Macabros 078: Apokalyptas Sinfluthölle
Apokalypta ohne weitere
Erklärung. »Vielleicht bringt mich das weiter. Worte
vermögen nichts… er hat offensichtlich mehr bewirkt, als
uns allen lieb sein kann.«
Wolfe hörte die Worte, aber ihr Sinn blieb ihm dunkel.
Apokalypta, die Geheimnisvolle, schien mehr zu wissen, als sie
sagte.
»Warum erzählst du mir nicht alles, was du über
mich und mein Leben weißt?« stieß Stephen Wolfe
plötzlich hervor. Wut stieg in ihm auf.
»Weil es zu deinem Nachteil wäre. Dann wäre alles
zu Ende. Aber diesmal – für immer…«
Was sollte das nun wieder bedeuten?
Der Engländer kam aus dem Rätseln nicht heraus. Mit
schlangengleicher Bewegung rollte Apokalypta über das Bett,
griff nach einem Gewand, das an einem hornartigen Mauervorsprung
hing, und warf es sich über.
Es war ein samtweicher Mantel, der sich wie eine zweite Haut an
ihren Körper schmiegte.
»Komm… komm mit!« forderte die schwarzhaarige
Dämonin.
Sie wartete, bis er um das Bett gegangen war. Dann schritten sie
wie ein Paar, das zusammen gehört, durch den folgenden
Korridor.
Stephen Wolfe ertappte sich dabei, daß er mit dem Gedanken
spielte, nun doch einen Blick zurückzuwerfen in den großen
Saal mit dem Säulengang, hinter dem Unbekannte sich bewegten,
Unbekannte warteten… Worauf eigentlich?
Er vergaß den Gedanken ebenso schnell wieder, wie er
gekommen war. Mit einem Mal interessierte es ihn überhaupt nicht
mehr…
Apokalyptas Einfluß… war er für das eigenartige
Verhalten des jungen Mannes aus London verantwortlich zu machen?
»Du mußt etwas unternehmen«, wisperte sie.
»Du bist anders als sie…«
»Als wer?«
»Als deine Freundin Gwen und die beiden anderen, die wir aus
der See fischten. Sie gehören alle zu uns. Nur du stehst
über ihnen. Kannst ihnen befehlen…«
Wieder diese geheimnisvollen Andeutungen. Er spürte ihren
Blick auf sich gerichtet, wandte jedoch nicht den Kopf, um nicht in
ihre Augen sehen zu müssen.
Er fühlte sich abgestoßen und angezogen zur gleichen
Zeit. Dieser Widerstreit in ihm! Wie war er nur zu verstehen? Einen
solch verrückten Traum hatte er noch nie gehabt. Wenn er nur
endlich zu Ende wäre… Er sehnte sich danach.
Der Korridor führte in einen anderen Saal, der groß und
rund und ebenfalls in Dämmerlicht getaucht war.
Stephen Wolfe hatte das Gefühl, sich nicht im Innern eines
Gebäudes zu befinden, sondern auf einem riesigen, runden Platz.
Die gewölbeähnliche Decke über ihm versank in der
Dunkelheit, so daß er sie nicht mehr registrierte.
Ganz vorn, meinte er, die Umrisse eines tiefen Kraters zu
erkennen.
»Was ist das für ein Loch?«
»Ein Tor in die Tiefe zu den Schwarzen Reitern, die es nicht
mehr gibt. Es ist viel geschehen, seit damals…«
Man merkte ihr an, daß sie ihre Worte sehr genau
wählte.
Wolfe erwiderte nichts darauf.
»In ihnen sind die, die ich brauche – die wir
brauchen«, verbesserte sie sich.
Sie wollte dem noch etwas hinzufügen, hielt aber im Ansatz
des Sprechens inne, als sie plötzlich die ruckartige Bewegung
neben sich spürte.
»Da ist doch etwas? Wer ist da?« stieß Wolfe
hervor.
Er starrte in die Düsternis rechts neben dem Krater, der wie
ein ausgetrockneter Teich vor ihnen lag.
Daneben und dahinter zeigten sich dunkle Säulen, hinter denen
man nur neue Gänge, Verbindungskorridore und Räumlichkeiten
vermuten konnte.
»Wir sind die ganze Zeit schon nicht allein. Du hättest
es längst merken müssen…«
»Ich habe es gemerkt. Und doch wollte ich es nicht wahr
haben…«
Welch eine merkwürdige Situation! Der Moment, als er in den
Thronsaal zu Apokalypta gekommen war, stieg wieder vor seinem
geistigen Auge auf. Da hatte sie ihn behandelt wie einen einfachen
Sklaven, der sich ihr sogar zu Füßen werfen mußte.
Und nun behandelte sie ihn als Gleichartigen und machte ihn sogar zu
ihrem Liebhaber.
Er, der die ganze Zeit spürte, daß da etwas in der
Nähe war – wollte es nicht wahrhaben. Nun richtete er seine
ganze Aufmerksamkeit auf die Dämmerung zwischen den Säulen
und sah, wie sich von dort eine plumpe Gestalt näherte und
direkt auf sie zukam.
Mit jedem Schritt des Geschöpfes wurden seine Konturen
deutlicher.
Es war plump, schuppig und von grau-grüner Farbe. Wie
Spinngewebe wuchs dünnes Haar aus dem fast kahlen Schädel,
fiel zu beiden Seiten hin über die Ohren und verdeckte einen
Teil der Stirn. In dem maskenstarren Gesicht lagen die Augen tief
zurück, die Nase war flach und hob sich kaum aus dem verzerrten
Antlitz
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