Macabros 078: Apokalyptas Sinfluthölle
verfolgt zu werden. Sie
mußten Vertrauen schaffen, um mit jenen zusammenzuarbeiten, die
guten Willens waren und nichts von Marlos, der unsichtbaren Insel,
und den Hintergründen von Hellmarks Stellung in der Welt
wußten.
»Du zischst ab nach Marlos«, nickte Björn
ernst.
»Aber warum. Ich…«
»Keine Widerrede«, unterbrach Hellmark den Protest
seines Adoptivsohnes im Keim. »Du hast ’ne ganze Menge dort
zu tun. Setz’ dich an den Strand und übe! Die Gitarre dazu
hast du. Und alles andere, was nachkommt – eventuell auch mit
Missis Green – das überläßt du schön
mir…«
»Aber – vielleicht brauchst du noch jemand, der dir die
Tür öffnet«, beeilte Pepe sich zu sagen. »Im
Moment kannst du ja mit Macabros…«
»Genug!« Mit sanfter Gewalt legte Hellmark seine rechte
Hand auf Pepes Mund und unterbrach dessen Redestrom. »Wenn du
unbedingt einen Protestsong anstimmen willst – auf Marlos hast
du Gelegenheit dazu. Kein Mensch hindert dich daran. Und nun ab! Wie
abgemacht.«
Pepe öffnete noch mal den Mund, schnappte wie ein Fisch nach
Luft, gab dann einen unwilligen Laut von sich und verschwand im
nächsten Moment von der Bildfläche.
Rani Mahay grinste. »Schwer hat man’s, wenn der
Nachwuchs nicht so will, wie man selbst gern möchte«,
nickte der Inder. »Ich bin nur gespannt, ob er wirklich all das
befolgt, was du ihm an guten Ratschlägen mit auf den Weg gegeben
hast. Jungens in diesem Alter haben eine blühende Phantasie, und
ihnen fallen stets ’ne Menge Ausreden ein.«
»Wahrscheinlich steckst auch du noch mitten in der
Pubertät! Ich habe eigentlich gehofft, daß du in dieser
Minute schon näher an Dover denn bei London bist…«
»Ay, Ay, Sir.« Rani Mahay salutierte, knallte die Hacken
zusammen und war ebenfalls im nächsten Moment verschwunden, ohne
auch nur einen Schritt zu tun. Der Inder mußte zuerst
zurück nach Marlos, um sich dann von dort aus neu in die Welt
des Sichtbaren zu versetzen.
Bevor er das tat, warf er einen Blick auf den Strand, wo Pepe
– die Gitarre über die Schulter gelegt – durch den
hellen Sand stapfte, sich brummend unter einer schattenspendenden
Palme niederließ und das Instrument dann auf die Knie nahm.
Aber er spielte nicht. Er blickte unentwegt über die Weite
des blauen, unbewegten Meeres, das vor ihm lag wie ein glatter
Spiegel.
Dann verschwand Rani Mahay wieder von der Insel.
Sein Ziel war das Gebiet der Kreidefelsen in der Umgebung von
Dover.
Auch Björn Hellmark hielt sich nicht mehr länger in der
Seitenstraße auf, wo er sich mit dem Freund getroffen hatte. Er
machte auf dem Absatz kehrt und lief in die Marshall Street
zurück.
Er war nichts weiter als ein Passant unter Passanten, ein Mensch,
der im allgemeinen Getriebe nicht auffiel.
Björn Hellmark unterschied sich in diesen Minuten nicht mal
in seinen Fähigkeiten von den Menschen, die ihn umgaben. Er war
außerstande, sich zu verdoppeln, und konnte deshalb nicht mal
– wenn er den Wunsch hatte – nach Marlos zurückkehren.
Da war er auf die Hilfe eines seiner Freunde angewiesen.
Er war auch nicht bewaffnet mit dem Schwert des Toten
Gottes’. So, wie die Dinge im Moment lagen, konnte er es im
Notfall nicht von Marlos holen.
Aber etwas anderes trug er bei sich. Die Dämonenmaske. Wenn
sein Gegner aus dem Reich der Finsternis war, wenn die geistige
Kraft, der Macabros begegnete, durch ein solches Geschöpf
ausgelöst worden war, dann mußte es möglich sein, ihn
mit der Dämonenmaske in die Enge zu treiben.
Hellmark ging durch den Torbogen in den Hinterhof und blickte an
der blatternarbigen Hauswand empor.
In den schattigen, feuchten Höfen wurde es nicht richtig Tag.
Dämmerlicht umgab ihn.
Mit einem Rundblick vergewisserte sich Hellmark, daß niemand
in dieser Minute irgendwo am Fenster stand, auf den Hof blickte und
ihn eventuell sah.
Dann erst wagte er es, jene Feuerleiter zu erklimmen, die zu dem
Fenster führte, durch das er in der letzten Nacht Macabros
schickte, ohne in der Zwischenzeit herausgefunden zu haben, welche
Ursachen dafür verantwortlich waren, daß sein
Zweitkörper sich auflöste.
Björn lief geduckt die schmalen Metallstufen empor, hielt
sich immer dicht an der Hauswand und war einzige, gespannte
Aufmerksamkeit.
Er erreichte den Balkon. Es war der gleiche, auf dem in der
letzten Nacht Macabros stand.
Die Vorhänge waren nicht ganz zugezogen.
Vorsichtig beugte Hellmark sich nach vorn, um einen Blick durch
die Ritzen in das abgedunkelte Zimmer zu
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