Macabros 100: Rha-Ta-N'mys Schreckenszentrum
doch
möglich sein, das Ruder noch mal herumzureißen.
Doch wie so oft in der letzten Zeit bekam er auch diesmal zu
spüren, daß seine Fähigkeit, Macabros entstehen zu
lassen, in manchen Situationen stark eingeschränkt war.
Welche Faktoren genau dafür verantwortlich zu machen waren,
hatte er noch nicht ergründen können…
Plötzlich erfolgte ein Ruck.
Hellmark hatte das Gefühl, von einem Katapult geschleudert zu
werden.
Ein harter Widerstand. Die schwarze, breiige Welle schwappte
über ihn hinweg.
Er lag auf einer Straße und rappelte sich auf.
Carminia! Sie wurde ebenfalls aus der Dunkelheit gestoßen
wie ein Korken aus dem Flaschenhals.
Hellmark robbte auf die Brasilianerin zu.
Sie schlug die Augen auf, atmete tief durch und schnappte wie ein
Fisch nach Luft…
»Endlich«, stieß sie kaum hörbar hervor.
»Ich dachte schon… ich würde… ersticken… Was
ist geschehen, Björn? Wo… sind wir.?«
Kleine, uralte Häuser standen zu beiden Seiten der fremden,
dunklen Straße. Nirgends eine Laterne. Kein Licht. Es herrschte
eine Dunkelheit, daß man die Umrisse der Gebäude gerade
noch wahrnehmen konnte.
»Ich weiß nicht, wo wir sind«, erwiderte
Björn Hellmark, der langsam wieder einen klaren Kopf und seine
gewohnte Kraft zurückgewann. »Das scheint jedenfalls nicht
Rha-Ta-N’mys Schreckens-Zentrum zu sein. Irgend jemand muß
dazwischengefunkt und unseren Weg abgefälscht haben…
vielleicht Al Nafuur, wer weiß…« Er berichtete in
wenigen Worten von der Erfahrung, die er während des Sturzes in
die stoffliche Schwärze gemacht hatte. »Sieht aus wie ein
kleines Dorf. Wo Häuser sind, gibt es auch Menschen. Gehen
wir…«
*
Er war ihr auf die Beine behilflich.
Carminia Brado blieb an seiner Seite.
Hellmark tastete nach seinem Schwert und vergewisserte sich, ob
der kleine Lederbeutel noch am Gürtel befestigt war. In dem
Behälter bewahrte er das verkorkte Fläschchen mit dem Trank
der Siaris auf. In der Tasche steckte die Dämonenmaske. Er war
so perfekt wie möglich ausgerüstet, um angreifenden
Dämonen das Leben schwerzumachen.
Aber ihm kamen plötzlich Zweifel, ob die Ausrüstung hier
von Nutzen war.
Instinktiv spürte er, daß es nicht das Ziel sein
konnte, das er angesteuert hatte. Er hatte nicht – wie von Ak
Nafuur angegeben – den ›Trilithen‹ aufgesucht, sich
darunter gestellt und die Mondfinsternis ausgelöst. Alles war
automatisch ohne sein Dazutun entstanden… Und das bereitete ihm
Sorge.
Al Nafuur hatte von einer Todes-Falle gesprochen…
Konnte diese dunkle, enge Gasse, in der Häuser die Nähe
von Menschen erwarten ließen, wirklich eine Todes-Falle
sein?
Unwillkürlich schritt er dichter neben Carminia, und seine
Hand lag auf dem Griff des Schwertes.
»Halte dich bereit, Schoko«, flüsterte Hellmark.
»Sobald etwas eintritt, das wir nicht einordnen können
– bedien’ dich sofort Velenas Armreif. Mach’ dich
unsichtbar!«
Sie nickte.
Hellmark überprüfte erneut seine Bewegungsfreiheit. Er
wollte Macabros entstehen lassen, um die Straße vorn in der
Dunkelheit zu kontrollieren.
Sein Doppelkörper entstand aber nicht…
Waren sie nun in einer anderen Dimension angelangt – oder
hielten sie sich nur an einem fernen und fremden Ort der Erde
auf?
»In diesem Fall müßtest du Marlos erreichen
können«, teilte er Carminia Brado seine Überlegungen
mit.
»Nichts einfacher, als dies herauszufinden.«
Die Brasilianerin versuchte die Teleportation auf die unsichtbare
Insel.
Doch nichts ereignete sich.
Das war der Beweis. Sie hielten sich in einer anderen Dimension
auf. Nur von einem Ort der dritten Dimension aus hätte Carminia
Brado nach Marlos zurückkehren können…
Das aber konnten sie nun beide nicht.
So blieb ihnen nichts anderes übrig, als das 2u
ergründen, was vor ihnen lag.
Noch wenige Schritte war das Haus an der Straßenecke von
ihnen entfernt.
Dort wollte Hellmark nachfragen, was für ein Ort dies
war…
Die Ereignisse nahmen ihm jedoch das Gesetz des Handelns aus der
Hand. Aus dem kleinen, fast bucklig wirkenden Haus mit den
verwitterten Fensterläden und der windschiefen Tür drang
ein erschütternder Schrei, der durch Mark und Bein ging.
In dem Haus vor ihnen geschah etwas!
*
Sandra Gerhusen weilte schon dort, woher der Schrei kam. Aber
nicht sie war es, die schrie.
Es war die andere Frau…
Was die junge Deutsche allerdings in diesen Sekunden erlebte,
erfüllte sie mit namenlosem Grauen.
In dem Raum vor ihr
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