellte – deutlich in allen Details zu sehen – eine
Prägung dar, wie mit einem heißen Eisen angebracht.
Das Motiv war eine massige, furchteinflößende Spinne,
die einen Kopf hatte, der mit einem gebogenen, hornartigen Schnabel
versehen war. Dieser Schnabel war aufgerissen, und die spitzen,
dolchartigen Zahnreihen veränderten das Tier auf eine
gespenstige Weise.
Das Zeichen eines Geheimbundes?
Unwillkürlich kam ihm dieser Gedanke…
Doch er hatte keine Gelegenheit mehr, weitere Überlegungen
anzustellen und den Dingen auf den Grund zu gehen.
Geräusche!
Schritte, leise Stimmen… näherten sich dem
Wohnwagen.
Wie von einer Tarantel gestochen, sprang Kennan in die
Höhe.
Er lief zum Fenster.
Zu spät!
Da kamen Sie! Pawel Lanzinski und sein Faktotum Tschakko.
Beide waren noch wenige Schritte vom Wohnwagen entfernt, und
für Alan Kennan war es ausgeschlossen, auf normalem Weg die
Falle zu verlassen.
*
Er lief zurück in das Schlafzimmer, um die Leiche wieder an
Ort und Stelle zu schieben und um den beiden beiden Ankömmlingen
keinen Verdachtsgrund zu geben, daß sich hier während
ihrer Abwesenheit jemand aufgehalten hätte.
Alan Kennan war Bewohner von Marlos. Darin lag seine Chance.
Er schob die Leiche nach unten, drückte den schlaffen Arm
nach, auf dem das unheimliche Zeichen eingebrannt war, zog die
Tigerdecke über die Schlafcouch herab und wollte im
nächsten Augenblick von der Bildfläche verschwinden.
Seine Gedanken jagten nach Marlos, und mit diesen Gedanken
wäre normalerweise die atomare Struktur seines Körpers hier
an diesem Ort aufgelöst und dort neu zusammengefügt
worden.
Doch nichts geschah!
Wie ein Messer schnitt die Gewißheit in Kennans Hirn,
daß er außerstande war, die unsichtbare Insel, seinen
letzten Rettungsanker, aufzusuchen…
Alan Kennan ging zu Boden, rutschte an den Füßen der
Leiche vorbei, schob sie ein wenig zur Seite, um für sich
genügend Platz zu schaffen, preßte sich an die Wand und
zog den Toten kraftvoll und schnell zu sich heran, damit er wieder
dort lag, wo der Asiate ihn hingelegt hatte.
Kennan, an den Boden gepreßt, kam sich vor, als läge er
selbst in einem Sarg. Rundum war es schwarz, und er fühlte die
Sprungfedern der Couch auf seinem Rücken, wenn er sich auch nur
um einen halben Zentimeter aus seiner Stellung bewegte.
Er lag genau hinter der Leiche und hörte, wie Pawel Lanzinski
und Tschakko den Wagen betraten.
»Ich hoffe, es ist alles in
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