Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden
Anzeichen von Furcht oder Skrupel, von Schuld oder Mitleid
schleppte Brenda Millan den Ermordeten zu der ausgehobenen Grube,
warf ihn hinein und schippte dann das Erdloch wieder zu.
Um die verräterische Stelle zu tarnen, begann sie Kaminholz
unter dem vorspringenden Dach des Schuppens zu holen und auf dem Grab
aufzuschichten.
Auf diese Weise verwischte sie sämtliche Spuren.
Zufriedener Dinge kehrte sie schließlich in das Haus
zurück und rief ihre Schwägerin Dorothy an.
»Hättest du keine Lust, heute oder morgen abend zu mir
zu kommen?« fragte sie freundlich. Man hörte ihrer Stimme
den Wahn nicht an, unter dem sie stand. Mit einer Logik, die für
das Hirn eines Verrückten typisch war, fädelte sie weiteres
Unheil ein, ohne daß derjenige, dem es galt, auch nur den
geringsten Verdacht schöpfte. »Philip ist mal wieder
unterwegs, Dorothy. Das leidige Hobby, du weißt ja…
Diesmal hat er einen Tip nach Amsterdam bekommen. Dort sollen
Bücher aufgetaucht sein, die für Phils Sammlung eine
wertvolle Bereicherung darstellen würden. Er ist mindestens zwei
oder drei Tage fort…«
»Und jetzt möchtest du nicht allein sein, wie?«
fragte eine dunkle, angenehm klingende Frauenstimme zurück.
Brenda Millan lachte leise. »Du hast’s erraten…
Langweilig wird’s uns zu zweit bestimmt nicht. Ich nehme an,
daß Bob zur Zeit auch nicht zu Hause ist?«
Bob Millan, Phils älterer Bruder, war Inhaber einer
Ladenkette. Einmal im Monat reiste er für eine ganze Woche
durchs Land, um nach dem Rechten zu sehen.
»Ja. Er kommt auch erst in zwei Tagen zurück.«
»Wir frönen unserem Hobby, Dorothy. Ich habe etwas
entdeckt. Wir führen eine Besprechung durch. Ich hatte gestern
abend den ersten Erfolg. Ich möchte das Experiment gern in
deinem Beisein wiederholen…«
»Was war es denn?« Dorothy Millans Neugierde war
geweckt.
»Wird nicht verraten…«
»Oh, wenigstens eine kleine Andeutung…«
»Gut, aber nur eine ganz kleine. Ich hab’ eine Botschaft
empfangen, die -Ellen betrifft.«
Einen Moment herrschte betroffenes Schweigen. Dann hörte man
Dorothy Millan am anderen Ende der Strippe tief durchatmen. »Ist
das dein Ernst, Brenda?« fragte die Frau mit belegter
Stimme.
»Mit solchen Dingen spaße ich nicht…«
»Ich komme nicht erst morgen, Brenda. Ich mache mich schon
heute abend zu dir auf den Weg…«
»Wunderbar. Du kannst hier schlafen, wenn du Lust hast,
über Nacht zu bleiben…«
»Hab ich, Schwägerin. Es war eine gute Idee, mich
anzurufen… ich freu’ mich darauf, dich zu
sehen…«
»Ich freue mich auch, Dorothy«, sagte Brenda Millan
leise. Um ihre Lippen zuckte es verräterisch, als sie
auflegte.
Das nächste Opfer war auf dem Weg nach hier…
Brenda Millan überlegte, wo am besten sie das Richtschwert in
der Wohnung deponieren konnte, um es im geeigneten Moment zu
ergreifen…
*
Dumpf fiel die erste Erde auf die einfache Holzkiste, in der die
sterbliche Hülle Ak Nafuurs lag.
Die Freunde von Marlos nahmen Abschied von dem Weißen
Priester aus Xantilon.
Keiner fehlte. Sogar Tina Morena und Anka Sörgensen-Belman
waren von der schlichten Beisetzungsfeier für Ak Nafuur
unterrichtet worden.
Die zusammengezimmerte Holzkiste wurde von Pepe und Jim zuletzt
mit Erde bedeckt, dann wurde eine wahre Flut buntschillernder Blumen
auf dem frischen Grabhügel verteilt. Wenig später wurde ein
einfaches Holzkreuz am oberen Ende der Grabstätte befestigt. In
das weiche Holz war der Name »Ak Nafuur«
geschnitzt…
Der Tod des Priesters hatte sie alle zusammengebracht. So erfuhren
auch diejenigen, die nicht regelmäßig und ständig auf
der Insel lebten, sondern mitten im Leben standen, aber Hellmark mit
ihren Fähigkeiten nach Kräften unterstützen, wie die
Dinge sich mit einem Mal boten.
Eine Chance, nach der der Herr von Marlos griff wie nach einem
rettenden Strohhalm.
Der einzige, der nicht über die neue Entwicklung Bescheid
wußte, der einzige, der nicht an der Beisetzung hatte
teilnehmen können, war Arson, der Mann mit der Silberhaut. Noch
immer hielt er sich in der Vergangenheit auf.
Er war nach dorthin aufgebrochen in der Hoffnung, etwas über
den Verbleib des einmaligen Schwertes zu erfahren, das speziell
für Björn Hellmarks Hand geschmiedet worden war und das
keiner führen konnte außer ihm.
»Wir werden keine Zeit verlieren«, sagte er zu den
Freunden. »Dies ist der Zeitpunkt einer Vollmondnacht. Stets in
Vollmondnächten macht sich in dem von Ak Nafuur
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