MacBest
Narr!«
»Fürwahr, Onkel …«, begann der Narr.
»Ich bin nicht dein Onkel – das hätte ich wohl kaum vergessen.« Lord Felmet beugte sich vor, bis nur noch wenige Zentimeter seine Nasenspitze vom bestürzten Gesicht des Narren trennten. »Wenn du deine nächsten Bemerkungen mit Onkel, fürwahr oder meiner Treu beginnst, drehe ich dich durch die Mangel.«
Einige Sekunden lang bewegten sich die Lippen des Narren lautlos, dann sagte er: »Wie wär’s mit wahrlich?«
Der Herzog wußte, wann Zugeständnisse angebracht waren. »Mit wahrlich kann ich leben«, erwiderte er. »Und du überlebst damit. Aber keine Kapriolen!« Er lächelte ermutigend. »Wie lange bist du schon ein Narr, Junge?«
»Wahrlich, Gebieter …«
Lord Felmet hob die Hand. »Ich schlage vor, du läßt auch das Gebieter weg.«
»Wahrlich, Gebie … Herr.« Der Narr schluckte unruhig. »Mein ganzes Leben lang, Herr. Siebzehn Jahre als Idiot, Mann und Kind. Und mein Vater vor mir. Und mein Onkel zur gleichen Zeit. Und mein Großvater vor ihnen. Und sein …«
»Deine ganze Familie besteht aus Narren?«
»So ist es Tradition bei uns, Herr«, antwortete der Narr. »Ich meine, wahrlich.« Der Herzog lächelte erneut, und der Hofnarr war viel zu besorgt, um die vielen Zähne zu sehen.
»Du kommst aus dieser Gegend, nicht wahr?« fragte Lord Felmet.
»Fürw … ja, Herr.«
»Dann kennst du die Ansichten und Überzeugungen der Einheimischen, oder?«
»Ich glaube schon, Herr. Wahrlich.«
»Gut. Wo schläfst du hier, Narr?«
»Im Stall, Herr.«
»Von jetzt an darfst du im Flur vor meinem Zimmer schlafen«, sagte der Herzog gönnerhaft.
»Donnerwetter!«
»Und nun …« Die Stimme des Herzogs tropfte auf den Narren hinab, wie Sirup auf einen Pudding. »Erzähl mir von Hexen …«
In jener Nacht schlief der Narr nicht im warmen Stroh des Stalls, sondern auf den harten königlichen Fliesen im flüsternden Flur über dem Großen Saal.
»Das ist närrisch«, sagte er zu sich selbst. »Aber ist es närrisch genug?«
Irgendwann döste er ein und träumte von einer geisterhaften Gestalt, die seine Aufmerksamkeit zu wecken versuchte. Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimmen des Lords und Ihrer Ladyschaft, die auf der anderen Seite der Tür miteinander sprachen.
»Nun, wenigstens ist es jetzt nicht mehr so zugig«, gab die Herzogin widerstrebend zu.
Der Herzog sank in einen Sessel, sah seine Gemahlin an und lächelte.
»Nun?« fragte sie. »Wo sind die Hexen?«
»Der Kämmerer scheint recht zu haben, Teuerste. Die Hexen halten alle Einheimischen in ihrem Bann. Der Feldwebel unserer Wache kam mit leeren Händen zurück.« Hände … Lord Felmet kämpfte gegen einen aufdringlichen Gedanken.
»Du solltest ihn hinrichten lassen«, sagte die Herzogin sofort. »Das wird den anderen eine Lehre sein.«
»Derartige Maßnahmen führen letztendlich dazu, daß wir dem letzten Soldaten befehlen, sich die Kehle durchzuschneiden, damit es ihm selbst eine Lehre ist. Übrigens«, fügte Lord Felmet sanft hinzu, »scheinen weniger Diener im Schloß zu sein. Normalerweise mische ich mich nicht in deine Angelegenheiten ein …«
»Dann verzichte auch diesmal darauf!« grollte Ihre Ladyschaft. »Der Haushalt fällt in meinen Zuständigkeitsbereich. Ich kann Nachlässigkeit nicht ausstehen.«
»Du weißt das alles sicher am besten, aber …«
»Was ist mit den Hexen? Willst du einfach die Hände in den Schoß legen und beobachten, wie die Saat des zukünftigen Unheils aufgeht? Willst du zulassen, daß dir die Hexen trotzen? Und die Krone?«
Der Herzog zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich liegt sie irgendwo im Fluß.«
»Und der Knabe? Hat man ihn den Hexen gegeben? Sind bei ihnen Menschenopfer gebräuchlich?«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Lord Felmet. Die Herzogin schien ein wenig enttäuscht zu sein.
»Die Hexen«, fuhr der Herzog fort, »verzaubern das Volk offenbar.«
»Nun, das ist doch ganz klar …«
»Nein, nicht mit Magie. Ich meine, sie genießen Respekt. Sie heilen Krankheiten und so. Eine seltsame Angelegenheit. Einerseits fürchten sich die Leute aus den Bergen vor ihnen, und andererseits sind sie stolz auf die Hexen. Es könnte schwierig werden, etwas gegen sie zu unternehmen.«
»Ich glaube fast, daß du ebenfalls beeindruckt bist«, tadelte die Herzogin finster.
Lord Felmet war fasziniert. Von Macht ging immer eine gewisse Faszination aus – darum hatte er Lady Felmet geheiratet. Er starrte ins Kaminfeuer.
Die Herzogin
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