Mach doch - Roman
es«, antwortete Lauren mit einer tiefen, rauchigen Stimme, die ihr selbst fremd vorkam.
Lauren hatte seine Wirkung auf sie total unterschätzt. Als sie sich vorhin mit weichen Knien zu Jason gesellt hatte, um ihn aus der Nähe in Augenschein zu nehmen, hatte sie nicht erwartet, dass sie die Begegnung derart aus der Bahn werfen würde. Es war naiv von ihr gewesen, anzunehmen, dass er ihr gleichgültig sein würde, zumal er inzwischen kein Teenager mehr war, sondern ein gestandener Mann. Zum Glück konnte sie, hinter ihrer Maske versteckt, mit ihm flirten, bis sie das alles verdaut hatte.
»Was treibt eine so schöne junge Frau wie du auf dem Jahrmarkt eines unbedeutenden Nests in Massachusetts? «, erkundigte er sich, während sich die Schlange langsam vorwärtsbewegte.
Sie schluckte. »Ich bin bloß auf der Durchreise«, erwiderte sie bewusst vage.
»Da habe ich ja verdammt Glück gehabt«, murmelte er.
Der Klang seiner tiefen Stimme verursachte ihr eine Gänsehaut und erinnerte sie an heiße Küsse, wildes
Geknutsche und die Nacht, in der er sie entjungfert hatte.
Jason war ihr erster Mann gewesen, und sie hatte ihn nie vergessen, so oft sie es sich auch einzureden versucht hatte. Aber sie erinnerte sich auch noch allzu gut an ihren Kummer, als sie zurückgekommen war und feststellen musste, dass er verschwunden war.
Als die Band »Dark Lady« von Cher anstimmte, streckte er ihr die Hand hin. »Tanz mit mir.«
Es war keine Frage, sondern ein Befehl.
Seine raue Stimme klang mehr als verführerisch und schickte wohlige Schauder durch ihren Körper. Sie hatte Schmetterlinge im Bauch, wie früher, wenn sie sich spät nachts aus dem Haus ihrer Großmutter geschlichen hatte, um ihn zu treffen.
Und er sprach noch immer mit derselben Bestimmtheit wie damals, als er ihr von seinen Plänen erzählt hatte. Er hatte von Vail geredet, von Bud Keene, dem Coach seiner Träume, dem er seine Fähigkeiten hatte demonstrieren wollen. Jason Corwin war ein Mann, der seine Ziele mit blinder Entschlossenheit verfolgte.
Er wartete mit ausgestrecktem Arm ab.
Ein Tanz, dachte sie. Eine Gelegenheit, sich nach all der Zeit wieder in seine Arme zu schmiegen.
Sie ergriff seine Hand.
Er führte sie auf die Tanzfläche, die man mitten auf dem Festgelände errichtet hatte, zog sie an sich und verschränkte die Finger mit den ihren. Schon glitten sie zu den Rhythmen des romantischen Songs übers Parkett, Arm in Arm, Brust an Brust.
Lauren schauderte erneut, als sie Jasons harten Körper spürte. Ihr wurde warm, ihre Sinne waren geschärft. Sie versuchte, sich ganz auf den Moment zu konzentrieren, auf das köstliche Kribbeln, das seine Berührungen in ihr auslösten.
Sie waren nicht das einzige Paar auf der Tanzfläche, doch Lauren hatte nur Augen für ihn. Es kam ihr so vor, als wären sie mutterseelenallein auf der Welt. Sie fühlte sich mit einem Mal so lebendig wie schon seit Jahren nicht mehr, spürte, wie eine stürmische Leidenschaft in ihr erwachte, eine Euphorie, die sie lange vermisst hatte, eine überwältigende Sehnsucht nach ihm.
Als ihr damals klargeworden war, dass Jason verschwunden war, hatte sie sich geschworen, dass sie nie wieder einem Mann ihr Herz schenken würde. Sie hatte ihr Leben im Zeitraffer gelebt, hatte sich nie genügend Zeit genommen, um ihre Mitmenschen – Männer wie Frauen – richtig kennenzulernen, und mit dieser Strategie war sie gut gefahren. Man musste kein Psychiater sein, um zu durchschauen, warum sie sich so verhielt. Wozu sollte sie jemanden an sich heranlassen, wenn die Leute über kurz oder lang genau wie ihre Familie doch nur zu dem Schluss kommen würden, dass sie Fehler hatte. Wenn man sie wie Luft behandelte, sobald es Wichtigeres gab als sie? Die Männer waren gekommen und gegangen, wenn sie Zeit für Sex oder eine kurze Beziehung gehabt hatte.
Und jetzt war Jason plötzlich wieder in ihr Leben
getreten, hatte sie verzaubert, verhext; und auf einen Schlag waren ihre Erinnerungen an Beth, ihre familiären Probleme verblasst, hatte sie ihre Abneigung gegen diese Stadt genauso vergessen wie den Grund für ihren Aufenthalt hier.
Das war nicht ihre Absicht gewesen. Sie hatte lediglich einen kurzen Blick auf ihn werfen wollen, hatte sehen wollen, ob er sich verändert hatte. Doch dann hatten sich ihre Blicke gekreuzt, und von diesem Moment an hatte sie die Kontrolle über sich selbst und ihre Gefühle verloren.
»Erzähl mir von dir«, sagte er und holte sie damit zurück in die
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