Mach mal Feuer, Kleine - Roman
wie clever sie sind, dass sie sich verneigen und dabei in Gedanken die Herrschaften mutig zur Hölle schicken …
Wach auf, Mann, schrie Vašek und schüttelte den überraschten Andrejko, pass auf, dass man dich nicht kriegt, dass man deine Gänse nicht mit irgendwelchen Tabletten wegradiert! Du bist doch kein sabbernder Idiot, du kannst doch noch sehen, du bist nicht wie … wie die …
Eines Tages kamen Andrejkos Kollegen aus der Brauerei vorbei. Sie waren alle schon leicht angetrunken, quetschten sich in den Besucherraum und ließen Andrejko nicht mal zu Wort kommen, stattdessen schwärmten sie von den Ärzten und dem Personal, was für ein nobles Hotel mit perfektem Service das hier sei, man komme sich von wie im Sanatorium, es |218| fehle nur noch eine Pipeline direkt von der Brauerei … Mach dir keine Sorgen – bald knallt’s, und dann lassen sie dich gehen, zwinkerte ihm Tonda zu, einer der Arbeiter. Klar, einsperren kann man, gehen lassen muss man, pflichtete ihm ein anderer bei, der Raum dröhnte unter ihrem Gelächter, und Andrejko schloss die Augen und stand erneut mit ihnen im Gärkeller und wartete auf seine angewärmte Maß, er lächelte, wenigstens einen Moment lang fühlte sich alles wie früher an.
Die diensthabende Ärztin lugte durch die Tür und setzte sich kurz zu ihnen. Als die Männer ihr einreden wollten, sie sei ihr weißer Schutzengel, da tat sie verärgert, aber sie ließen sie nicht gehen, bevor sie ihr nicht zwei Prazdroj-Flaschen in die Kitteltaschen gesteckt hatten.
Als der Brauereibesuch endlich abgezogen war, stellte man fest, dass unter dem Tisch zwei riesige Taschen voller Bierflaschen standen. Jeder bekam was ab, es war genug da, und gegen Abend herrschte Weltschmerz und
chandra
auf der Station. Gejza fing an zu singen:
Andro paňi pejľom, na džanav so pijľom, jaj Devla …
und Andrejko schloss sich ihm mit zweiter Stimme an:
Ma maren, ma košen, miro kalo šero … Sar les čalavena, čhaven čorarena, jaj Devla Devla …
Ich bin ins Wasser gefallen, was habe ich bloß getrunken, jaj, mein Gott … Flucht nicht über mich, schlagt meinen schwarzen Kopf nicht blutig … Bringt ihr mich um, müssen meine Kinder betteln gehen, jaj, mein Gott, mein Gott …
Und der angetrunkene Jožin vergaß sein Stottern und flüsterte Andrejko zu: Andrej, ich bin so glücklich. Dass ich auch so ein Idiot sein darf wie der Vašek hier, wie der Gejza und wie du.
Nach dem Zapfenstreich schlief Jožin wie ein Murmeltier, aber mitten in der Nacht sprang er aus dem Bett, peste durchs Zimmer, weckte die anderen auf und schrie: Aufstehen! … |219| Alarm! Aber keiner stand auf, alle drehten sich nur um und versuchten weiterzuschlafen, eine verschlafene Stimme empfahl ihm, sich zu verpissen, jemand warf ein Kissen nach ihm, aber Jožin schrie weiter, als sei er wahnsinnig geworden. Nur Míla sprang auf, salutierte und meldete: So-So … Soldat Čer-Čer … Červenka zu Ihrem Befehl, Genosse … Still gestanden, Červenka, nach links drehen, marsch, schrie Jožin und seine Stirnadern schwollen an, Andrejko verkroch sich erschrocken unter seine Bettdecke und verstand nur Bahnhof, aber da rissen die anderen Jožin schon zu Boden und schleiften ihn ins Bett zurück, und er ließ sich wie ein Lämmchen über den Boden ziehen.
Das Licht ging an, ein verschlafener Pfleger stand in der Tür und regte sich über die Unruhe auf, man legte Jožin ins Bett und deckte ihn zu – und erst da bemerkte man, dass Míla immer noch in Habachtstellung verharrte, sein Pyjama war nass und über einen seiner nackten Fußrücken lief ein dünner Strahl Urin.
Noch hatte der Wind das letzte Laub nicht von den Bäumen gepustet, als bereits der erste Schnee fiel und sich die Staatsanwaltschaft erneut bei Andrejko meldete. Er aber wollte mit dem, was gewesen war, nichts mehr zu tun haben … Doch da draußen schien sich etwas zu ändern und zu wenden, Andrejkos Zimmernachbarn wurden ganz unruhig, und die Luft duftete nach Frühling, als schliche er sich zu dieser späten Jahreszeit auf samtenen Pfoten heran, als gingen in einem muffigen Zimmer die Fenster auf, als sprudelte frisches Quellwasser in einen schlammigen Tümpel … Die Ärzte und die Schwestern sahen aus wie Kinder unterm Weihnachtsbaum, auf einmal hielten sie sich ganz gerade und ihre Augen strahlten, auf einmal fehlte es an Zeitungen. Früher hatte sich |220| keiner auf der Station für das
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