Mach doch - Roman
Auge stach: Rusty Small. Jasons Nemesis. Der Kerl, der mit der Unterstützung seiner Freundin, einer gewissen Kristina, dafür gesorgt hatte, dass Jason eine unerlaubte Substanz im Urin nachgewiesen wurde.
Lauren stellte den Ton lauter.
»Der Snowboarder Rusty Small war die große Medaillenhoffnung der USA, seit sein Konkurrent Jason Corwin nach einer Dopingkontrolle aus dem Kader ausgeschlossen wurde. Doch jetzt ist auch Rusty Smalls Teilnahme an den olympischen Winterspielen in Vancouver gefährdet, denn seit neuestem steht auch er unter Dopingverdacht.«
»Was? Das darf doch nicht wahr sein.« Lauren beugte gespannt den Oberkörper nach vorn.
»Die Untersuchungen des Internationalen Olympischen Komitees sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
Pikantes Detail am Rande: Beide Sportler waren zum Zeitpunkt des betreffenden Dopingtests interessanterweise mit einer Frau namens Kristina Marino liiert, die zurzeit allerdings untergetaucht ist und polizeilich gesucht wird. Wir werden berichten, sobald wir etwas Neues in Erfahrung gebracht haben.«
Lauren sah erneut auf die Uhr und schaltete den Fernseher aus. Es war Zeit aufzubrechen. Doch die Geschichte ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Es war unwahrscheinlich, dass man Jasons Unschuldsbezeugungen plötzlich Glauben schenken würde, nur weil Rusty Small nun ebenfalls unter Dopingverdacht stand, aber es sah ganz danach aus, als würde Jasons Konkurrent nun seine gerechte Strafe erhalten.
Einem plötzlichen Impuls folgend griff sie zum Telefon, um Jason anzurufen, doch dann steckte sie ihr Handy wieder ein und dachte daran, was sie auf die harte Tour hatte lernen müssen: Konzentrier dich auf die Zukunft.
»Paris erwartet dich«, sagte sie halblaut.
Paris, die Stadt der Liebe. Zu schade, dass sie allein hinfahren würde.
Transatlantikflüge waren immer mit langen Wartezeiten verbunden. Lauren dachte daran, wie viele Stunden sie als Kind an irgendwelchen Flughäfen herumgesessen hatte, wenn sie ihre Eltern auf ihre diversen Auslandsreisen begleitet hatte. Beth und sie hatten sich die Zeit mit Ratespielen vertrieben. Das war eine ihrer wenigen schönen Erinnerungen an Beth.
Es hatte ein paar Tage gedauert, ehe sich Lauren so weit beruhigt hatte, dass sie in der Lage war, in Bricksville anzurufen. Beth befand sich wieder in der Abteilung für geistig abnorme Rechtsbrecher, war nun allerdings in einer streng bewachten Einzelzelle untergebracht. Zu ihrem eigenen Besten, aber auch zum Schutz der anderen Insassen, hatte es geheißen. Lauren konnte die Beweggründe dafür nachvollziehen. Sie war auch nicht weiter überrascht gewesen, als der Anwalt ihrer Schwester sie darüber informiert hatte, dass die Liste der strafbaren Vergehen, die sie sich zuschulden hatte kommen lassen, weiter angewachsen war.
Es war Lauren zwar nicht leichtgefallen, aber sie hatte dem Anwalt klargemacht, dass sie kein Geld mehr für die Verteidigung ihrer Schwester zur Verfügung stellen konnte. Wenn das bedeutete, dass Beth künftig auf die Fähigkeiten eines Pflichtverteidigers angewiesen war, dann konnte sie das auch nicht ändern. Es war nicht so, dass sie nichts mehr mit ihrer Schwester zu tun haben wollte. Sie waren Blutsverwandte, und Lauren liebte sie. Vielleicht liebte sie aber auch nur die Schwester, an die sie sich von früher erinnerte. Eines stand jedenfalls fest: Beth war eine geistig abnorme Verbrecherin, auch wenn es Lauren schwerfiel, das alles zu verstehen. Aber sie hatte inzwischen begriffen, dass sie keine Verantwortung dafür trug. Schade fand sie lediglich, dass sie so lange die Augen vor den Tatsachen verschlossen hatte.
Sie schüttelte verärgert den Kopf und ermahnte sich zum wiederholten Male, nicht mehr daran zu denken.
Um sich abzulenken, erhob sie sich und schlenderte zu einem der Kioske. Sie kaufte sich eine Flasche Wasser und ein paar Zeitschriften für den langen Flug und kehrte dann zu ihrem Sitzplatz zurück, wo sie sich die Kopfhörer ihres iPod in die Ohren steckte und in der neuesten Ausgabe der Vogue zu blättern begann. Doch zum ersten Mal in ihrem Leben konnte die Welt der Mode sie nicht fesseln. Immer wieder musste sie an die jüngsten Ereignisse denken, an den Brand, ihre Schwester – und an Jason.
Vor allem an Jason.
Sie war so in Gedanken versunken, dass sie vor Schreck beinahe vom Stuhl gekippt wäre, als ihr plötzlich jemand auf die Schulter tippte.
Sie riss sich die Kopfhörer aus den Ohren, hob den Kopf – und blickte geradewegs in Jasons
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