MacBest
konntest du so dumm sein, sie entkommen zu lassen? Ich habe dich darauf hingewiesen, daß der Diener zu treu ist. Einer solchen Person darf man nicht vertrauen.«
»Nein, Schatz.«
»Hast du zufällig daran gedacht, sie verfolgen zu lassen?«
»Von Bentzen, Teuerste. Und zwei Wächtern.«
»Oh.« Die Herzogin zögerte. Bentzen war Hauptmann der herzoglichen Leibwache und als Mörder so fähig wie ein psychotischer Mungo. Sie hätte sich ebenfalls für ihn entschieden. Lady Felmet bedauerte es, vorübergehend um die Chance gebracht worden zu sein, ihren Gemahl zu tadeln, aber sie fand schnell zu ihrem üblichen vorwurfsvollen Selbst zurück.
»Er hätte im Schloß bleiben können, wenn du bereit gewesen wärst, auf mich zu hören. Aber du bist mit deinen Gedanken immer woanders.«
»Wie bitte, Herzallerliebste?«
Der Herzog seufzte erneut. Eine lange Nacht lag hinter ihm. Erst kam es zu einem Sturm, der viel zu dramatisch heulte, und dann zu der blutigen Angelegenheit mit den Messern …
Es ist bereits erwähnt worden, daß den Herzog nur noch ein Schritt vom Thron trennte. Der fragliche Schritt begann am oberen Ende der Treppe, die zum Großen Saal führte: König Verence war im Dunkeln die Stufen hinuntergefallen, um unten, entgegen allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit, in den eigenen Dolch zu stürzen.
Der Schloßarzt hatte erklärt, Verence sei durch natürliche Ursachen gestorben. Bentzen war zu ihm gegangen, um ihn auf folgendes hinzuweisen: Wenn man des Nachts mit einem Dolch im Rücken die Treppe hinunterfiel, so sei das eine Krankheit, die auf unkluges Öffnen des Mundes zurückgehe.
Einige andere Angehörige der herzoglichen Leibwache, die nicht die notwendige Vorsicht hatten walten lassen, hatten sich bereits angesteckt. Es war zu einer kleinen Epidemie gekommen.
Den Herzog schauderte. Die vergangene Nacht enthielt verschwommene, aber auch schreckliche Details.
Er erinnerte sich daran, daß jetzt alles Unangenehme zu Ende ging und ihm ein Königreich zu Füßen lag. Es mochte kein besonders großes Reich sein, und außerdem bestand es überwiegend aus Bäumen, aber es hatte eine Krone.
Die verschwunden blieb.
Schloß Lanae stand auf einem Felsvorsprung und war von einem Architekten erbaut worden, der zwar von Gormenghast gehört hatte, dem jedoch kein ausreichendes Budget zur Verfügung stand. Er gab sich große Mühe mit einem kleinen Vorrat an Ausverkauf-Türmen und diversen Sonderangebot-Artikeln, zum Beispiel gebrauchten Kellergeschossen, Strebepfeilern, Zinnen, Steinfiguren, Minaretten, Höfen, Kerkern und Verliesen. Es fehlte nichts, was ein ordentliches Schloß brauchte – abgesehen von einem stabilen Fundament und Mörtel, der nicht schon bei einem leichten Nieselregen abbröckelt.
Das Schloß neigte sich schwindelerregend hoch über dem weißen Wasser des Lancreflusses, der dreihundert Meter weiter unten rauschte. Ab und zu fielen kleine Teile des Gebäudes hinein.
Es war kein besonders großes Schloß, aber es gab darin mindestens tausend Stellen, wo man eine Krone verstecken konnte.
Die Herzogin verließ das Zimmer, um jemand anders zu schelten. Lord Felmet blieb allein zurück und starrte mürrisch über die Landschaft. Es begann zu regnen.
Jemand nahm dies zum Anlaß, laut ans Schloßtor zu klopfen. Damit störte er den Pförtner, der zusammen mit Koch und Hofnarr in der warmen Küche saß und Karten spielte.
Er verzog das Gesicht und stand auf. »Es klopft auswärts«, sagte er.
»Auswärts?« wiederholte der Narr.
»Drinwärts wohl kaum, Idiot.«
Der Narr sah verwirrt auf. »Es klopft auswärts?« fragte er argwöhnisch.
»Klingt seltsam. Hat das irgend etwas mit Zen zu tun?«
Als der Pförtner in Richtung Wachhaus davonschlurfte, schob der Koch eine weitere Münze in die Tischmitte und bedachte den Narren mit einem scharfen Blick.
»Was ist ein Zen?« erkundigte er sich.
Die Glocken des Narren klirrten und läuteten leise, als er seine Karten sortierte. »Oh, eine Subsekte des klatschianischen philosophischen Systems namens Sumtin«, erwiderte er, ohne vorher nachzudenken. »Sie ist für ihre einfache Strenge bekannt und bietet inneren Frieden sowie seelische Ganzheit, zu erreichen durch Meditation und eine besondere Atemtechnik. Ein interessanter Aspekt besteht darin, unsinnig erscheinende Fragen zu stellen, um die Türen der Wahrnehmung weiter aufzustoßen.«
»Wie bitte?« entfuhr es dem Koch mißtrauisch. Er war ziemlich nervös. Als er das Frühstück in den
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