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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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zurückglitten, er ratterte ins Gelobte Land, das irgendwo im Osten lag, und ließ den lausigen Alltag endlich hinter sich   …
    Einige wurden auch direkt aus der Kaserne eingeliefert.
    Der stotternde Jožin etwa war unweit von Pilsen stationiert, in Janovice im Böhmerwald, und dort hatte er sich eine so schwere Lungenentzündung geholt, dass er kaum das Bett verlassen konnte, aber nach drei Tagen Krankenstation warf man ihn hinaus, weil die gesamte Kompanie zum Wintermanöver ausrücken sollte. Als sich der arme Jožin die eiskalte Ladefläche auf dem Laster vorstellte, als er sich die Stiefel der Älteren putzen oder mit der Zahnbürste Kloschüsseln |213| schrubben sah, als er daran dachte, wie man ihn wieder zwingen würde, auf dem Fußboden zu robben und zwischen den Pritschen Haltestellen zu melden, da schloss er sich auf der Toilette ein, schlug mit dem Ellbogen das Fenster aus und schnitt sich mit einem der Splitter ins Handgelenk. Zum Glück wurde das Blut unter der Tür bemerkt   …
    Mirek aus Budějovice hatte einen internationalen Klavierwettbewerb gewonnen, bevor er zur Panzerbrigade eingezogen worden war; bei einem nächtlichen Alarm fiel ihm der Lukendeckel auf die Hand und zerquetschte ihm die Finger. Mirek brach zusammen, er wollte nicht mal in die Rehaklinik, er wollte einfach nicht mehr leben, also brachte man ihn direkt aus dem Krankenhaus in die Klapse. Seinen Eltern stellte man später sogar noch seine Ausstattung in Rechnung, die sich nach dem Unfall jemand unter den Nagel gerissen hatte: Von der Uniform über die Tarnkleidung und die Stiefel bis hin zu den grünen Boxershorts und der Schuhcreme war alles genau aufgelistet   …
    Martin wiederum lief von einem zum anderen und zog eine schmuddelige Weltkarte unter seinem Pyjama hervor, er versuchte alle davon zu überzeugen, sich mit ihm nach Colorado oder Arizona aufzumachen, oder zum Susquehanna River, der verträumt durch die Landschaft fließe, dahinter breite sich die Prärie aus, bis zum Horizont, schon von Weitem höre man dort die riesigen Indianertrommeln, gleich abends könnten sie losmarschieren, bei Einbruch der Dunkelheit, sie müssten sich bloß durch den Stacheldraht an der Grenze schneiden, das seien läppische paar hundert Meter, die restlichen fünfzehntausend Kilometer, über die brauche man sich nicht den Kopf zu zerbrechen, das sei nur noch ein Katzensprung   …
    Und dann war da noch Petr, der etwa ein halbes Jahr zuvor mit seinem Augenlicht auch den Verstand verloren hatte, als |214| er vom Wachturm aus die gen Süden ziehenden Wildgänse beobachtet und sein Fernglas direkt in die Sonne gerichtet hatte.
    Nicht schlecht, Mensch, murmelte einer, als Andrejko eines Abends erzählte, dass er genau solche Wildgänseformationen vor sich sehe, wenn er die Augen schließe   … Die Männer lagen auf dem Rücken, starrten zur Decke, und keiner merkte, dass Petr leise ins Kopfkissen weinte.
    Morgens fanden sie ihn auf der Toilette. Er hing am Stoffgürtel seines Morgenmantels, dessen eines Ende er an der Metallkonstruktion der Kabine befestigt hatte, seine Beine steckten in der Schüssel, und sein ausgemergelter Körper war starr und unnatürlich verbogen. Seine blinden Augen sahen wie stumpfe Glasmurmeln aus   …
     
    Er war ja gar nicht blind, sagte am nächsten Tag Vašek zu Andrejko, wenn du einmal in die Sonne geblickt hast, dann kannst du nie mehr was anderes sehen   … Wusstest du, dass er mit seinem Vater an einem Schiff gebaut hat? In ihrer Scheune, wo man sonst die alten Leiterwagen oder Stroh fürs Vieh aufbewahrt, hatten sie ein riesiges Segelschiff stehen, viele Jahre haben sie dran gebaut, und dabei wussten sie, dass sie das Schiff nie zu Wasser lassen würden, dass sie nie die Erlaubnis bekommen würden, es zum Meer zu bringen   …
    So einen Vater hätte ich gern gehabt, fügte Vašek leise hinzu und blickte in die Ferne, einen Vater, der sein ganzes Leben lang an einem Schiff baut, obwohl er weiß, dass es nie in See stechen wird, und eine Mutter, die abends keine Socken stopft oder sich irgendwelche Krimis reinzieht, sondern Schiffssegel durch die Nähmaschine jagt   …
    Wenn wenigstens meine Kinder einen solchen Vater haben könnten   …
    |215| Auf einmal sagte er hastig: Gott ist der Weg, Gott ist deine Suche nach dem Weg   … der Weg gehört nicht ihnen, sondern dir, und keiner, verstehst du, keiner auf der ganzen Welt hat das Recht, dir nur ein einziges krummes Wort zu sagen, wenn du mit

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