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Macabros 087: Myriadus, der Tausendfaltige

Macabros 087: Myriadus, der Tausendfaltige

Titel: Macabros 087: Myriadus, der Tausendfaltige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Rani Mahay näher. »Suchen Sie nach einem
verborgenen Schatz?« fragte er scherzhaft.
    Die junge Frau lachte. Sie hatte schöne,
gleichmäßige Zähne, einen samtenen, gebräunten
Teint und große, mandelförmige Augen, wie man sie am
ehesten bei einer Exotin, aber nicht bei einer Französin
erwartete. »Möglich, daß die Wellen Goldkörner
aus dem Felsen spülen. Aber da so ein Vorgang einige tausend
oder gar hunderttausend Jahre dauern kann, werden wir wohl kaum in
den Genuß eines solchen Fundes kommen.«
    »Oh, sagen Sie das nicht! Vielleicht sind die hunderttausend
Jahre gerade um, wer weiß, man sollte nie zu pessimistisch
sein.«
    Das Eis war nach diesen ersten Worten schon gebrochen.
    Rani erfuhr, daß das junge Paar aus Lyon stammte, Urlaub in
Spanien’ machte und zufällig ebenfalls im
›Alhambra‹ untergebracht war, in dem auch Alain Moreau und
Bertrand Dupont ihr Domizil aufgeschlagen hatten.
    »Wir kannten sie flüchtig«, sagte die junge Frau.
»Sie saßen im Frühstückszimmer am Tisch neben
uns. Da sind wir einige Male ins Gespräch gekommen. Heute mittag
haben wir von dem vermutlichen Unfall gehört. Wir können es
noch gar nicht so recht glauben.«
    Rani nickte. »Ich habe davon in der Zeitung gelesen. Deshalb
bin ich hier.«
    »Ah – Sie schreiben?«
    »Nein«, er winkte ab, »zum Glück nicht. Da
gibt’s genügend andere, die das besser können als ich.
Ich bin Tourist wie Sie, ich bin in den letzten Tagen oft hier am
Strand gegangen oder bin durchs Hafenviertel gewandert. Daß ein
Boot von den Wellen an diesem Teil der Küste zerschmettert
wurde, widerspricht aller Vernunft. Ich habe mir gedacht, daß
wohl ein besonderer Umstand mitgewirkt haben muß, um einen
solchen Unfall zu inszenieren. Falls es ein Unfall war«,
fügte er hinzu.
    »Ah, Sie haben also auch schon von dem Gerücht
vernommen?«
    »Nein. Was für ein Gerücht?«
    »Die Leute im Hotel und in der Stadt – zumindest jene,
die wir getroffen haben, die hier leben und die wir von unseren
früheren Aufenthalten her persönlich kennen –
erzählen sich einige erstaunliche Dinge.« Die junge Frau
deutete nur an und wollte offensichtlich nicht so recht mit der
Sprache heraus.
    »So, welche denn?«
    Da schaltete sich ihr Begleiter ein, der die ganze Zeit über
schweigend an ihrer Seite gestanden hatte. »Es ist die Rede von
einem Ungeheuer. Tja, Monsieur, Sie werden es nicht fassen –
aber sobald etwas geschieht, wofür nicht sofort eine
vernünftige Erklärung vorhanden ist, beginnt es in der
Gerüchteküche zu kochen. Niemand hat etwas gesehen, das
scheint schon jetzt fest zu stehen und doch kommen unhaltbare
Behauptungen auf. Sie werden durch skrupellose Reporter und
Journalisten noch genährt. In einem Boulevardblatt konnte ich
heute lesen, daß sich in der Redaktion dieser Zeitung schon
eine Menge Leute gemeldet hätten, die angaben, vor Tagen an
diesem Strandabschnitt schon seltsame, unerklärliche
Geräusche gehört zu haben.«
    »Welche Geräusche denn?«
    »Die einen sagen, es hätte sich angehört wie ein
Gluckern, das aus der Tiefe emporsteigt, als ob sich etwas nach oben
Bahn bräche… andere wiederum behaupteten, es wäre ein
wildes, gedämpftes Schreien gewesen, Dritte sprechen von einer
rufenden, betörenden Stimme… alle aber sind sich in einem
einig: es hat sich unheimlich angehört, keiner allerdings ist
auf die Idee gekommen, der Polizei einen entsprechenden Hinweis zu
geben, bevor der Unfall geschah. Jetzt plötzlich wollen die
Leute… einiges wissen und jene ›Auch-Journalisten‹
reiten darauf herum. Wo keine Sensationen sind, werden einfach welche
fabriziert. So einfach ist das. Hauptsache, die Leute werden
erschreckt, schockiert. Dabei gibt’s wahrhaftig genug schlimme
und unheimliche Dinge auf der Welt, die man nicht erst erfinden
muß.«
    »Sie haben recht«, stimmte Rani Mahay zu. Sie meinten
sicher verschiedene Dinge, aber das kam nicht mehr zur Sprache, weil
die junge Französin das Thema plötzlich durch einen Einwand
in eine ganz andere Richtung steuerte.
    »Jedenfalls sind wir hierher gekommen, um uns das
Geräusch mal anzuhören. Ich bin verwundert, daß so
wenige Leute aus Algeciras und Umgebung Interesse zeigen. Entweder
haben sie Angst, oder den Zeitungsschwindel gleich
durchschaut.«
    »Wir werden weder Stimme noch sonst etwas
Außergewöhnliches hören, Cherie«, machte der
schwarzhaarige junge Mann sich wieder bemerkbar. »Wenn irgend
etwas Besonderes vorläge, würde es hier wimmeln

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