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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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sie da und spielten schweigend Karten. Keinen zog es hinaus in den Regen, also bestellten sie einen weiteren Schnaps, aber der Wirt wollte nach Hause und schenkte ihnen nicht mehr ein, so mussten sie schließlich doch die Kragen hochstellen und sich mit eingezogenen Köpfen auf den Weg machen.
    Eine schwere Hand fiel auf Andrejkos Schulter. Paľo   … Der alte Holzfäller konnte sich kaum auf den Beinen halten, er hielt sich an Andrejko fest.
    Du   … Andrej, sagte er mit schwerer Zunge, weißt du was   … am Sonntag, da nimmst du deine Frau und die Kleine, und kommst in die Kirche   … ich mach das alles klar   …
    Andrejko, durchfroren und durchnässt, stützte ihn. Paľo war schwer, er konnte sich kaum auf den Beinen halten   … Paľo als Patenonkel   … Schon kurz nach Darjas Geburt hatte er es ihm angeboten, später haben sie irgendwie nicht mehr daran gedacht, dabei gab es in Poljana kaum jemanden, der nicht getauft war im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen. Auch er, Andrejko, war in das kalte Taufwasser getaucht worden   … Aber Paľo hatte es nicht vergessen, Paľo war ein guter Gadsche, und er würde auch ein guter Patenonkel sein. Ein paar Tage zuvor hatte er Andrejko gefragt, ob er nicht ins Dorf ziehen wolle, er, Paľo, würde ihm helfen, eines der alten, seit Jahren unbewohnten Häuser mit eingestürztem Dach zu reparieren. Das war kein leeres Stroh, das er da gedroschen hatte, Paľo war geradeheraus, wenn der einem die Hand reichte, war es kein schlaffer Händedruck; wenn seine schwielige Pranke mit den eingewachsenen Splittern zudrückte, knackte es einem in den Fingergelenken. Paľo würde lieber seine Seele aufgeben, als sein Wort zurückzuziehen   …
    |311| Er wollte sich nochmals bei ihm bedanken und blieb in der Tür stehen, aber er geriet ins Stottern, also drückte er Paľo nur dankbar die Hand. Doch die Beklommenheit fiel von ihm ab, die ganze Last des heutigen Tages, auf einmal war er froh, ins Dorf gegangen zu sein, es wärmte ihn, dass man ihn mit an den Tisch gebeten hatte. Die Männer sahen nicht mehr nur einen Zigeuner in ihm, wie damals, als sie nach Poljana gekommen waren, sondern einen der Ihren, einen Menschen namens Andrej Dunka. Und wenn Männer, die wissen, was sie sagen, das Wort Zigeuner in den Mund nehmen, ist es auch kein Schimpfwort. Nur Hitzköpfe wie Marián und Imro und Onkel Štefan springen bei so einem Wort wie tollwütige Hunde hoch, nur die ziehen gleich das Messer, wenn sie aus dem Mund eines Gadsche das Wort Zigeuner hören   … Der alte Laco, der mit Pferden reden konnte, der war immer stolz darauf gewesen, ein Zigeuner zu sein, auch Lavička, dem die weisen Frauen und die
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eine Geige in die Wiege gelegt hatten, war stolz darauf, und sogar Mitro Demčak, ein Ruthene und Gadsche, brüstete sich damit, dass es ihm vergönnt gewesen war, unter einem Zigeuner-Primas zu spielen   …
    Paľo, Paľo   … In diesem Moment hätte Andrejko sein letztes Hemd mit ihm geteilt.
     
    Die ganze Nacht wälzte sich Darja unruhig in ihrem Bettchen, manchmal weinte sie sogar oder rief nach ihrer Mama. Anetka und Andrejko standen immer wieder auf, um nach ihr zu sehen. Als der Wecker klingelte, schimpfte Andrejko leise vor sich hin, zog sich an und steckte sich ein Stück Brot in die Tasche. In der Tür schloss er seine Liebste ein letztes Mal in die Arme, er streichelte ihren Kopf und den dicken Bauch unter der Strickjacke, die sich nicht mehr zuknöpfen ließ. Anetka schmiegte sich an ihn und flüsterte: Andrejko, |312| bleib hier, geh nicht weg, ich habe Angst
, e dar avel pre iro jilo
… Ich weiß nicht, warum, aber ich habe Angst, geh da bitte nicht hin   … Er redete beruhigend auf sie ein, alles wird gut, sagte er, sie solle sich keine Sorgen machen. Dann riss er sich schweren Herzens los und verschwand im Wald.
    Der Kyčera und der ihm gegenüberliegende Čierťaž waren in einen nassen Morgennebel eingehüllt, der dick war wie frisch gemolkene Milch.
    Die Männer merkten gleich, dass etwas nicht stimmte, und nach der Frühstückspause legte Paľo Andrejko die Hand auf die Schulter und brachte ihn zu einer hundertjährigen Eiche am Rand der Lichtung, der Baum war so dick, dass zwei Männer ihn nicht umarmen konnten. Paľo blickte hoch in die silbernen Äste, die im Nebel verschwanden, und blinzelte, dann nahm er seine Axt, strich prüfend über die Schneide und reichte sie Andrejko. Andrejko umrundete den breiten

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