Mach mich gierig!
fragte Kate und strich Nathan vorsichtig übers Gesicht.
»Ich weiß es nicht.« Nathan griff nach ihrer Hand. »Aber es ist mir auch egal.« Langsam kam sein wölfisches Grinsen zum Vorschein, das Kate so sehr an ihm liebte. Dies bedeutete meistens, dass Nathan etwas ausheckte.
Er warf die Laken ab, stand auf und zog Kate in seine Arme. Nackt und eng umschlungen standen sie im Zimmer und beobachteten die hereinfallenden Sonnenstrahlen, die sich in dem zerbrochenen Glas brachen und ein Glitzern über die schwarzen Wände schickten.
»Halt dich fest«, raunte er Kate zu. Sie spürte ein Reißen – und schon standen sie in der anderen Zimmerecke. Dort legte Nathan den Kopf in den Nacken und fuhr die Fangzähne aus.
»Das ist seltsam«, sagte er verwundert. »Ich besitze noch fast alle Fähigkeiten eines Vampirs, aber ich verspüre keine Lust mehr auf Blut und die Sonne bringt mich auch nicht um.«
Kate erschauderte innerlich. Wenn das Heilmittel dafür verantwortlich war ... Es könnte eine völlig neue Rasse hervorbringen, eine Art Hybride aus Mensch und Vampir. Sie sollten dafür sorgen, dass das nicht bekannt wurde und das Heilmittel nicht in die falschen Hände geriet. Vielleicht hatten sie beide jetzt eine neue Aufgabe? Aber zuerst wollte Kate die Aufregung der letzten Zeit hinter sich lassen.
Nathan schlüpfte in seine Schuhe und zog ein Bettlaken über sie beide, bevor er mit Kate auf den Armen über die Glasscherben aus dem Fenster stieg und auf seinen Van zurannte.
»Ob wir jetzt im ›Nightcrawlers‹ Hausverbot haben?« Kate grinste, als sie sich im Auto ihre normale Kleidung anzogen.
»Das ist mir egal«, erwiderte Nathan, aber dann stahl sich ein Funkeln in seine Augen. »Du denkst doch nicht etwa an Cameo?«
»Macht er auch Hausbesuche?«, fragte Kate unschuldig, worauf Nathan mit einem Kopfkissen nach ihr schlug.
»Das war doch nur Spaß!« Sofort fiel sie Nathan um den Hals und drückte ihn auf die Matratze. »Ich bin so froh, dass der Spuk vorbei ist. Ich hatte solche Angst um dich, Nathan!«
Als er nichts erwiderte, sondern sie nur stürmisch küsste, murmelte sie: »Komm«, und fuhr ihm durch sein schwarzes Haar, »lass uns ein wenig in London shoppen gehen und dir einen richtig guten Sunblocker kaufen.« Jetzt würde sie endlich das Leben mit Nathan anfangen, von dem sie schon so lange geträumt hatte!
»Vergiss die Donuts nicht!«, erwiderte er und drückte sie fester in die Matratze ...
Wilde Gier
Mit heftig schlagendem Puls betrat Dr. Amber Simmons das kleine Krankenzimmer auf der Isolierstation. Das Basis-Center, in dem sie sich befand, war ein Hochsicherheitstrakt, der mit den modernsten medizinischen Apparaten und Forschungslaboratorien ausgerüstet war und weit abseits der Zivilisation in den dichten Wäldern Kanadas lag – viele Meter unter dem tonnenschweren Fels der Appalachen. Menschen mit besonderen genetischen Mutationen wurden mehrmals im Jahr aus aller Welt eingeflogen – lebendig verlassen würden sie diesen Komplex nie mehr.
Ambers Herz verkrampfte sich, als sie den nackten, bewusstlosen Mann vor sich sah, der am vorherigen Tag eingeliefert worden war und den ihre Kollegen auf eine Liege geschnallt hatten wie ein Versuchstier. Er hieß Patient 3795XY, aber Amber kannte den groß gewachsenen Kanadier unter dem Namen Luke Corbett.
Ganz nah trat sie an sein Bett heran, um sich seine Verletzungen zu betrachten. Ihre Kollegen hatten ihn bestialisch gequält, Elektroschocks und Schläge eingesetzt, bis sich Luke in ein fängefletschendes Monster verwandelt hatte. Nur in diesem Zustand schüttete der Körper besondere Hormone und bestimmte Eiweißverbindungen aus, die die Wissenschaftler für Forschungszwecke brauchten. Auch wenn Luke zur Rasse der Formwandler gehörte, war er doch immer noch ein Mensch. Rein äußerlich konnte Amber keine Anzeichen entdecken, dass er ein Mutant der Klasse 1 war: ein Homo sapiens-mutans, der seine Gestalt verändern konnte, während Mutanten der Klasse 2 PSI-Fähigkeiten besaßen, wie Telekinese oder Telepathie, und Mutanten der Klasse 3 beide Eigenschaften vereinten. Diese waren die begehrtesten Objekte. Bei dem Gedanken daran erschauderte Amber.
Sie zog ein Taschentuch aus ihrem weißen Kittel, mit dem sie Luke eine Blutspur vom Mundwinkel wischte. Dabei glitt sie mit den Fingerspitzen über seine Wangen. Halte durch!, sendete sie ihm mental.
Neben Lukes Augenwinkeln erkannte Amber die getrockneten Spuren seines Leidens. Sie
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