Mach doch - Roman
Ist es das, was du willst?« »Nein, natürlich nicht.«
Mit einem Mal lichtete sich der Nebel in Jasons Kopf, und zwar nicht etwa der alkoholbedingte. Endlich erkannte er, wie dämlich er sich verhalten hatte.
Mike und Derek hatten Recht. Was nützte es ihm schon, sich neue Ziele zu setzen, wenn er sie ohne Lauren verfolgen musste? Hatte er diesen Weg nicht schon einmal eingeschlagen, als er zu jung und zu dumm gewesen war, um zu verstehen, was er dafür aufgab?
Wollte er wirklich noch einmal denselben Fehler machen?
Nein.
Er würde jetzt sofort unter die Dusche springen, und dann würde er einen Flug nach New York buchen, oder nach Paris, je nachdem, wo sich Lauren gerade aufhielt.
Wortlos drehte er sich um und marschierte hinauf ins Bad.
»Ich glaube, er hat es endlich begriffen«, hörte er Mike sagen.
Derek lachte. »Wird auch langsam Zeit.«
Jason dagegen war nicht zum Lachen zumute. Im Gegensatz zu seinen Cousins kannte er nämlich den Grund für Laurens tiefe Verunsicherung und wusste, warum sie sich nicht davon befreien konnte. Und er hatte ihr trotzdem eine Absage erteilt. Es machte keinen Unterschied, dass er es getan hatte, weil er fürchtete, nicht gut genug für sie zu sein, denn das war in ihren Augen kein Kompliment. Er hatte sich geweigert, sie zu akzeptieren; das zu akzeptieren, was sie war. Und das war aus ihrer Perspektive ein schlimmes Vergehen. Aber hoffentlich kein unverzeihliches.
Es kam Lauren so vor, als sei sie ein ganzes Jahr weg gewesen. Sie verbrachte ein paar Tage in New York, fühlte sich in ihrer winzigen Wohnung aber einsam und unwohl, nachdem sie die vergangenen Wochen mit Jason das riesige Haus ihrer Großmutter bewohnt hatte. Also beschloss sie, schon etwas eher nach Paris aufzubrechen. Der Ortswechsel würde ihr hoffentlich helfen, wieder zu sich selbst zurückzufinden.
Denn seit ihrer Reise nach Massachusetts war sie nicht mehr dieselbe. Sie war nach Stewart gefahren mit dem Ziel, den Hausverkauf möglichst rasch über die Bühne zu bringen und dann in ihr Leben in New York zurückzukehren. Doch dieses Leben erschien ihr nun weit weniger erfüllend, als sie es in Erinnerung hatte. Sie hasste Jason dafür, dass er ihr die Freude daran genommen hatte. Sie musste die ehrgeizige Modeschöpferin wiederentdecken, die nur für ihre
Ziele lebte und dafür, der Elite in ihrer Branche anzugehören.
Sie konnte sich gar nicht erinnern, wann sie ihren letzten Entwurf gezeichnet hatte. Und warum hatte sie sich noch keine Gedanken darüber gemacht, woran sie nach der Modenschau in Paris arbeiten wollte? Sie hatte ihre Karriere vernachlässigt, um für ihre Familie da zu sein. Und was hatte sie jetzt davon?
Halt, halt, halt. Du hattest dir doch vorgenommen, wegen der Entscheidungen, die du getroffen hast, nicht mit dir zu hadern, ermahnte sie sich. Sie war ihren familiären Pflichten nachgekommen, und sie konnte mit diesen Entscheidungen leben. Alles andere war unerheblich.
Es war Zeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und nach vorn zu blicken. Sie hatte ihre Zeichenblöcke eingepackt. Bestimmt würde der Aufenthalt in Frankreich sie inspirieren und ihr helfen, Ordnung in das Chaos in ihrem Kopf zu bringen. Sie würde neue Leute kennenlernen, ihren Horizont erweitern. Und hoffentlich über Jason Corwin hinwegkommen, der ihr nun zum zweiten Mal das Herz gebrochen hatte.
Sie presste sich die Hände an die Schläfen. Okay, es würde wohl schwieriger als befürchtet werden, Jason zu vergessen. Aber sie hatte sich geschworen, nicht allzu viel Zeit darauf zu verschwenden. Und sei es nur, weil man die Vergangenheit nicht umschreiben konnte. Vor allem, weil sie in diesem speziellen Fall hätte wissen müssen, dass es unklug war, Jason ihr Herz anzuvertrauen.
Sie sah auf die Uhr. In einer halben Stunde würde sie in ein Taxi steigen und zum Flughafen fahren. Sie holte sich eine Limo aus dem Kühlschrank und ließ sich damit auf der Couch nieder, um noch ein wenig fernzusehen. Da gerade keine sehenswerten Sendungen kamen, schaltete sie schließlich auf einen Nachrichtenkanal. Der Sprecher verkündete soeben die aktuellen Ergebnisse aus dem American Football, dann kam er auf die olympischen Winterspiele im Februar 2010 zu sprechen. Na toll, ihr Lieblingsthema. Das würde ihr garantiert nicht dabei helfen, Jason zu vergessen.
Sie griff nach der Fernbedienung, um umzuschalten, als ein Foto von einem Mann über den Bildschirm flimmerte. Darunter stand ein Name, der ihr sogleich ins
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