Macabros 110: Kampf in der Alptraumstadt
würde jeder es sehen. Joe aber verneinte.
»Ich habe einen Feind der Menschen getötet, einen, der
ungerechtfertigt die Rolle eines andere übernommen hatte. Ich
bin kein Mörder. Don Shapiro kam nicht durch meine Hand um. Er
ist schon seit Monaten tot. Und er liegt im Grab eines Mannes, der
unter dem Namen Jim Brown beigesetzt wurde.«
»Das wissen Sie genau?«
»Hundertprozentig. Ich habe mich selbst vergewissert und das
Grab vor drei Tagen geöffnet…«
*
»Es lag kein unbekannter Mister Brown in dem Sarg, sondern
Don Shapiro?«
»Sie sagen es…«
Macabros’ Gedanken arbeiteten mit der Schnelligkeit und
Präzision eines Computers.
Was dieser Mann von sich gab, klang außergewöhnlich,
makaber – aber überzeugend. Wer selbst schon mit den
Mächten der Finsternis und des Todes zu tun hatte, der
wußte nur zu gut, mit welch teuflischer Raffinesse sie
vorgingen.
Jemand führte Don Shapiros Leben weiter, ohne daß dies
jemand auffiel. Außer seinem engsten Freund, mit dem er ein
Zeichen nach seinem Tod verabredet hatte.
Was hier vorging, war bemerkenswert und wichtig. Daß es sich
ausgerechnet in jener Stadt abspielte, über der während der
vergangenen Tage besonders viele rätselhafte
Himmelserscheinungen beobachtet wurden, schien demnach kein Zufall
mehr zu sein.
Hier ging etwas vor.
Mit wem aber hing es zusammen? Mit den Mächten der
Finsternis, geleitet von Rha-Ta-N’my – oder mit den Men in
Black? Auf der einen Seite die Dämonischen – auf der
anderen Seite eine menschliche Rasse, vielleicht ganz und gar eine
Menschenform der Zukunft, die auch von dorther kam…
Spekulationen gab es viele, Genaues wußte niemand.
Für Macabros’ Mission war es wichtig, die genaue Ursache
zu wissen.
»Als Sie den Verdacht hatten, daß Ihr Freund durch eine
außergewöhnliche Manipulation ums Leben gekommen
war«, sagte er unvermittelt, »warum haben Sie es nicht der
Polizei mitgeteilt?«
Der andere lachte rauh. »Man hätte mich ausgelacht,
für betrunken oder für verrückt gehalten. Es gab
keinen Beweis. Don Shapiro war schließlich da, jeder konnte mit
ihm reden.«
»Aber es gab den richtigen – und der lag im
Grab!«
»Wer hätte mir geglaubt? Wer hätte eine
Graböffnung durchführen können, aufgrund welchen
Beschlusses? Und wenn einer auf die Idee gekommen wäre, Shapiro
selbst zu fragen, hätte der lauthals aufgelacht. Wäre ich
diesen Weg gegangen, wäre ich garantiert in der Irrenanstalt
gelandet. Zum Bedauern sogar meines besten Freundes, der sich
entsetzt hätte zeigen müssen über das ungereimte Zeug,
das ich da von mir gab… Und wem hätte man schließlich
geglaubt? Dem falschen Don Shapiro – oder mir?«
»Natürlich Shapiro…«
»Eben. Ich konnte nur für mich selbst Gewißheit
schaffen, ohne jemand einzuweihen. Wenn man morgen früh die
Leiche Shapiros entdeckt, wird alle Welt glauben, daß Don dem
Mordanschlag eines rachedurstigen Gauners zum Opfer gefallen ist, den
er durch seine Arbeit hinter Schloß und Riegel brachte. Niemand
würde mich verdächtigen… Aber es ist alles anders
gekommen.«
»Vielleicht kommt es so, wie es Ihr Plan war«, erwiderte
Macabros. Er selbst mußte Gewißheit haben. Da war das
Schicksal Harrys und Sarah Fergusons. Die Männer in Schwarz
zeigten sich nicht direkt, aber ihre Aktivität wirkte sich aus.
Vielleicht war die ›Attrappe Don Shapiros‹ ein erster
Schritt in eine neue Form des Angriffs, der Invasion, wie Joe es
ausgedrückt hatte.
Ob nun Dämonen oder Men in Black hinter den Aktivitäten
steckten, war noch nicht klar durchschaubar.
Waren es Mächte der Finsternis, dann war ihr Angriffsziel
klar. Waren es aber Men in Black, dann gab es wieder einige
Rätsel mehr auf. Was diese Schwarzen auf der Erde wollten, warum
sie einzelne Informationen unterdrückten – auch durch Mord
– das war nach wie vor ungeklärt…
»Ich war hierher gekommen, um Don Shapiro zu fragen, was er
an besonderen Beobachtungen während der letzten Tage
machte«, fuhr Macabros fort. »Gehen Sie zunächst davon
aus, daß ich Ihnen Ihre seltsame Geschichte glaube. Ich
muß allerdings Gewißheit haben, ob Sie wirklich den toten
Shapiro gesehen haben – den anderen, der in dem Grab mit der
Aufschrift Jim Brown liegt. Es ist nicht die vornehme Art, fremde
Gräber zu öffnen. Aber manchmal lassen die Umstände
keine andere Möglichkeit. Ich möchte mir das Grab von Don
Shapiro gern ansehen…«
*
Er war unfähig, auch nur einen Ton über die Lippen
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