MacBest
müssen die richtige magische Atmosphäre schaffen«, erklärte die junge Hexe. Oma Wetterwachs zuckte mit den Schultern, erhob jedoch keine Einwände, obgleich sie sich provoziert fühlte. Andererseits: Alle Hexen beschworen Magie auf ihre eigene Art und Weise, und dies war Magrats Heim.
»Was sollen wir dem Knaben geben?« fragte Nanny.
»Wir haben gerade darüber gesprochen«, entgegnete Oma.
»Ich weiß, was er sich als Mann wünschen wird.« Nanny zeigte es ihren beiden Kolleginnen und empfing eisiges Schweigen.
»Was könnte er damit anfangen?« fragte Magrat schließlich. »So etwas muß doch sehr unbequem sein, oder?«
»Wenn er heranwächst, wäre er uns dafür sicher dankbar«, kommentierte Nanny. »Mein erster Mann, er sagte immer …«
»Für gewöhnlich wählt man unter solchen Umständen weniger physische Dinge«, unterbrach Oma die zweite ältere Hexe. Sie bedachte Nanny Ogg mit einem durchdringenden Blick. »Warum alles verderben, Gytha? Weshalb mußt du immer …«
»Nun, wenigstens kann ich von mir behaupten, daß ich …«, begann Nanny.
Beide Stimmen verklangen zu einem verärgerten Flüstern, dem erneut ein recht kühles Schweigen folgte.
»Vielleicht wäre es besser, wenn wir alle zu unseren Hütten zurückkehren und dort ganz allein entscheiden«, schlug Magrat mit gekünstelter Fröhlichkeit vor. »Dann wählt jede von uns das Geschenk, das sie für geeignet hält. Wißt ihr, es war ein langer Tag, und wir sind alle müde.«
»Gute Idee«, sagte Oma Wetterwachs energisch und stand auf. »Komm, Nanny Ogg«, fügte sie scharf hinzu, »es war ein langer Tag, und wir sind alle müde.«
Magrat hörte ihre zankenden Stimmen, als sie über den Pfad wanderten.
Traurig nahm sie inmitten der bunten Kerzen Platz und hielt ein Fläschchen mit extrem thaumaturgischem Weihrauch, das aus einem Warenhaus für magische Artikel im fernen Ankh-Morpork stammte. Sie hätte den Inhalt gern ausprobiert. Manchmal, dachte sie, wäre es nett, wenn die Leute ein wenig freundlicher sein könnten. Sie blickte in die Kristallkugel.
Sie gab sich einen inneren Ruck.
»Er wird leicht Freundschaften schließen«, hauchte sie. Kein großartiges Geschenk, zugegeben. Aber in diesem Zusammenhang hatte Magrat immer mit Problemen fertig werden müssen, und deshalb sah sie etwas Erstrebenswertes darin.
Nanny Ogg saß allein in der Küche, ihren großen Kater auf dem Schoß. Sie genehmigte sich einen Schlummertrunk und versuchte sich trotz des Benommenheitsdunstes an Strophe siebzehn des Igel-Lieds zu erinnern. Es ging darin um Ziegen, entsann sie sich, aber Einzelheiten blieben verborgen. Die Zeit war wie ein Hobel auf dem Sperrholz des Gedächtnisses.
Sie prostete der unsichtbaren Präsenz zu.
»Du solltest ein verdammt gutes Gedächtnis haben«, sagte Magrat. Und etwas würdevoller: »Er wird sich immer an die Worte erinnern.«
Oma Wetterwachs marschierte durch den nächtlichen Wald, zog den Schal fester und überlegte. Es lag tatsächlich ein langer Tag hinter ihr, und ein sehr anstrengender noch dazu. Mit dem Theater war es am schlimmsten gewesen. So viele Leute, die vorgaben, andere Personen zu sein. Dinge, die geschahen, ohne zu geschehen. Landschaftsteile, die man mit dem Fuß durchstoßen konnte … Oma legte immer großen Wertdarauf, den Überblick zu wahren, und das fiel ihr jetzt immer schwerer.
Die Welt schien sich dauernd zu verändern.
Früher hatte sie sich nicht so schnell verändert. Seltsam.
Mit langen Schritten wanderte sie durch die Dunkelheit, davon überzeugt, daß der Wald in dieser regnerischen und windigen Nacht Seltsames und Schreckliches enthielt – sie selbst.
»Er soll das sein, was er zu sein glaubt«, sagte sie. »Mehr kann sich niemand in dieser Welt erhoffen.«
Wie die meisten Leute sind Hexen nicht in der Zeit festgehalten. Der Unterschied besteht darin, daß sie es wissen und Vorteile daraus ziehen. Sie lieben die Vergangenheit, weil ein Teil von ihnen noch immer dort lebt, und gleichzeitig können sie die Schatten der Zukunft sehen.
Oma Wetterwachs glaubte zu erkennen, wie die Zukunft langsam Gestalt annahm, und es gehörten Messer dazu.
Es begann um fünf am nächsten Morgen. Vier Männer ritten in der Nähe von Oma Wetterwachs’ Hütte durch den Wald, banden die Pferde in sicherer Entfernung fest und schlichen vorsichtig durch den Nebel.
Der befehlshabende Feldwebel war eher unglücklich mit seinem Auftrag. Er kam aus den Spitzhornbergen und wußte nicht recht, wie
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