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Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden

Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden

Titel: Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Er
bewegte beim Sprechen kaum die Lippen.
    »Du kannst das Böse tun, weil du selbst das Böse
willst. Menschen, die dir nicht genehm sind, kannst du quälen.
Du kannst dir Wünsche erfüllen, ohne dafür etwas zu
tun. Du brauchst kein Geld dafür, wenn du gewisse Dinge besitzen
möchtest. Die Kräfte, die dich wie die Luft zum Atmen
ständig umgeben, lassen sich lenken und leiten, wohin immer du
sie haben möchtest…«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Probier’s aus…«
    Der alte Mann dort drüben auf der anderen Straßenseite,
dachte Philip Millan. Er geht am Stock, hat Schwierigkeiten beim
Gehen. Was würde passieren, wenn er plötzlich fiele
und…
    Er wünschte es mit solcher Stärke, daß er nicht
mal erstaunt und erschrocken war, als es wirklich geschah.
    Der Unglückliche riß plötzlich die Arme hoch, fiel
nach vorn und schlug der Länge nach hin.
    Sein Schrei hallte über die Straße.
    Sofort rannten einige Leute auf den Gestürzten zu und
kümmerten sich um ihn.
    Um Philip Millans Lippen dagegen spielte ein grausames,
überhebliches Lächeln.
    Es stimmte, was die Stimmen in ihm vorhin gesagt hatten. Er begann
seine neue Macht zu spüren, sobald er Gefühle über
Bord warf. Mitleid, Liebe… Freundlichkeit… das alles stand
im Widerspruch zum Bösen. Man mußte das Böse wirklich
wollen, mit jeder Faser seines Herzens, um die Barrieren
niederzureißen, die das Menschliche vom Dämonischen
trennten.
    In jedem Menschen steckte Gutes und Böses, und es lag an ihm
selbst, welche Anlage er entwickelte. Bei geringsten Schwankungen,
bei Ungewißheiten und Zweifel – waren sie gleich zur
Stelle, die Bösen aus der Tiefe, dem Nichts, um durch
Verlockungen ihr Opfer in die von ihnen gewählte Bahn zu
lenken.
    »Du hast dir seit jeher Macht über die Lebenden und
Toten gewünscht«, bekam er zu hören. »Nun bist du
am Ziel. Tu’, was du tun willst, und nichts und niemand wird
dich aufhalten! Du kannst einkehren in das Reich der Toten und kannst
von dort wieder zurückkommen mit neuem Wissen, mit Botschaften
an andere, Lebende… versuch’s… so versuch’s
doch…«, drängten ihn die Stimmen.
    Seine Erregung wuchs. Alle Wünsche, die er seit Jahren in
seinem Herzen trug, sollten nun mit einem Schlag in Erfüllung
gehen?
    Er konnte es selbst kaum fassen.
    Er war mit einem Mal so voller Zufriedenheit und Ausgelassenheit,
daß er einen Jubelschrei ausstieß.
    Mit fahrigen Fingern nahm er das zusammengefaltete Pergament aus
der Tasche und begann es zu zerreißen. Er schichtete die
Schnipsel vor seinen Füßen auf und hielt dann das
Feuerzeug dran. Das alte, vergilbte Material ging sofort in Flammen
auf.
    Die Passanten waren noch mit dem »Unfall« auf der
anderen Straßenseite beschäftigt, daß sie Philip
Millans komisches Verhalten gar nicht bemerkten.
    »Ja, so ist’s gut… Es ist völlig richtig, was
du da machst«, freuten sich die Stimmen in ihm. »Nun bist
du völlig frei, gehörst ganz zu mir…«
    Einmal sprachen die Stimmen in der Mehrzahl, dann wieder in der
Einzahl. Millan nahm dieses widersprüchliche Erscheinungsbild
hin.
    »Was muß ich tun, um mit den Toten sprechen zu
können, um sie zu sehen, sie zu besuchen?« fragte er
halblaut, während er mit den Füßen das
Aschehäuflein verteilte. Der geringste Luftzug blies die
schwarzverbrannten Überreste lautlos und federleicht davon.
    Millan erhob sich.
    Er haßte die Menschen. Nie zuvor war ihm dieser Haß
bewußter geworden als in diesen Sekunden als er den Park
verließ…
     
    *
     
    Es hielt ihn nichts mehr in der Stadt.
    So schnell wie möglich wollte er nach Hause zurück. Er
hatte vor, einen Versuch zu unternehmen. Kontakt mit den
Jenseitigen… was für ein Erlebnis erwartete ihn da!
    Wie in Trance eilte er durch die Straßen, setzte sich in
seinen Wagen und fuhr los.
    Es wunderte ihn, daß die Stimmen in ihm sich nicht mehr
meldeten, obwohl er mehrmals nach ihnen rief.
    Der Weg nach Hause kam ihm länger vor als sonst.
    Auf der Fahrt begegneten ihm zwei Radfahrer, die
vorschriftsmäßig am äußersten Rand der
Straße und hintereinander fuhren.
    Philip Millan konnte es sich nicht verkneifen, an ihnen noch mal
seine neue Macht zu demonstrieren.
    Er wollte, daß sie in den Straßengraben fuhren.
    So kam es, daß der Hintermann mit seinem Vorderrad dem
Voranfahrenden plötzlich zu nahe kam.
    Der Attackierte verlor den Halt, der andere konnte nicht mehr
rechtzeitig bremsen, und beide stürzten Millans willen
gemäß in den Graben.
    Der

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