Macabros 077: Zitadelle der Grausamen
zwischen den Säulen war
stärker geworden.
Björn stellte fest, daß die Zwischenräume ihm
breiter vorkamen als die, die hinter ihm lagen.
Einige Schritte weiter standen die Säulen zum Teil so weit
voneinander entfernt, daß ein ausgewachsener Mann bequem beide
Arme ausstrecken konnte, ohne zu seiner Linken oder Rechten eine der
Säulen zu berühren.
Die roten Nebel wogten um seine Beine, stiegen lautlos vor ihm
empor und bildeten einen dichten Schleier, durch den er jetzt
lief.
Er hatte das Gefühl, in das Zentrum der rotglühenden
Düsternis zu geraten, die ihn seit einer Ewigkeit zu umgeben
schien.
Noch zwei Schritte – und er sah überhaupt keine
Säule mehr!
Die Welt um ihn herum war plötzlich verändert, als
hätte er die Tür zu einem anderen Dasein geöffnet.
Er stand mitten in einer bewaldeten Ebene, um die ringsum sanfte
Anhöhen sich erhoben.
Der Himmel in der Ferne war blaßblau, und Hellmark blieb im
ersten Moment überrascht und atemlos stehen, um die neue
Situation zu begreifen.
Hatte er erneut ein anderes Dimensionstor ohne seinen Willen
aufgestoßen? Oder wurde er von Anfang an von den bisher
für ihn unsichtbaren drei Schwarzen Magiern beobachtet, die
über seine Schritte genau informiert waren und ihn nur im
Glauben einer relativen Freiheit ließen?
Schmale Trampelpfade führten gewunden auf die einzelnen
Anhöhen. Hellmark lief drei weitere Schritte nach vorn und blieb
erneut stehen.
In der dunstigen Ferne sah er die Umrisse einer trutzigen Burg mit
starken Mauern und vielen Türmen, von der aus man einen Blick
über das ganze Land hatte.
Die Luft war seltsam still.
Man erwartete hier unwillkürlich das Summen von Bienen und
anderen Insekten, das Zwitschern von Vögeln, das leise Rauschen
des Windes.
Doch alles war erstarrt. Wie in einem Bild.
Björn Hellmark warf einen Blick zurück und näherte
sich der Stelle, die fünf Schritte hinter ihm lag. Dies war der
Punkt, an dem er die Wand aus rotem Nebel durchquert hatte.
Aber er konnte plötzlich nicht mehr nur fünf Schritte
gehen, er konnte zehn machen, zwanzig, dreißig – und die
Wand war nicht mehr da! Mit jedem Schritt, den er voranging, schien
die Landschaft vor ihm zu wachsen und dehnte sich ebenfalls bis zum
Horizont aus, wo ein sanfter Hügel das Tal, in dem er angekommen
war, begrenzte.
Er nahm diese Erkenntnis bewußt in sich auf, im Gegensatz zu
der tranceähnlichen Wanderung, die er durch jene triste
Landschaft mit den einzelstehenden Felsen machte.
Welches Geheimnis barg die riesige Zitadelle?
Auf der einen Seite lebten angeblich drei Magier in ihr.
Experimente mit Menschen wurden gemacht, und Raum und Zeit schienen
in ihr nicht zu existieren, wie im Traum, wo die Gesetze ebenfalls
aufgehoben waren.
Darüber hinaus bewohnten Affen- und Fischmenschen die
unüberschaubaren Hallen und Labyrinthe dieses riesenhaften
Bauwerks.
Wo waren seine Verfolger jetzt? Warum blieben sie ihm nicht auf
den Fersen?
Er war allein in dieser fremdartigen, an das Mittelalter der Erde
erinnernden Landschaft.
Und plötzlich kam ihm wieder ein Verdacht.
Er befand sich nicht mehr in der Gegenwart, nicht mehr in der
Zeit, in der seine Feinde aus den finsteren Reichen des Wahnsinns und
Grauens sich neu formierten, um den Sturmangriff auf die Menschheit
der Erde zu führen. In dem Augenblick, als er die Eiszitadelle
betrat, wurde ein magischer Mechanismus ausgelöst, den er bis
zur Stunde nicht voll begriff.
Allein?
Im gleichen Augenblick, als er diesen Gedanken faßte,
verwarf er ihn wieder.
Er hörte die Geräusche: Hufschläge von Pferden!
Hellmark riß den Kopf herum.
In der Ferne vor sich nahm er eine Staubwolke wahr. Auf dem
schmalen, harten Weg, der sich kurvenreich zu der fernen Burg
emporschlängelte, näherten sich ihm mehrere Berittene.
Ihre Rüstungen blinkten in der Ferne.
Hellmark lief geduckt an der Buschreihe entlang, um nicht direkt
im Blickfeld jener zu liegen, die vom Hügel herabkamen.
Drei Schritte hinter ihm wuchs die Gestalt empor. Er nahm sie
nicht wahr.
Es war ein Mann. Er trug ein Kettenhemd über einem blauen,
grob gewebten Kittel.
Seine Oberschenkel waren nackt. Die spitz zulaufenden
Stulpenstiefel reichten ihm bis zu den Knien und bestanden aus
braunem, brüchigem Leder.
Das Haar des Mannes war stumpf, schwarz und strähnig. Es war
in Pagenform geschnitten.
Auf dem Hinterhaupt hatte er eine helmartige Lederkappe sitzen,
die mit verschiedenfarbigen Federn geschmückt war.
Der Mann hatte die
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