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Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Titel: Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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jedoch
äußerlich nicht im geringsten von dem Mann, der noch immer
unten zwischen den Schaulustigen stand und genau mitbekam,
worüber sein Zweitkörper mit dem geretteten Mädchen
sprach. Über ein unsichtbares Band waren die beiden Körper
miteinander verbunden, und so wurde all das, was der eine mit seinen
Sinnen aufnahm stets zum Bewußtseinsinhalt des anderen.
    »Warum wollten Sie das tun, Cindy?«
    Sie zuckte die Achseln und fuhr sich mit einer nervösen Geste
über ihr schweißbedecktes Gesicht.
    »Ich… weiß nicht. Erst wollte ich, aber dann hatte
ich es mir doch anders überlegt. Aber mit einem Mal konnte ich
nicht mehr zurück. Es war wie ein Zwang… etwas wollte,
daß ich es tat…«
    »Erzählen Sie der Reihe nach, Cindy. Dann kann ich Ihnen
besser folgen.«
    Björns Zweitkörper erfuhr stockend von den
Selbstmordabsichten des Mädchens. Sie hatte sich wegen
Liebeskummer am Abend in der Toilette des Büros eingeschlossen
und dort gewartet, bis alle Kolleginnen gegangen waren.
    Stundenlang saß sie in der Dunkelheit und konnte sich nicht
dazu entschließen, das Büro zu verlassen.
    Aber auch nicht dazu, ihre Absicht in die Tat umzusetzen.
    »Wahrscheinlich bin ich… verrückt«,
schloß sie ihre Ausführungen. »Ich war schon so weit,
das Büro zu verlassen und meine Absicht, aus dem Fenster zu
springen, hatte ich aufgegeben… als der Zwang wieder
anfing.«
    »Wie hat er sich geäußert, Cindy?«
    »Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen.«
    »Nun – kam der Zwang von innen heraus oder von
außen auf Sie zu?«
    Er legte seine Hand damit in eine offene Wunde.
    »Es hört sich vielleicht merkwürdig an, aber –
er kam von außen…«, gab sie sich plötzlich einen
Ruck.
    Und wieder bemerkte er, daß sie sich suchend und beinahe
ängstlich umsah.
    Aus der Ferne war jetzt das Geräusch sich nähernder
Sirenen zu hören. Streifenwagen kamen angerast, die inzwischen
telefonisch von dem Selbstmordversuch im achten Stock eines
Bürohochhauses verständigt worden waren.
    »Der Schatten«, wisperte sie. »Ich habe einen
Schatten in diesem Raum bemerkt. Und der Schatten hat mich aus dem
Fenster gedrückt… alle müssen es doch gesehen
haben…« Ihre Stimme klang tonlos und unsicher, und man
merkte ihr an, daß es ihr schwer fiel, über diesen Punkt
zu sprechen.
    »Wahrscheinlich… haben mir meine Nerven… einen
Streich gespielt«, nahm sie sofort darauf ihre eigene Courage
wieder zurück. »So etwas… kann ja nicht
sein.«
    »Ich hab’ den Schatten auch gesehen.« Mit diesen
Worten ging Björns Zweitkörper ans Fenster. Aufmerksam
suchten seine Blicke die Hauswand ab.
    Kein Schatten mehr.
    Aber es hatte ihn gegeben. Cindy hatte recht.
    Zweidimensionale, schwarze Hände und Arme hatten ihr den
Stoß in den Rücken versetzt.
    Cindy war zum Spielball einer Kraft geworden, die sich visuell als
Schatten manifestiert hatte.
    Hatten sie diesen Schatten vielleicht ganz und gar selbst
ausgelöst? War er ein Teil ihres Bewußtseins, eine
negative Kraft, die sich schließlich selbständig gemacht
hatte?
    Solche Dinge gab es. Geistige Kräfte konnten sich in
Ereignissen und Aktivitäten manifestieren.
    Cindys ursprüngliche Absicht hatte sich schließlich
doch noch gegen sie gerichtet. War das die Erklärung für
das, was er gesehen hatte?
    »Aber nun sind auch Sie mir eine Erklärung
schuldig«, riß sie ihren Retter aus dem Nachdenken.
»Wie kamen Sie hier herein – und vor allen Dingen: wie war
es Ihnen möglich, mich noch zurückzuholen, nachdem ich
schon gesprungen war?«
    Sie hatte alles bewußt mitbekommen. Selbst wenn er es ihr
gegenüber abgeleugnet hätte, und es ihm gelungen wäre,
ihren Eindruck dahingehend zu verwischen, daß sie sich in der
Aufregung und den sich überstürzenden Ereignissen wohl
getäuscht hätte – morgen würde sie alles
haarklein in den Zeitungen lesen können. Hunderte von Menschen
hatten den Vorfall beobachtet, und sicher waren auch schon Reporter
anwesend gewesen. Mehrfach war das grelle Licht von Blitzlampen
aufgeleuchtet, und die einzelnen Rettungsphasen waren mit Sicherheit
auf Film gebannt worden.
    »Es gibt viele geistige Kräfte, die in uns schlummern,
und die die meisten Menschen nur noch nicht für sich entdeckt
haben«, entschloß er sich, ihr wenigstens die
»halbe« Wahrheit zu sagen. »Haben Sie schon mal etwas
von – Parapsychologie gehört, Cindy?«
    »Man liest viel darüber in der letzten Zeit. Es soll
Menschen geben, die anderer Leute Gedanken lesen

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