Macabros 078: Apokalyptas Sinfluthölle
Bericht geschrieben hatte. Im Traum schrie Pilgram mehrere
Male auf, schlug dann unruhig um sich, und die Schwester kam, um ihm
ein weiteres Beruhigungsmittel zu geben.
Doch die Wirkung war nur minimal. Bei Pilgram schlug nichts mehr
an. Sein Körper war von dem Rauschgift völlig
zerstört.
Das neuerbaute Krankenhaus war eines von vielen Hochhäusern
am Westrand der Stadt, von denen die meisten noch nicht zum Bezug
freigegeben waren. Vom Krankenzimmer aus konnte Mahay bis zum Meer
sehen, wo sich die Luft verdichtete und es so aussah, als ob der
graue Himmel die Oberfläche der See berühre.
Die Schwester ging auf ihn zu. »Ich glaube, es ist besser,
wenn Sie jetzt wieder gehen. Vielleicht spürt er Ihre
Anwesenheit.«
Rani Mahay nickte abwesend. Sein Blick war weit in die Ferne
gerichtet.
Was war das?
Der Wind war nicht stärker geworden, aber dem Inder kam es so
vor, als würden die Wellen intensiver und höher gegen die
Küste peitschen.
Unwillkürlich mußte er daran denken, was inzwischen
allgemein bekannt war. Ohne ersichtlichen und erklärbaren Grund
war die See vor einigen Stunden schon mal außer Kontrolle
geraten, hatte mehreren Menschen den Tod gebracht und bis jetzt einen
noch nicht überschaubaren Sachschaden angerichtet.
Mahays Augen wurden schmal.
Vor ihm am grauen, regnerischen Himmel zeichneten sich
plötzlich die Umrisse einer Stadt ab, die er nur zu gut
kannte.
Gigantopolis – die Alptraumstadt’ Apokalyptas! Dann sah
er die unheimliche Herrscherin über die Stadt der Türme,
Minarette, düsteren Gassen und Krater, in denen Tote wie Lebende
zu monsterhaften Geschöpfen umgewandelt wurden, selbst.
Die Dämonin, die man die »Ewige Unheilbringerin«
nannte, die in der Vergangenheit der Erde schon von sich reden machte
– tauchte wie ein Geist über den schummrigen Konturen der
Stadt aus Raum und Zeit auf, zog ihre Kreise, hatte die Arme
beschwörend ausgestreckt und führte ein Krummschwert mit
heftigen Bewegungen durch die Luft.
Apokalypta befahl den Elementen, die ihr gehorchten.
Das Wasser schwoll an.
Blitzschnell. Schwarze Magie, böse Zauberei war im Spiel.
Die Schwester neben Rani Mahay schrie auf, und unwillkürlich
krallte sie ihre linke Hand in den Oberarm des kräftigen Inders.
Obwohl sich ihre Fingernägel tief in das Fleisch des
muskulösen Mannes bohrten, spürte Rani den Schmerz
nicht.
»Das gibt es doch nicht… o mein Gott… was geschieht
denn da bloß?« entrann es gurgelnd der Frau an seiner
Seite.
Auch Mahay war schockiert.
Er wurde wie tausend andere mit dem Grauen, dem Ungeheuerlichen
direkt konfrontiert.
Apokalypta startete einen neuen Angriff, und sie ging dabei nach
Dämonenart rücksichtslos und unbarmherzig vor.
Was in den Vormittagsstunden in Dover direkt nur teilweise
registriert worden war – jetzt wurde es zum Alptraum der Stadt
an der Küste der Kreidefelsen.
Apokalypta schien über die Anwesenheit Rani Mahays in Dover
unterrichtet zu sein! Sie hatte ihn gesehen.
Die Konturen der Alptraumstadt verschwanden, die Gestalt der
Dämonin auf dem bizarren Reittier löste sich auf wie Nebel
unter der Morgensonne.
Aber die Wasserwand blieb. Sie stieg kerzengerade empor,
näherte sich dann mit einer solchen Geschwindigkeit, daß
es den wenigen Beobachtern gelang, der Gefahr auszuweichen.
Wie eine Windhose jagte die sich drehende Wasserwand auf das
Neubaugebiet zu.
»Raus hier!« brüllte Rani Mahay.
Ehe die Schwester an seiner Seite sich versah, wurde sie von
harter Hand gepackt und mitgerissen.
Mit zwei schnellen Schritten war der Inder am Bett des halb
betäubten Joe Pilgram und berührte auch ihn. Mahay
versetzte sich nach Marlos.
Dann ein Krachen und Bersten.
Wie von einer Riesenfaust wurden die breiten Fenster
eingeschlagen. Die Rahmen zersplitterten, Hunderte von Scherben
flogen wie Hornissen durch die Luft, und eine Flutwelle ergoß
sich in das Krankenzimmer, das in der fünften Etage des
Hochhauses lag!
*
Apokalyptas Sintflutwelle!
Die Dämonin, für die es in Raum und Zeit keine Grenzen
gab, die zu den sieben Auserwählten um Rha-Ta-N’my
gehörte, schlug blindlings und unbarmherzig zu. Sie war
gekommen, um ihre Macht zu zeigen.
Diese Machtdemonstration galt Rani Mahay und Björn Hellmark,
dem Mann, dem sie tödliche Rache geschworen hatte.
Aber die Rache traf Tausende von Unschuldigen, die auf dieses
grausame Ereignis nicht vorbereitet waren.
In Minutenschnelle stieg in den Straßen der Stadt das
Wasser. Eine Flutwelle
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