Macabros 100: Rha-Ta-N'mys Schreckenszentrum
Brado halblaut. »Die
Straßen und Häuser sind für uns wie verschlossene
Tresore… nur, wer den Schlüssel besitzt, kann sie
öffnen… in Rha-Ta-N’mys Schreckensreich herrschen
andere Gesetze. Vielleicht – werden wir unserer Vergangenheit
ebenfalls noch begegnen und…«
Sie unterbrach sich abrupt, blieb stehen und vergaß
plötzlich weiter zu atmen.
In der Zwischenzeit war eine seltsame Veränderung
vorgegangen.
Die Straße war plötzlich zu Ende. Was dahinter kam,
erinnerte an eine holprige und unebene Steppe. Seltsame Bauwerke,
vergleichbar uralten Gemäuern aus dem Reich der Inkas und Mayas,
zeigten sich wie Schattenrisse im Zwielicht vor ihnen.
Auch dies war eine Stadt, aber eine, die zum Teil von
wildwuchernden Schlingpflanzen verdeckt war. Zwischen den
Straßen und Häusern, die sie eben noch gegangen waren, und
dieser Umgebung lagen entweder räumlich gesehen Tausende von
Kilometern – oder zeitlich gesehen Jahrtausende…
Carminias Augen verengten sich.
Sie schluckte.
Björn merkte die Veränderung, die mit seiner
dunkelhäutigen Begleiterin vorging.
»Was ist?« fragte er kaum hörbar.
Schweiß schimmerte auf Carminias Stirn. »Du wirst es
nicht glauben«, erwiderte sie tonlos. »Diesen Ort kenne
ich… hier bin ich schon mal gewesen. Und ich weiß auch,
was ich war…«
Wieder unterbrach sie sich. Langsam ging sie auf die alte Anlage
zu, die Mauern und pyramidenförmige Bauwerke darstellten, welche
vom Zahn der Zeit angenagt waren, bröckelig und baufällig
aussahen…
*
Der kleine Spanier saß hinter der dunkelbraunen Theke und
erledigte eine Eintragung.
Silvio Muncero war siebenunddreißig Jahre alt und hatte
volles, glänzendes Haar und ein kräftiges Gesicht mit einem
auffallend energischen Kinn.
Im ›Hotel Pueblo‹ war es ruhig. Um diese Jahreszeit
hielten sich nur wenige Touristen im Haus auf. Die meisten Zimmer
standen leer.
Muncero sah den Gast nicht durch die altmodische Drehtür des
Hotels kommen.
Er war einfach da.
»Buenas noches«, sagte Arson, der aufgrund seiner
Ausbildung und seiner ungewöhnlichen Tätigkeit mehrere
Sprachen der Vergangenheit und Gegenwart beherrschte.
Silvio Munceros Kopf kam ruckartig in die Höhe. Er, der an
viele unnatürliche Dinge glaubte, der sich mit Okkultismus,
Präkognition und Esoterik befaßte, war dennoch –
trotz Vorankündigung durch Arsons Telefonanruf –
überrascht und aufgeregt.
Da stand er nun vor ihm – der Mann mit der Silberhaut.
Eine halbe Minute starrte er den fremden Besucher, der wie ein
Geist aus dem Nichts aufgetaucht war, an.
Arson reichte eine Visitenkarte Richard Patricks über die
Rezeption. Der Verleger von AMAZING TALES hatte für Muncero
einige erklärende Worte geschrieben, um Arsons Mission zu
erleichtern.
Der dunkelhaarige Mann erhob sich. Er reichte Arson nicht ganz bis
an die Schultern.
»Ich habe es mir tausendmal gewünscht – und immer
wieder vorgestellt«, sagte Silvo Muncero. »Ein Fremder
– aus dem All, von einem anderen Stern, begegnet
mir…«
»Ich muß Sie enttäuschen«, lächelte
Arson. »Ich bin nicht aus dem All und nicht von einem anderen
Stern. Ich stamme von der Erde, einer Erde allerdings, die nicht mehr
in dieser Zeit zu finden ist…«
»Ein Besucher aus der Zeit oder aus dem Nichts…, ob aus
dem All oder von einem fremden Stern, worin liegt da der
Unterschied?« sagte Muncero aufgeregt.
»Es ist ein gewaltiger Unterschied. Aber ich fürchte, es
würde zu weit führen, hier und jetzt über diese Dinge
zu sprechen. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit ein andermal. Ich
bin noch lange hier… Aber zunächst sollten wir so schnell
wie möglich das erledigen, was getan werden muß. Es gibt
Hinweise darauf, hat Richard Patrick mich wissen lassen, daß
Carmen Koste Ihnen keine Unbekannte war…«
»Das ist zu wenig. Ich war einige Zeit mit ihr befreundet.
Das ist allerdings schon lange her, fünf, nein, schon sieben
Jahre! Unsere Ansichten über gewisse Dinge waren mit einem Mal
völlig unterschiedlich. Sie war Esoterikerin, wie ich. Auf einem
Vortrag hatten wir uns auch kennengelernt. Dann aber wich sie vom Weg
des Lichts ab – und traf sich mit Leuten, die Tote anriefen und
seltsame Riten feierten. Das alles geschah hinter verschlossenen
Türen, die Öffentlichkeit erfuhr nie davon.«
»Haben Sie schon mit der Polizei über Ihre ehemalige
Bekanntschaft mit Carmen Kosta gesprochen?«
»Nein. Weshalb sollte ich? Solange man an mich keine
bestimmten Fragen
Weitere Kostenlose Bücher