Macabros 120: Giftstachel des Skorpion-Dämons
schlüpfte in dem Moment dort hinein,
als Patrick und Rani Mahay sich nach Bangkok versetzten.
Daß sie einen ›blinden Passagier‹ dabei hatten
– ahnten sie beide nicht…
*
»Es ist so weit. Wir sind da…«
Desirée Mallon, die junge Französin, vernahm die Worte
wie aus weiter Ferne.
»Aufwachen. Du hast einen guten Schlaf…«,
hörte sie eine vertraute Stimme. Eine zarte, junge Hand
rüttelte sie an den Schultern. »Ich habe fast kein Auge
geschlossen. Aber ich glaube, wenn ich im Hotel bin, falle ich
todmüde ins Bett.«
Desirée Mallon fühlte sich wie gerädert. Ihr
Nacken schmerzte. Ein Sitz im Flugzeug ist zum Schlafen nicht das
bequemste.
»Du irrst«, widersprach sie leise und reckte die
Glieder. »Ich habe gesehen, daß du geschlafen hast. Mehr
und ausdauernder als ich. Ich wundere mich überhaupt, daß
ich nach all den Aufregungen und der Hektik überhaupt noch
eingenickt bin.«
Desirée Mallon erschien immer noch alles traumhaft.
Wie ein Film liefen nochmal alle Szenen vor ihrem geistigen Auge
ab.
Da war das Erlebnis in den Morgenstunden; ihr Gespräch mit
Freundin Jeanne, deren Absicht, wieder die Ballettschuhe anzuziehen
und mit einer Tanzgruppe kreuz und quer durch die Welt zu ziehen.
Eine abenteuerliche Vorstellung, von der sie sich mitreißen
ließ und sie innerlich bereitmachte, auch ›ja‹ zu
sagen, wenn ihr diese Chance geboten wurde.
Das war der Fall… Unerwartet. Nach dem Telefonat mit einem
gewissen Monsieur Maurice Vesner hatten sich die Dinge dann
überstürzt:
Ursprünglich war vorgesehen, daß Jeanne Benoir am Abend
dieses merkwürdigen Tages im Hotel »President« nochmal
Probe tanzte. Bei dieser Gelegenheit wollte sich auch Desirée
vorstellen.
Aber es war alles ganz anders gekommen.
Eine halbe Stunde nach dem Anruf hatte das Telefon wieder
geklingelt. Diesmal war Vesners Sekretärin am Apparat und sagte
den Termin für den Abend ab. Der Manager der Tanzgruppe
hätte plötzlich Paris verlassen müssen, um einen
dringenden, zuvor nicht bekannten Geschäftstermin im Ausland
wahrzunehmen. Das alles änderte jedoch nichts an Vesners
Absicht, den in die engere Wahl gezogenen Damen die Chance zur
Mitarbeit zu geben.
Sie wurden aufgefordert, in vier Stunden reisefertig zu sein und
zum Pariser Flughafen Orly zu kommen, wo eine günstige
Chartermaschine wartete.
Wer frei und unabhängig sei – so die Meinung der
Sekretärin – und daran interessiert, gutes Geld zu
verdienen, müsse sich auch schnell entscheiden können.
Desirée sah ihre Felle schon wegschwimmen, denn im
Gegensatz zu Jeanne Benoir hatte sie kein vorbereitendes
Gespräch mit Monsieur Vesner geführt.
Er kannte sie also nicht.
Dennoch ließ er – ebenfalls durch seine Sekretärin
– Jeanne wissen, daß sie die vorgeschlagene Freundin
mitbringen könnte. Alle Spesen würden
selbstverständlich ersetzt. Für den Fall, daß
Desirée Mallon sich nicht für die Truppe eigne,
würde sie auf Kosten des Unternehmens zurückgeflogen.
Jeanne jubelte nach dieser Nachricht, fiel Desirée um den
Hals, und die Freundin meinte, daß sie wohl auf Monsieur Vesner
einen besonderen Eindruck gemacht hätte. Sonst wäre er doch
kaum so großzügig gewesen, auch die Kosten für sie zu
tragen, ohne sie zuvor gesehen zu haben.
Er schien entweder Jeannes Geschmack zu akzeptieren, oder etwas
war im Busch.
Was in den frühen Morgenstunden geschehen war, konnte sie
einfach nicht vergessen, und sie brachte es wiederum in Zusammenhang
mit dem, was augenblicklich geschah.
Die gleiche Stimme, die drohende Worte zu ihr sprach, hatte sie
nochmal gehört, als Jeanne mit Monsieur Vesner telefonierte.
Hier ging etwas vor, das sie sich nicht erklären konnte.
Ihr Gefühl sagte ihr, daß es besser sei, dem Ruf des
Monsieur Vesner nicht zu folgen. Aber an der Mechanik der Dinge
ließ sich schließlich nichts mehr ändern.
Jeanne war überzeugt davon, daß das Ganze wohl so etwas
wie ein Test sei, um herauszufinden, ob sie auch wirklich frei und
unabhängig waren und sich auf rasch wechselnde Situationen
schnell genug einstellen konnten.
Im Hotel ›President‹ waren für sie je
viereinhalbtausend Francs hinterlegt. Das war der Vorschuß
für einen Monat, auch dann nicht zurückzahlbar, wenn sich
wider Erwarten keine gemeinsame geschäftliche Basis fand.
Von den Mädchen wurde lediglich erwartet, daß sie zum
vereinbarten Zeitpunkt alle notwendigen Formalitäten erledigten
und pünktlich auf dem Flughafen
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