Macabros 078: Apokalyptas Sinfluthölle
die er
vorhin in den Bildernischen sah.
Apokalypta… wie ein Echo hallte der genannte Name in seinem
Bewußtsein nach.
»Und du bist hierher gebracht worden, weil ich dich
brauche…«
Die Dämonin richtete sich auf. Stephen Wolfe hatte das
Gefühl, als würde im gleichen Augenblick die Dunkelheit
ringsum hinter den goldschimmernden Säulen dichter, so daß
er meinte, von Mauern umschlossen zu sein.
Seine ganze Aufmerksamkeit galt noch immer dieser schönen
Frau mit den kalten Augen und dem grausamen Zug um die Lippen, der
nichts Gutes verhieß.
»Und wo befinde ich mich? Was ist das für ein
Haus?« Stephen Wolfe redete ganz mechanisch und tonlos wie ein
Roboter.
»Dies ist kein Haus. Dies ist einer meiner Turmpaläste.
Mitten in Gigantopolis, der Stadt, die Räume und Zeiten
durcheilt, in der es keine Menschen gibt…«
»Keine Menschen?« echote der Engländer. »Aber
irgendjemand…«
Er zuckte die Achseln. Er merkte selbst, wie fremd und
hölzern seine Worte klangen, wie wenig er mit dieser Situation
anfangen konnte.
Wenn er nur endlich vollkommene Aufklärung erhalten
könne!
»Wo sind meine Freunde?« preßte er hervor. Er
richtete sich wieder auf und sah Apokalypta fest in die Augen.
»Und wo ist – Gwen?«
Apokalypta, die kriegerische Dämonin aus den Urzeiten der
Erde, lächelte ihn mit einem vielsagenden Blick an. »Gwen?
Wer ist das?«
»Meine Freundin…«
»Ja, ich erinnere mich. Zwei Mädchen waren auch dabei.
Vielleicht war Gwen eine von ihnen… wie sah sie denn
aus?«
Stephen Wolfe gab eine Beschreibung seine Begleiterin.
»Ja. Sie ist bei den anderen«, nickte Apokalypta.
Sie sprach leise und das, was sie redete, schien nur ganz
beiläufig von ihr erwähnt zu werden. Sie räkelte sich
in verführerischer Pose auf dem Bett, reckte die Arme in die
Höhe und richtete sich dann auf.
»Aber warum fragst du nach ihr – wo ich da bin? Bin ich
dir nicht genug?« Sie blickte ihn von unten herauf an.
Ob Stephen Wolfe wollte oder nicht – wie von unsichtbarer
Hand nach vorn gedrückt ging er die letzten Schritte bis zu dem
ausladenden Thronbett und stand Apokalypta auf Tuchfühlung
gegenüber.
Ihr zarter, weiblicher Duft betäubte seine Sinne.
»Gwen… und die anderen… was ist mit ihnen?«
hörte er sich wie aus weiter Ferne selbst sagen.
»Sie müssen mir dankbar sein. Sie wurden durch mein Volk
gerettet. Es hat sie vor dem Tod des Ertrinkens bewahrt.«
»Sie lebt also«, entfuhr es Wolfe erleichtert.
»Und doch hat es keinen Sinn mehr, daß du dir um sie
Gedanken machst«, bekam er zu hören.
Apokalypta streckte ihre Rechte nach ihm aus, fuhr mit gespreizten
Fingern durch sein dichtes Haar und streichelte dann seine Wange.
»Erinnerst du dich denn wirklich nicht? Ist dir so wenig
vertraut?«
Ihre Worte waren für ihn ein Buch mit sieben Siegeln.
Gespannt blickte sie ihn an.
Stephen Wolfe schüttelte nur den Kopf und zuckte die
Achseln.
Er war innerlich hin und her gerissen. Einerseits interessierte
ihn das Schicksal seiner Freunde und vor allem Gwens, andererseits
zog ihn diese Frau mit einer Kraft an, der er sich kaum widersetzen
konnte.
Alles war so fremd und doch gleichzeitig vertraut. Ein
merkwürdiger, unheimlicher Widerspruch!
Irgend etwas fehlte. Wie in einem Puzzlespiel, wo die Teile nicht
richtig zusammenpaßten.
Stephen Wolfe spürte es instinktiv, aber er hätte nicht
zu sagen vermocht, was es war.
Es ging alles ganz mechanisch.
Seine Hände schienen sich selbständig zu machen.
Plötzlich berührte er sie – Apokalypta. Seine
Finger glitten über ihre Schulter und streiften das Gewand
zurück. Er fühlte ihre samtene, warme Haut. Ihr Atem
streifte sein Gesicht, als sie mit ihren roten Lippen sanft
darüber hinwegfuhr. Dann fanden sich ihre Lippen zu einem langen
Kuß. Stephen Wolfe schlang seine Arme um die Frau, die sich
langsam auf das breite, weiche Bett zurücksinken ließ.
Während er Zärtlichkeiten gab und empfing, während
ein Sturm der Gefühle ihn übermannte, vernahm er in der
Tiefe seines Unterbewußtseins eine leise Stimme, die ihm sagte,
daß es diese Stunde schon mal gegeben hatte. Aber das war
absurd. Er begegnete dieser Frau zum ersten Mal.
Wirklich?
Es kam ihm vor, als hätte er Stunden in ihren Armen gelegen,
als er sich wieder langsam erhob und erneut nach den Freunden fragte,
über deren Schicksal sie ihm bisher keine erschöpfende
Auskunft gab.
»Nun – vielleicht ist es wirklich notwendig, daß
du sie alle siehst«, sagte
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