Macabros 091: Die Pestreiter
Helens Hospital – einen Anschlag
auf das Leben meiner Frau geführt.«
»Aber das ist doch ausgeschlossen!« entfuhr es Fraplin.
Er konnte es nicht glauben.
»Es ist die reine Wahrheit, Mister Fraplin. Meine Frau im St.
Helens und ich im ›Bonman-Hotel‹ – wir waren unseres
Lebens nicht mehr sicher. Die Krankheit, die Elisabeth aus dem
Dschungel mitgebracht hat, scheint damit etwas zu tun zu haben.
Fragen Sie mich nicht über die Zusammenhänge - ich
könnte Ihnen beim besten Willen keine Antwort darauf geben. Das
alles ist so rätselhaft, daß man sich manchmal fragt, ob
man wacht oder träumt.«
Fraplin bestätigte ihm dies nur.
Mason fuhr fort. »Wir sind praktisch aus New York geflohen.
Ich mußte versuchen, an einem Ort unterzukommen, der von
Professor Manderly – jenem Spezialisten für
Tropenkrankheiten, dem ich meine Frau anvertraute – noch
erreicht werden kann, andererseits aber so liegt, daß er nicht
jedermann zugänglich ist.«
»Sie wollen sich vor bestimmten Personen schützen?«
kam Fraplin nicht umhin zu fragen.
»Gewissermaßen – ja.«
»Das verstehe ich nicht. Es war überhaupt kein Problem,
Ihren neuen Aufenthaltsort zu erfahren.«
»Für meine Freunde und Bekannten mußte ich
erreichbar sein, auf alle Fälle. Von hier aus kann ich im Moment
keinen Kontakt nach irgendwohin aufnehmen, das werden Sie verstehen,
wenn ich Ihnen erkläre, daß es hier kein Telefon gibt. Es
gibt keinen Strom, kein fließendes Wasser, dieses Landhaus ist
völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Es ist rund
achtzig Jahre alt. Seit über fünfzehn Jahren steht es leer.
Es gehört einem kinderlosen Farmer, der es seit damals zum
Verkauf angeboten hat. Wenn jemand abgeschieden wie Robinson leben
will, ganz allein in einer Hütte, ist dies sicher der richtige
Platz für ihn. Ich habe das Landhaus von einem Makler angeboten
bekommen. In den letzten Jahren wurde es von umherstreunenden
Jugendlichen immer als eine Art Treffpunkt und Unterschlupf benutzt.
Dagegen hatten weder der Besitzer noch der Makler etwas.
Solange es sich um anständige Gruppen handelte, die hier
wildromantische Feste feierten, hatte niemand etwas dagegen
einzuwenden. Aber dann tauchten ein paar Radaubrüder auf und
machten einiges Kleinholz. Nicht nur das. Sie trieben Spielchen, von
denen ein anständiger Mensch die Finger läßt.
Teufelsanbetung, schwarze Messen, okkulte Praktiken. Die Menschheit
scheint wieder den Gang ins Mittelalter anzutreten, so kommt mir das
manchmal vor. Es kam zu einem Mord! Ein junges, siebzehnjähriges
Mädchen wurde getötet. Irgend jemand schnitt ihr die Kehle
durch. Seither – so wird allgemein behauptet – soll es hier
nicht mehr mit rechten Dingen zugehen, und der Platz wird gemieden
wie die Pest. Das kommt mir jetzt zugute. Ich habe keine Angst vor
Geistern und der ruhelosen Seele einer Toten, die angeblich von
mehreren Personen gesehen wurde. Wenn ein Ort in Verruf kommt, kann
das auch sein Gutes haben.
Ich griff jedenfalls sofort zu, als ich das Angebot bekam, und
Manderly scheint auch zufrieden. Die Wahrscheinlichkeit, daß
uns hier jemand aufspürt, ist mehr als gering. Wer sich für
meinen neuen Wohnsitz – der nur vorübergehender Natur ist
– interessiert, kann ruhig erfahren, wo er mich findet. Es
muß schließlich auch Leute geben, die darüber
informiert sein müssen.«
Eric Fraplin hörte die Worte, aber ihm fehlte der Sinn.
Das alles war so widersprüchlich und unwirklich!
»Wollen Sie tatsächlich behaupten, daß Ihre Frau
auch hier im Haus ist?«
»Aber natürlich. Ihr Zustand ist befremdlich, aber nicht
ernst. Sie hat nach wie vor Fieber, fühlt sich aber sonst wohl.
Das Fieber allerdings bewirkt eine zunehmende Schwäche, und sie
schläft meist nur noch. Aber die Medikamente, die ihr im
Krankenhaus verabreicht wurden, kann ich ihr auch hier
geben.«
Verrückt schrie es in Fraplin. Entweder bin ich es oder Mason
hat den Verstand verloren. Die ganze Welt steht doch köpf!
Wie kann dieser Mann so etwas sagen? Nun muß ich doch
aufwachen. Absurder geht es nicht. Ein Mann flieht aus einem bequemen
Hotel und zieht in ein verfallenes Haus. Er nimmt seine Frau mit und
behauptet, daß sie hier ebenso gut behandelt werden könne
wie im Hospital. Und der verantwortliche Arzt nimmt das alles auf die
leichte Schulter und zeigt sich mit allem einverstanden.
Eine Frau mit hohem Fieber und einer unbekannten Krankheit wurde
mit leichter Hand behandelt.
Da stimmt doch etwas nicht!
Fraplin
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