Macabros 118: Sternenschloß des toten Gottes
verglich sie
mit denen älteren Datums und begutachtete Bobbys Bein von allen
Seiten, maß es, stellte Fragen und wurde dann merkwürdig
still. Vor allem dann, als er den aufgeschnittenen Gips sah, den
Susan Failman ebenfalls mitgebracht hatte.
Das Gipsbein war fein säuberlich durchgeschnitten.
Doc Henderson konnte sich nicht vorstellen, daß dies mit
einem Küchenmesser erfolgt war.
»Ist es auch nicht«, schüttelte Bobby den Kopf, als
der Arzt die Sprache darauf brachte, und platzte mit der Geschichte
heraus, ehe Susan Failman ihren Sohn bremsen konnte. »Zaneroth
hat es mit den bloßen Händen getan… Er ist mit dem
Zeigefinger über den Gips gefahren – und er platzte
auf… So einfach war das…«
»So einfach war das…«, echote Henderson und blickte
den Jungen über den Rand seiner Brille an. »Mhm… und
er hieß Zaneroth. Erzähl’ mir mehr von ihm.«
Susan Failman glaubte in den Boden versinken zu müssen, als
Bobby seine haarsträubende Geschichte zum besten gab.
»Zaneroth also heißt er, und du hast natürlich
eine besondere Beziehung zu ihm?« fragte Henderson leise. Man
sah ihm an, daß er sich schwer tat.
»Klar. Ich habe ihn gerufen, und er ist gekommen. Weil ich
seinen Namen entdeckt habe. Er besitzt besondere Kräfte. Damit
kann er Menschen heilen. So etwas gibt es doch, nicht wahr?«
»Ja, so etwas gibt es«, seufzte Henderson, der mit der
Situation nichts anzufangen wußte. Da war die Geschichte dieses
phantasiebegabten Jungen, eine Geschichte, die er sich aus den
Fingern gesogen hatte. Und da war die Tatsache einer wunderbaren
Heilung, für die es keine wissenschaftliche und medizinische
Erklärung gab…
»Wie immer es auch passiert ist, Bobby, das ist eigentlich
egal. Mit dir ist alles in Ordnung. Du brauchst keinen Gips mehr,
keine Medikamente, und du kannst und darfst herumspringen wie jeder
andere Junge auch…«
Als sie gingen, raunte Doc Henderson Susan Failman zu: »Ich
kann es mir nicht erklären. Beobachten Sie den Jungen genau!
Vielleicht steckt hinter all dem mehr, als wir im Moment
ahnen…«
*
Alan Kennan und Richard Patrick kamen zur gleichen Zeit und
gemeinsam an der Stelle an, die der Verleger von ›Amazing
Tales‹ als Ausgangspunkt für ihre Mission erkoren
hatte.
Es war hundert Meter vom ›St. John’s Hospital‹
entfernt, hinter einer Imbißstube, die einen ausgezeichneten
Sichtschutz zur Straße bot.
Bis zum Hospital waren es von hier rund zweihundert Schritte; bis
zu dem kleinen Hotel, in dem George Wainling weitere Begegnungen mit
betroffenen Personen arrangiert hatte, noch mal so weit.
Das Hotel hieß ›British Hotel‹ und war ein kleines
Haus der mittleren Preisklasse.
Patrick steuerte darauf zu.
In der Rezeption saßen zwei Männer in tiefen
Clubsesseln und blätterten in Zeitungen.
Patrick steuerte auf die Wartenden zu.
»Mister Lorington und – Mister Marvin Cooner«,
stellte Patrick die beiden Herren vor. Den Namen ›Cooner‹
sprach er betont aus. Alan Kennan reichte dem Mann die Hand.
Der Mann, der als Cooner in der Öffentlichkeit auftrat, aber
seinen engsten Freunden inzwischen anvertraut hatte, daß er in
Wirklichkeit Ronald Myers war, kleidete sich gut und sah gepflegt
aus. Er weigerte sich, das Leben des Mannes fortzuführen, der in
seine Gestalt geschlüpft war.
Alan Kennan war ein guter Psychologe und hatte im Umgang mit
vielen Menschen gelernt, aus Gesten, Worten und der Art, wie andere
ihm begegneten, Rückschlüsse zu ziehen.
Er registrierte sehr schnell, daß das, was
›Cooner‹ sagte, Hand und Fuß hatte. Der Mann war um
seine Existenz und seine Identität gebracht worden. Dies war
einer von vielen Wegen, den dämonischen Wesenheiten auf der Erde
anstrebten. So konnte man Menschen vernichten…
»Er ist hier in der Stadt«, sagte ›Cooner‹ und
sah Richard Patrick an.
»Der – falsche Ronald Myers, der Mann, der Ihre
Identität übernommen hat?«
»Ja.«
»Und wo?«
»Im ›The Crowns Hotel‹, wo das Treffen meiner
Geschäftskollegen stattfand. Seitdem bin ich – wie Sie
wissen – auch in der Stadt und habe gewissermaßen alles
von einem Logenplatz aus mitbekommen. Ich habe mich nach Clarissas
Einlieferung ins Hospital hier einquartiert und sie jeden Tag
besucht. Der Mann, der unverschuldet den Unfall herbeigeführt
hat, war seither auch jeden Tag da. Von ihm weiß der falsche
Myers. Ich habe den Fahrer des Unfallwagens übrigens inzwischen
auch kennengelernt und angesprochen. Er bestätigte
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