Macabros 093: Fluch der Schlangengöttin
ihn im Auge«, sagte Macabros zu dem
Freund. »Ich will mich noch woanders umsehen. Mir kommt es fast
so vor, als wüßte in der Zwischenzeit jemand von unserem
geplanten Unternehmen Bescheid, der besser nichts davon wissen
sollte.«
»Du denkst an – Luku-U’moa?«
»Vielleicht auch sie…, wer weiß. Die auf der
anderen Seite schlafen nie. Man muß ständig mit ihnen
rechnen…«
Macabros verschwand.
Sein Ziel war das Gut außerhalb Abertoyle.
Er materialisierte an der Stelle, an der er vergangene Nacht zum
ersten Mal eingetroffen war und wollte sich dann zu Fuß
vorsichtig dem Anwesen nähern. Eine unbestimmte Unruhe
erfüllte Björn Hellmark.
Drei Minuten nach der Ankunft seines Doppelkörpers im Gebiet
um Abertoyle wußte er, daß sein Gefühl ihn nicht
betrogen hatte.
Er konnte nicht glauben, was er sah.
Die Scheune – gab es nicht mehr! Die
rußgeschwärzten Steine des Fundaments und die
aufgetürmten Reste verbrannten Holzes seitlich des
Wohngebäudes redeten eine stumme aber verständliche
Sprache.
Brandgeruch lag noch in der Luft.
Die auf dem Gut wohnenden Menschen waren noch mit
Aufräumungsarbeiten beschäftigt.
Aus der Ferne sah Macabros zu.
Hellmark – Tausende von Meilen entfernt – schien im
Gespräch mit seinem Freund Richard Patrick zu Stein
erstarrt.
Patrick kannte Björn Hellmark schon lange genug, um zu
wissen, daß sein Zweitkörper jetzt eine sehr
bemerkenswerte Wahrnehmung machte.
»Ist es sehr schlimm?« fragte er, als Hellmark tief
durchatmete.
»Es ist alles anders. Ich weiß nicht, was geschehen
ist, Rich. Letzte Nacht gab es ein Gewitter. Vielleicht hat der Blitz
eingeschlagen – vielleicht liegt auch Brandstiftung vor. Die
Südwand ist verschwunden, damit die Stellfläche für
Kiuna Macgullyghoshs Spiegel. Im Prinzip ist alles nicht viel
schlimmer geworden als es anfangs schon war. Unsere Probleme haben
sich lediglich verlagert…«
*
Björn kehrte mit Macabros auf die Insel zurück.
Er hoffte, daß Brian Thomason inzwischen zu sich gekommen
war und mehr über sein Verhältnis zu Jack Hallon aussagen
konnte. Seine Hoffnung erfüllte sich nicht.
Thomason lag noch immer in tiefer Bewußtlosigkeit. Er sah
nicht mehr so hinfällig und bleich aus. Er schlief tief. Das
kalte Licht stand noch immer in der Hütte. Rani Mahay hatte
während Hellmarks Abwesenheit hin und wieder einen Blick in die,
Hütte geworfen, um sich über Thomasons Zustand zu
informieren.
Während Björn nun mit den beiden Frauen und Arson, dem
Mann mit der Silberhaut sprach, um ihnen die neue Lage zu schildern,
ging Mahay nochmals zu dem Schlafenden.
Er dachte an nichts Böses.
Als er eintrat, saß Brian Thomason aufrecht im Bett.
Die Blicke der beiden Männer begegneten sich sofort –
und dann konnte Rani Mahay den Kopf nicht mehr wenden.
Die hypnotisierenden Augen Thomasons bannten ihn. Er sah eine
feuerrote Iris und giftgrüne Pupillen.
Brian Thomason verließ sein Lager, kam dem Inder entgegen,
der sich verzweifelt gegen die Kraft wehrte, die ihn lähmte, an
Ort und Stelle bannte, als wäre er angewachsen.
Doch Rani Mahay versuchte noch mehr. Da seine körperlichen
Fähigkeiten versagten, setzte er seine geistigen ein.
Er, der Koloß von Bhutan, der imstande war, ungezähmte
Raubkatzen mit dem bloßen Willen zu bändigen, würde
doch in der Lage sein, diesem menschlichen Geist etwas Gleichwertiges
entgegenzusetzen.
Aber die unheimliche Lähmung hatte auch sein Hirn
ergriffen!
Unendlich fern meldete sich der Gedanke, daß er in
großer Gefahr schwebte, aber die Erkenntnis reichte nicht aus,
soviel Willenskraft zu mobilisieren, daß er sich dem
hypnotischen Bann entgegenstemmen konnte.
Brian Thomasons Gesicht war vor Anstrengung verzerrt. Und jetzt
zeigten sich auch wieder die unnatürliche Blässe, der kalte
Schweiß, der von seiner Stirn perlte.
Es schien, als würde auch er gegen etwas ankämpfen, das
jedoch viel stärker als er war.
Thomason funktionierte wie ein Katalysator. Etwas in ihm wirkte,
verstärkte sich – und er war der Mittler, der es
weitergab.
Die Lippen des Mannes, der in den letzten vierundzwanzig Stunden
mehr Verwirrendes erlebt hatte als in den letzten vierundzwanzig
Jahren seines Lebens, bewegten sich.
»Du wirst mich zurückbringen«, sagte er mit
dunkler, fordernder Stimme. »Und das ›Licht‹ werde ich
mitnehmen… dies ist mein Zweck, deshalb bin ich gekommen. Du
wirst mich auf dem gleichen Weg zurückbringen, wie ich
hierherkam. Du wirst dich
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