Mach mich nicht an
weniger herrisch ist«, entgegnete sie und erhob sich.
Er ließ sie links liegen, stampfte zurück in sein Büro und schloss die Tür hinter sich.
Lola unterdrückte ein Lächeln. Ob er wohl wusste, wie berechenbar er geworden war? Er würde sie nie und nimmer feuern - dafür verließ er sich viel zu sehr auf sie. Wenn sie irgendwann wirklich die Nase voll hatte, würde sie schon selbst kündigen müssen.
Bei dem Gedanken wurde ihr mulmig. Bisher war sie es zufrieden gewesen, bei Yank und The Hot Zone zu bleiben. Vor allem, seit er etwas reifer war und nicht mehr jeden Abend mit einer anderen Frau ausging. Wenn ihre Gefühle für Yank nicht so stark gewesen wären, hätte sie sich das nicht jahrelang bieten lassen.
Die Mädchen wussten nicht, dass sie und Yank eine Affäre gehabt hatten, ehe er nach dem Tod seiner Schwester als Vormund einspringen musste. Lola hatte sich Hals über Kopf in ihn verliebt und gehofft, er würde mehr in ihr sehen als seine Assistentin oder lediglich eine der unzähligen Frauen, mit denen er ins Bett gestiegen war. Doch dann kamen die trostbedürftigen Mädchen, und die Leidenschaft wich schon bald der Verantwortung für die drei. Yank war auf Lolas Unterstützung angewiesen gewesen, und sie hatte die Kleinen ins Herz geschlossen.
Unglücklicherweise erschreckte Yank die plötzliche Ernennung zum Ersatzvater derart, dass er, anstatt endlich zur Ruhe zu kommen, völlig durchdrehte. Tagsüber spielte er den fürsorglichen Onkel, des Nachts trieb er von einem willigen weiblichen Opfer zum nächsten, um sich selbst zu beweisen, dass er nicht unbedingt seinen Lebensstil ändern musste, nur weil er jetzt der Erziehungsberechtigte der Mädchen war.
Anfangs hatte er die drei noch als Lockvögel eingesetzt, doch diesem Treiben setzte Lola ein jähes Ende, indem sie für familienähnliche Verhältnisse sorgte.
Ihre Strategie ging auf - die Mädchen verlebten eine annähernd normale Kindheit, selbst mit Yank als Ziehvater. Lola steckte zurück, um ihm bei seinen Aufgaben behilflich zu sein, ohne je darum gebeten worden zu sein oder einen Lohn dafür zu verlangen.
Die Mädchen hatten eine weibliche Bezugsperson gebraucht, sagte sie sich stets; nur ihretwegen hatte sie dem Beziehungsphobiker Yank Morgan nicht längst den Rücken gekehrt. Es war bereits zu spät, um festzustellen, ob das auch den Tatsachen entsprach. Nichtsdestotrotz diagnostizierte sie an sich eine zunehmende Unruhe. Die alltägliche Routine, die sie so liebte, war nicht halb so tröstlich wie sonst. Und sie wusste nur zu gut, weshalb.
Annabelle, Sophie und Micki waren längst keine hilfsbedürftigen Kinder mehr, sondern erwachsene Frauen. Und auch Yank war natürlich älter geworden, der jugendliche Traummann von früher hatte bereits eine ernste Sehschwäche, wenngleich seine Nichten im Gegensatz zu seiner Assistentin noch nichts davon ahnten. Doch das fortgeschrittene Alter tat Lolas Zuneigung zu ihm keinen Abbruch. Sie würde mit ihm durch dick und dünn gehen, für immer an seiner Seite bleiben - aber nur, wenn ihr Verhältnis zueinander sich änderte.
Sie wollte mehr von Yank Morgen, mehr als er ihr bisher gegeben hatte. Wenn sie es nicht bald bekam, dann musste sie ihn wohl oder übel sitzen lassen.
Annabelle wartete darauf, von Vaughn abgeholt zu werden. Sehnsüchtig dachte sie an ihr Auto, das tief unter ihrem Wohnhaus in einer Parkgarage stand und zwar nicht nur, weil sie ihren kleinen Sportflitzer (den sie erstanden hatte, nachdem ihr klar geworden war, dass ihr neunundzwanzigjähriger Körper nicht mit Randys achtzehnjähriger Freundin mithalten konnte) so liebte. Sie würde vor allem das Gefühl der Freiheit vermissen, das der Wagen repräsentierte.
Sie hielt eben gern selbst die Fäden in der Hand. Die Aussicht, ohne Fluchtmöglichkeit in Greenlawn festzusitzen, wirkte sich eindeutig negativ auf ihr ohnehin ramponiertes Nervenkostüm aus. Der Grund für ihre Unruhe lag auf der Hand: Brandon Vaughn mit seinem sexy Blick, seinem heißen Body und der Missbilligung, die sie bei ihm unter der Oberfläche brodeln spürte.
Sie hatte durch die Bürotüre ihres Onkels gehört, wie Brandon erst nach Sophie, dann nach Micki gefragt hatte. Er hatte sich praktisch mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, mit Annabelle zusammenzuarbeiten und Yanks Entscheidung zähneknirschend hingenommen. Es hatte geklungen, als wäre er der Meinung, dass sie ihre Sache nicht so gut machte wie ihre Schwestern, und das wurmte
Weitere Kostenlose Bücher