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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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ihr liefen die Tränen herunter. Als Andrejko abends von der Arbeit kam, zeigte sie verweint Richtung Dorf, und mit zusammengeschnürter Kehle machte er sich auf den Weg, zuerst rannte er, dann verlangsamte er den Schritt, bis er sich nur noch dahinschleppte und |307| hoffte, dass Anetka sich geirrt hatte. Aber der schlammbedeckte Kadaver, der im Graben lag, war tatsächlich ihr Kater. Vielleicht hatte ihn ein Auto erwischt und jemand hatte ihn von der Straße geschoben? Andrejko drehte das Tier vorsichtig um, und es wurde ihm ganz dunkel vor Augen, weil der Kater keinen Schwanz mehr hatte. Sein wunderschöner Schwanz fehlte, den er wie einen Schmuck getragen hatte, wie eine Fahne, die er hin und her schwenkte, wenn alles gut war, und die er wütend in die Höhe reckte oder mit der er erbost die Erde peitschte, wenn er mit etwas nicht einverstanden und im Begriff war, seine scharfen Krallen auszufahren. Durch diesen Schwanz hatte der Kater zu ihnen gesprochen   …
    Andrejko hielt den verstümmelten toten Körper im Arm, unglücklich und wütend sah er sich um, bei wem wohl der Schwanz zu holen wäre. Hätte er eine Axt zur Hand gehabt, er wäre mit ihr losgezogen   … Aber weit und breit war niemand zu sehen, nicht einmal ein Huhn oder eine Ente liefen vorbei, an denen er seine Wut hätte auslassen können.
    Erst nach einer Weile riss er sich das Hemd vom Leib, wickelte den steif gewordenen Kater hinein und trug ihn mit gesenktem Kopf nach Hause.
    An dem Abend füllten sie keine Milch in der Schüssel nach.
    Andrejko schenkte sich und Anetka Schnaps ein und sagte, das sei wegen der alten Procházková passiert, damals in Žižkov, von all den Mietern wäre nur noch die Alte da gewesen, sie hätte immer was zu meckern gehabt, bis es die Cousins nicht mehr aushielten und sich einmal, als die Alte gerade nicht da war, ihren Kater schnappten und ihn bei lebendigem Leibe an die Tür nagelten, mit ausgebreiteten Pfoten hätten sie ihn gekreuzigt, bald ist Ostern, hätten sie gesagt, dann muss die Alte wenigstens nicht zur Kirche   …
    |308| Sie saßen sich gegenüber, schnippten sich eine Papierkugel aus zusammengeknülltem Zeitungspapier über den Tisch zu, starrten zu Boden und schwiegen. Andrejko spielte unruhig mit der Zeitung, immer wieder knüllte er die Seiten mit den Nachrichten, Kommentaren und dem Politikergeschwätz zusammen, um sie gleich wieder zu glätten, bis Anetka aufstand und sich zu ihm setzte. Sie streichelte seine Hand und legte sie auf ihren Bauch, der schon wieder schön rund war, sie schmiegte sich an ihn und flüsterte: Spürst du’s?   … Weißt du noch, damals im Winter, in der Nacht, ich   … ich konnte nicht mehr   … aber dann träumte ich, dass ich auf heißem Sand lag, und die Sonne brannte und wurde immer größer   … Und ich bin froh, dass du mich nicht schlägst, dass du nicht wie die anderen bist, dass du kein echter Kerl bist   … Ich bleibe jetzt zu Hause, ich hab dich lieb, mein Andrejko   …

|309| 24.
    Der Herbst hielt Einzug und mit ihm die Nässe und der ewige Regen; tagelang regnete es Bindfäden, eine düstere Allerheiligenstimmung machte sich breit. Schon seit dem Vortag lag etwas in der Luft, etwas Ungutes und Böses, irgendetwas schien im Dunkeln vor der Tür zu lauern, Andrejko lief unruhig im Wohnwagen auf und ab. Er zog sich an und ging nach draußen, eine Weile blieb er im strömenden Regen stehen, der eisige Wind sauste ihm in den Ohren, dann machte er sich auf ins Dorf.
    Im Wirtshaus brannte noch Licht. Die Männer saßen um den Tisch herum und spielten Karten, darunter Paľo Jasenčák und der junge Šaňo. Andrejko blieb in der Tür stehen und fuhr sich mit dem Ärmel übers Gesicht, die verräucherte Luft ließ seine Augen tränen. Als Šaňo ihn erblickte, klopfte er gleich auf den Tisch, damit der Wirt auf ihn aufmerksam wurde, mit erhobenem Finger bestellte er eine neue Runde Wacholderschnaps. Der Wirt stellte die Gläser auf den Tresen und schenkte ein. Da erhob sich Paľo Jasenčák, drückte Šaňo, der gerade aufstehen wollte, zurück auf seinen Stuhl und wankte zum Tresen, dort blätterte er das Geld hin, und mit einer Handbewegung bedeutete er dem Wirt, er könne den Rest behalten. Dann nötigte er Andrejko ein Glas in die Hand, nahm selbst die anderen zwischen die Finger und machte eine Kopfbewegung zum Tisch hin. Die Männer |310| kippten den Schnaps herunter, Andrejko musste husten, so stark brannte er in seiner Kehle, und dann saßen

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