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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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auf die Weide, ob seine eigenen oder die von den Nachbarn, das spielte für ihn keine Rolle. Die Schafe gehörten zu ihm, ähnlich wie eine Ehefrau, die im Laufe der Jahre Teil des eigenen Lebens wird. Seine wahre Liebe aber galt den Pferden. Er selbst redete wenig, aber wann immer im Wirtshaus das Gespräch auf Pferde kam, leuchteten seine Augen auf. Einen ähnlichen Glanz in den Augen kannte man auch von den Dunkas, den einstigen Nachbarn, die vor langer, |106| langer Zeit mit ihren
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, den flinken, von kleinen Pferden gezogenen Korbwagen aus der ungarischen Puszta nach Poljana gekommen waren. Keiner konnte so gut wie sie aus dem Rest eines Stahlreifens oder aus einer alten Hacke einen Huf schmieden, keiner vermochte so rasch einen wild gewordenen Hengst zu beruhigen, keiner verstand besser als sie, was ein Pferd sagen wollte, wenn es seine Mähne schüttelte oder die Ohren drehte. Und auch nur ihnen gelang es, nachts eine Stute oder ein Fohlen von der Koppel wegzulocken, um sie im nächstgelegenen galizischen Dorf an einen Pferdehändler zu bringen.
    Früher hatte Juraj auch Zugpferde gehalten, zum Anspannen oder für den Holztransport, damit er im Winter einer Arbeit nachgehen konnte, wenn die Bauern keinen Hirten brauchten, doch dann tauchten die ersten Traktoren in Poljana auf, und es war vorbei mit den Pferden und auch mit den Zigeunern, weil ein Traktor weder beschlagen noch gestriegelt noch im Fluss gebadet werden musste.
    Als die Nachbarn hörten, dass der alte Bielčik einen Zigeunerbengel bei sich aufgenommen hatte, gerieten sie außer sich vor Zorn. Ist erst einmal einer da, fuchtelten sie mit den Armen, kommt gleich die ganze Sippe hinterher. Sie stritten sich ein paar Tage lang, wer es der Polizei melden sollte, am Ende ließen sie es aber sein. Laut ausgesprochen hatte es keiner, aber jeder wusste, dass Andrejko in Poljana geboren und getauft worden war, dass er neben ihnen gelebt hatte und dass sie ihn jetzt nicht einfach so wegschicken konnten   … Die Frauen rechneten aus, dass Andrejko in jenen unglücklichen Tagen zur Welt gekommen war, als Dezider Dunka Bielčiks Fohlen von der Koppel geklaut hatte und die Männer mit Stöcken und Äxten in die Siedlung gezogen waren, damals, als in einer Ecke des Friedhofs zwei kleine, aus Holzbrettern |107| gezimmerte Kreuze aufgestellt worden waren. Als eines Tages vor Jurajs Tür ein Sack mit abgetragener Kleidung stand, damit der Kleine im Winter was zum Anziehen hatte, da war die Polizei schon längst kein Thema mehr.
    Zur Obrigkeit war es in Poljana immer ein weiter Weg. Das Dorf war ruthenisch, aber die Sprache, die man auf dem Amt und in der Schule benutzte, war seit Menschengedenken eine andere. Unter dem Kaiser sprach man Ungarisch, in der Ersten Tschechoslowakischen Republik wurden tschechische Gendarmen und Lehrer in die Gegend geschickt, und während des Zweiten Weltkriegs kamen die Ungarn wieder zurück. Nach Kriegsende gaben die Kommissare der Roten Armee ein kurzes Zwischenspiel; sie wurden allerdings rasch durch die Kommunisten ersetzt, die hier nun seit Jahrzehnten mit grimmiger Miene wüteten, weil sie in kaum einem Dorf die Produktionsgenossenschaft aufrechterhalten konnten, weil es ihnen nicht gelingen wollte, den ruthenischen Dickschädel zu brechen   … Konflikte löste man besser zu Hause, darüber war man sich in Poljana einig, im schlimmsten Fall auch mithilfe von Fäusten, Stöcken oder Äxten, die Behörden behelligte man lieber nicht. Denn fast jeder in Poljana brannte seinen Schnaps selbst, legte Fangschlingen im Wald aus oder brachte Zigaretten über die Grenze, um im Gegenzug die Heilige Schrift und Marienbilder ins Land zu schmuggeln. Am besten, man steckte dem Finanzbeamten gleich eine Schachtel Zigaretten oder eine Flasche Schnaps in die Tasche und hoffte inständig, der feine Herr werde das eine und am besten auch das andere Auge zudrücken.
    So wurde Andrejko also im Dorf aufgenommen, mit Zurückhaltung und viel Misstrauen, wie ein fremdes Junges in einem Wolfsrudel. Aber der alte Juraj genoss großes Ansehen, sein Wort war etwas wert, und als er sich in der Schenke |108| aufrichtete und sagte, lasst den Jungen gefälligst in Ruhe, er geht euch nichts an, nur mich, da verstummten die Männer allmählich und Andrejko durfte bleiben. Doch nicht alle waren froh darüber. Am lautesten hielten Jurajs Nachbarn dagegen, der alte Jankura und seine Söhne Vlado und Saša, auch Jurajs Sohn Ivan war nicht einverstanden.

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