Mach mich nicht an
Beziehung aufbringen, wenn sie sich Tag und Nacht um ihren Onkel kümmerte? Yank und sein schwindendes Augenlicht waren für Sophie doch bloß eine willkommene Ausrede, um sich nicht dauerhaft binden zu müssen.
Aber tat er nicht genau dasselbe? Redete er sich nicht auf seinen Gesundheitszustand heraus, nur um seine Gefühle für Lola nicht ergründen zu müssen? Er schüttelte den Kopf. So unangenehm dieser Gedanke auch war - er konnte nicht umhin, darüber nachzudenken, wenn sie sich hier vor seiner Nase mit seinem besten Freund und größten geschäftlichen Konkurrenten vergnügte.
Noch ehe Yank sich weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte, wie er sein verkorkstes Leben wieder in geordnete Bahnen lenken sollte, ertönte über ein Mikrofon Vaughns Stimme. Yank begab sich gespannt zu der provisorischen Bühne, die bereits von Gästen umringt war.
»Wir möchten euch nun den ersten Empfänger des Brandon-Vaughn-Stipendiums vorstellen«, verkündete Vaughn. »Der Gewinner erhält einen Zuschuss in der Höhe von fünftausend Dollar für das Studium an einem College seiner Wahl.«
Stürmischer Applaus.
»Hi, Onkelchen.« Sophie hatte sich angeschlichen und legte Yank den Arm um die Schulter.
»Hallo, mein Schatz.«
»Hast du schon gesehen, dass Vaughns Eltern hier sind? Und sie lächeln sogar!«
Yank grunzte. »Ich kann die beiden nach wie vor nicht ausstehen, aber immerhin legen sie in letzter Zeit ein halbwegs humanes Verhalten an den Tag«, brummte er.
Sophie lachte.
»Ich gebe das Mikrofon nun weiter an jene Frau, von der die Idee mit dem Stipendium stammt«, fuhr Vaughn inzwischen fort. »Ich möchte also meine wunderschöne Gattin bitten, zu mir zu kommen und diese ehrenvolle Aufgabe zu übernehmen. Kommst du, Annie?«
Erneut wurde er von tosendem Applaus unterbrochen. Als Nächstes ertönte Annabelles Stimme.
»Der Gewinner des Stipendiums ist ein unglaublich talentierter Footballspieler, der es geschafft hat, dieses Jahr nicht nur beträchtliche schulische Probleme zu meistern, sondern obendrein auch einige privater Natur. Einen riesigen Applaus für Todd Murray!« Annabelle klatschte und umarmte den Jungen, der zu ihr auf die Bühne gestürmt war, um den Preis entgegenzunehmen.
»Ist das nicht der Junge, dessen Vater beinahe das gesamte Gästehaus abgefackelt hätte?«, erkundigte sich Yank.
Sophie nickte. »Ganz recht. Roy befindet sich noch in einer psychiatrischen Anstalt, aber Annabelle und Vaughn meinten, Todd habe trotz allem so hart an sich gearbeitet, dass sein Vater stolz auf ihn sein kann. Er hat sich dieses Stipendium wirklich verdient.«
Yank versuchte die Statur des Jungen zu beurteilen, so weit es ihm aus der Entfernung und mit seiner nachlassenden Sehkraft möglich war. »Vielleicht nehme ich ihn ja eines Tages unter meine Fittiche.«
»Das will ich hoffen. Sag mal, hast du schon über die Behandlung nachgedacht, über die wir letzthin mit dem Augenarzt gesprochen haben? Da die Krankheit bei dir noch nicht besonders weit fortgeschritten ist, wärst du dafür der perfekte Kandidat«, bemerkte Sophie hoffnungsvoll.
Yank tätschelte ihr die Wange. »Darüber reden wir noch«, versprach er.
Sophie warf einen Blick auf die Bühne. Yank tat es ihr nach. Er sah alles etwas verschwommen, aber bei den beiden Gestalten, die da so leidenschaftlich knutschten, konnte es sich nur um Annabelle und Vaughn handeln.
»Ach, Annie wirkt ja so glücklich«, flüsterte Sophie. Sie klang ehrlich erfreut über diese Tatsache.
Das hatte Yank an seinen Nichten stets bewundert: Dass sie einander so innig liebten, selbst wenn sich ein Streit hin und wieder nicht vermeiden ließ. Was für wunderbare Frauen sie doch waren!
»Ich wusste von Anfang an, dass Vaughn der richtige Mann für Annie ist«, stellte Yank fest. »Die beiden sind wie füreinander geschaffen.«
Sophie nickte zustimmend. »Absolut. Genau wie du und Lola.«
Yank fluchte. »Fang du nicht auch noch damit an!«
»Warum nicht? Das sieht doch ein Blinder, wenn du mir den Scherz erlaubst. Wann wirst du endlich zur Vernunft kommen? Du hast doch nur so viel Zeit verstreichen lassen, weil sie erst die Kreuzfahrt gemacht und eine alte Freundin in London besucht hat. Und danach hast du uns beauftragt, ihr nachzuspionieren«, gab Sophie zurück.
»Und? Eine schöne Hilfe wart ihr mir! Jetzt arbeitet sie für Spencer Atkins!«
Sophie zuckte die Achseln. »Du hast uns doch darum gebeten, sicherzustellen, dass sie glücklich und gut versorgt
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