Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
Vom Netzwerk:
über, und eine Woche später fuhren sie schon gemeinsam hinaus. Andrejko lungerte an der Haltestelle herum, ließ eine Straßenbahn nach der anderen fahren und wartete, bis Marketa auftauchte, um sich dann laut darüber zu wundern, dass sie beide zur gleichen Zeit gekommen waren. Einmal ließ er Tibor und Anetka zu Hause und ging mit seiner Angebeteten spazieren, er duftete |177| nach Seife, und Anetka knallte wütend die Tür hinter ihm zu   … Hand in Hand liefen die beiden am Fluss entlang, spazierten durch den Park und durch das Viertel, nur vor ihrem Haus stehen bleiben wollte Marketa nicht. Mein Papa würde mich umbringen, sagte sie, der würde das nicht verstehen   … und Andrejko trat verlegen von einem Fuß auf den anderen und wusste nicht, was er sagen sollte.
    Die Liebe brach über Andrejko herein wie ein Sturm aus heiterem Himmel. Er selbst hätte nie an ein weißes Mädchen gedacht, auch wenn sie in seinen nächtlichen Träumen und Fantasien durchaus eine Rolle spielten. Und er beeilte sich zu vergessen, wie er noch gestern gezittert hatte vor Angst, alles kaputt zu machen, vor Angst, unter seinen ungeschickten Händen würde dieser Traum in tausend Teile zerspringen, in tausend scharfe Splitter   …
    Marketa war keine Wintersonne, die tief über dem Horizont hing. Marketa war der unerbittliche Sonnenschein eines heißen Sommers, eine glühende Sonne, die verbrannte Erde hinterließ. Blitze rissen den nächtlichen Himmel auf, die Fluten durchbrachen den Damm und nahmen hundertjährige Eichen mit sich, der Wald brannte lichterloh, und keiner vermochte mehr den Brand zu löschen, Andrejko irrte durch die Straßen, er schwebte über den Dächern und stürzte zugleich aus schwindelerregender Höhe in eine bodenlose Tiefe. Wenn er an Marketas Seite ging, konnte er kaum atmen. Jeder Schritt schmerzte ihn, aber er biss die Zähne zusammen und versuchte, sorglos dreinzublicken. Marketas Nähe quälte ihn, sowohl in seinem Herzen als auch in seinen Lenden.
    Fast alle auf der Straße drehten sich nach ihnen um: sie mit ihren blauen Augen, strohfarbenen Haaren und Sommersprossen auf der Nase, er schwarz wie Schuhcreme. Die Freundinnen zogen Marketa auf, wie könne sie bloß, sie selber |178| würden nie, aber auch niemals   – doch als sie merkten, dass es ihr nichts ausmachte, fragten sie sie unauffällig aus, und statt sich über das Paar das Maul zu zerreißen, wurden sie neidisch, sie beneideten Marketa um Andrejko, so wie man einen anderen um eine neue Jeans oder einen teuren Tennisschläger beneidete. Marketa war mit einem Zigo zusammen, das war was   … Auf der Straße hakte sie sich bei ihm unter, kaute Kaugummi und beobachtete die Reaktionen der Leute. Viele blieben stehen und sahen sich entrüstet nach ihnen um: Haben Sie gesehen, die Jugend von heute, die kennt keine Scham, so was hat es zu unserer Zeit nicht gegeben   …
    Andrejko lief mit dem schönsten Mädchen von ganz Pilsen durch die Stadt und bemerkte die säuerlichen Mienen der Passanten nicht, nicht die Wut und den Neid in ihren Augen. Er kletterte auf das Brückengeländer und wollte ins Wasser springen, so weh tat Marketa ihm im Herzen, und im selben Moment hätte er am liebsten die ganze Straße in die Arme geschlossen, Menschen, Bäume, sogar jeden Laternenpfahl, die ganze Welt hätte er umarmt, weil er so glücklich war. Er bebte bis in die Fingerspitzen, in seinen Schläfen pochte das Blut, und sein ganzes Leben verdichtete sich zu einer einzigen Sekunde, weil alles zuvor ein anderer erlebt hatte   … Er war nicht mehr allein. Mit weit geöffneten Augen blickte er direkt in die Sonne, zu seiner Marketa. Marketa!, schrie er, bis sich die Menschen auf der Straße umdrehten, Marketa!, schrie er im Schlaf.
    Anetka, seine kleine Cousine, wachte davon auf und sah ihn den ganzen Tag böse an, aber Andrejko bemerkte es nicht. Die kurzen, heißen Sommernächte machten ihn krank, die Sonne, die sich morgens und abends in blutrotem Bettzeug räkelte, Marketa und mit ihr die ganze Welt quälten ihn und stellten sein ganzes Leben auf den Kopf   …
    |179| Marketa wollte hören, wie groß seine Liebe war, und er hätte ihr am liebsten ins Ohr geflüstert, dass sie alles für ihn war, dass jede Minute und Sekunde, die er ohne sie verbracht hatte, nicht zählte, dass er ihre Schönheit und ihren Duft kaum ertragen konnte, dass ihre Augen und ihre Haare zum Verrücktwerden waren, dass er schon viele Nächte durchwacht hatte und man ihn

Weitere Kostenlose Bücher