Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden
die ich versucht
habe, dir aufzuzeigen…«
»Dreizehn – Wege?«
»Ich werde dir alles weitere erklären, Björn…
Die Reiche der Finsternis sind mächtig, das Heer der Gegner
schier unüberschaubar. Die Feinde sind wie eine Hydra. Du
schlägst ihr einen Kopf ab – doch an seiner Stelle wachsen
zwei neue nach. So bleibt der Kampf stets ein Dauerzustand, wenn
nicht ein Wunder geschieht. Unsere Welt ist arm an Wundern, also
muß man schon etwas tun, um nach Möglichkeit aus eigener
Kraft Veränderungen herbeizuführen. Das Herz der Hydra
– ist Rha-Ta-N’my. Ihr Herz mußt du durchbohren, um
die Triebfeder alles Bösen zu vernichten. Solange
Rha-Ta-N’my existiert, wirst du immer nur Teilerfolge
erringen.
Das kostet Kraft, viel Zeit – und die in der Finsternis haben
stets erneut die Gelegenheit, geschlagene Wunden schnell abheilen zu
lassen und entstandene Lücken zu füllen. Es ist ein
circulus vitiosus.
Was Erfolg verspricht, ist der Weg zu
Rha-Ta-N’my…«
Björn nickte. »Ja, ich weiß. Du hast schon anfangs
darüber gesprochen.«
»Es gibt zwei Möglichkeiten, in ihr Reich
vorzustoßen. Der eine Weg führt direkt in den Tod. Damit
ist niemand gedient. Der andere Weg ist langwieriger,
umständlicher, aber keineswegs sicherer, das muß ich
fairerweise auch erwähnen. Er gibt dir allerdings eine Chance
– eine verschwindend geringe – ans Ziel zu gelangen.
Tausendfache Gefahren lauern auf dem Weg nach dort. Es ist ein Pfad,
den Rha-Ta-N’my nicht selbst überwacht, den sie nicht
kontrolliert. Ich kann dir mit meinen Hinweisen nur die Richtung
zeigen – den Weg gehen, Björn, aber mußt du
selbst.
Wenn du es für richtig hältst, Rha-Ta-N’my, die
Dämonengöttin, zu suchen, dann unternimm die unheimliche
Reise! Sie ist und bleibt ein Wagnis, trotz meines Wissens, trotz der
geschicktesten Planung. Sie ist eine Expedition in die Dimension des
Grauens und des Wahnsinns. Überleg also gut, was du tun
willst.«
Nach diesen Worten herrschte einige Sekunden völlige Stille
in der kleinen Blockhütte.
Björn und Carminia warfen sich einen kurzen Blick zu.
Die schöne Frau atmete tief durch.
Sie wußte bereits, wie Hellmark entscheiden würde.
Schon vor langer Zeit war bestimmt worden, daß sein Leben
voller Abenteuer und Gefahren in einer fernen Zukunft sein
würde. Was ›damals‹ – vor rund zwanzigtausend
Jahren ›Zukunft‹ gewesen war – war heute die
Gegenwart, die Zeit, in der Björn Hellmark wiedergeboren worden
war.
Seit seinem schwerwiegenden Unfall, der Carminia vorkam, als
wäre er erst gestern gewesen, stand das Leben des Mannes, den
sie über alles liebte, unter einem besonderen Stern.
Die Frau wußte, daß er kaum eine andere Wahl hatte,
wenn Ak Nafuur in der Stunde seines Todes ihm diesen Vorschlag als
den einzig möglich wirksamen machte.
»Gefahren sind dazu da, um gemeistert zu werden«, sagte
Björn mit klarer Stimme. »Lieber ein Ende mit Schrecken als
ein Schrecken ohne Ende, um bei deinen Ausführungen zu bleiben.
Wie war das noch mit den dreizehn Wegen, die du angedeutet
hast?«
»Sie gehören eigentlich zusammen, müssen aber
einzeln gegangen werden, deshalb die dreizehn Umschläge.
Merk’ dir eines gut, Björn: halte dich streng an die
Reihenfolge der Numerierung.
Nur wenn es dir gelungen ist, eine Aufgabe zu lösen, wirst du
die zweite in Angriff nehmen können.
Dreizehn Wege bedeuten dreizehn Möglichkeiten, aber tausend
Gefahren zum Ziel. Nach Erfüllung einer Aufgabe kehre
zurück nach Marlos und nimm die nächste Aufgabe an. Ich
hoffe mit dir und wünsche dir, daß es dir gelingt, den Weg
zu Rha-Ta-N’my zu ebnen und daß am Ende dieses Weges ihre
Vernichtung durch dich steht…«
Dies wird schwieriger sein, als je zuvor, ging es Björn durch
den Kopf.
Bei seinem letzten Abenteuer war er einer seiner wirksamsten
Waffen verlustig gegangen. Er hatte das »Schwert des Toten
Gottes« eingebüßt. Apokalypta, die »Ewige
Unheilbringerin«, eine Dämonin von besonderen Gnaden in
Rha-Ta-N’mys Augen, wußte in dieser Stunde wohl als
einzige, wo das Schwert sich befand. Für Björn gab es bis
zu diesem Moment noch keinen Hinweis auf diesen Ort.
Hellmark vertrieb die düsteren Gedanken und lenkte seine
Aufmerksamkeit und den Blick auf den Umschlag, auf dem in
schwungvoller Schrift einige handschriftliche Vermerke Ak Nafuurs
angebracht waren.
›Der 1. Weg‹, stand da zu lesen.
Und darunter: Flüsternde Pyramiden…
*
Im Haus Millan ging alles
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