Macabros 091: Die Pestreiter
verließ den Raum.
Leise fiel die Tür wieder ins Schloß.
Henderson und Mills blickten sich an. Der Professor stieß
hörbar die Luft durch die Nase, machte auf dem Absatz kehrt und
öffnete die Tür eines kleinen Kühlschranks, der neben
der Fensternische eingemauert war. »Entweder brauche ich jetzt
einen Drink oder eine Zigarette – oder beides«, sagte der
Professor. »Mein lieber Mills, Sie können bestimmt auch
einen Doppelstöckigen vertragen, wie? Das beruhigt die Nerven,
glauben Sie mir. Ich habe eine Menge Fragen auf dem Herzen, aber
haben Sie keine Angst, ich stelle Ihnen nicht eine einzige. Ich habe
bereits angefangen zu akzeptieren, ohne lange zu fragen, weil ich
eingesehen habe, daß es doch zu nichts führt wenn jetzt
allerdings noch einiges passiert, das ich mit meinem sogenannten
normalen Menschenverstand nicht auf Anhieb erfasse, dann nimmt mein
Geist ernsthaft Schaden.«
Er kippte seinen Whisky und trank das Glas mit einem Schluck leer.
»In diesem Fall, Henry, sollten Sie mir rechtzeitig einen guten
Psychiater besorgen, dann bin ich nämlich reif für eine
Behandlung.«
*
Wie ein Hypnotisierter schritt Björn Hellmark auf den
durchsichtigen Block mit dem eingeschlossenen Schwert zu.
Zwanzigtausend Jahre von seiner Zeit entfernt, stieß er auf
der Welt, die dem Untergang geweiht war, wieder auf sein Schwert. Es
war ihm von Apokalypta entwendet worden. Sie brachte es in den
Mikrokosmos und von dort aus gelangte es sicher auf geheimnisvollen
Umwegen in die ferne Vergangenheit der Insel Xantilon. Bei seinen
Abenteuern im Mikrokosmos hatte Hellmark erkannt, daß
Apokalypta und Vertraute der ›ewigen Unheilbringerin‹ die
Gelegenheit fanden, von Fall zu Fall in das normale Universum und
damit auf die Insel Xantilon zurückzukehren.
Bei einer solchen Gelegenheit mußte das Schwert, mit dem
niemand außer ihm sonst etwas anfangen konnte, wieder auf den
Kontinent seiner Herstellung geraten sein. Dann fiel es in die
Hände der für die Sache der Dämonen kämpfenden
Aufständischen unter Führung Akmuts.
Wahrscheinlich würde es niemals gelingen, die
Hintergründe genau aufzuklären, die zur Anwesenheit des
kostbaren Schwertes gerade in dieser Region geführt hatten.
Der blonde Bandenführer dehnte seinen mächtigen
Brustkorb, blickte mit kaltglitzernden Augen auf Björn Hellmark
und weidete sich an der Verwirrung und Überraschung seines
Gefangenen.
»Wie du siehst, besitzen wir bereits ein wichtiges Requisit
deiner Macht, Kaphoon-Nachfolger. Ohne dies Schwert bist du schon
weniger stark, ohne die anderen Objekte, die ich dir genannt habe,
wirst du nackt und bloß dastehen wie ein Wilder. Auf den
richtigen Weg geführt hat uns dieser Myriadus-Tempel. Es gibt
Hinweise dafür, daß die Zauberer aus Lemuria, jenem
Urkontinent, der lange Zeit vor Xantilon existierte, eine besondere
Beziehung zu Myriadus hatten. Es gibt viele Wege, zum Ziel zu kommen
durch die Hingabe zu einem der Dämonischen. Die einen verehren
Apokalypta, die anderen haben eine Schwäche für Ustur,
Dritte wiederum sind überzeugt davon, daß Mandragora oder
Phantoma die richtigen sind, ich glaube, daß ich mit Myriadus
die meiste Macht erringen kann. Bisherige Erfolge untermauern dies.
Er ermöglichte uns den Blick in die Zukunft… man nennt ihn
mit Recht den Tausendfältigen. Er kann nicht nur tausenderlei
Gestalt annehmen, sondern auch tausend Möglichkeiten entwickeln,
einen Gegner zu Boden zu zwingen.
Dieses Tal ist Myriadus’ Tal. Die Zauberer aus Lemuria haben
es dazu bestimmt und eine Zelle des mächtigen Dämons hier
gezogen. In Xantilon wissen nur wenige von diesem Ort, nämlich
nur die, die die maßgeblichen Schriften studiert haben. Dieses
Tal liegt nicht direkt auf der Insel, sondern hinter einem unsichtbar
machenden Schleier in den berüchtigten Nebelfelsen jenseits der
Nordspitze. Von hier aus planen wir unsere Einsätze. Niemand hat
die versteckten Boote bisher gefunden. Nicht mal Kaphoon…«
Er lachte, schlug sich auf die Schenkel, daß es klatschte.
»Und man erzählt sich so allerlei Wunderdinge von ihm. Bei
uns ist ihm bisher nichts geglückt. Wir werden weiter für
Myriadus kämpfen und siegen, um seine Macht zu stärken, und
dadurch wiederum werden wir von ihm belohnt.«
Akmut deutete auf das netzartige Gebilde mit den wechselnden
Bildern. Dieser Myriadus-Zelle war es tatsächlich gelungen, eine
geistige Brücke über Zeit und Raum hinweg zu schlagen und
Dinge aufzunehmen, die man in dieser
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