Mach mich nicht an
Großstadt genauso zurecht wie auf dem Land. Und sie blüht förmlich auf, wenn es um Krisenmanagement geht. Mit ihr ist dir der Erfolg sicher, auch wenn die Lage noch so aussichtslos ist.« Yank verschränkte die Arme über der breiten Brust, sah Brandon direkt in die Augen und verpasste ihm dann den Todesstoß: »Wenn du meinem Urteil nicht vertraust, warum bist du dann überhaupt zurückgekommen?«
Die Gewissensbisse, die Vaughn wegen seines Treuebruchs jahrelang geplagt hatten, kehrten mit einem Schlag zurück. Yank hatte ihn stets respektiert und sich um ihn gekümmert. Er stand tief in seiner Schuld. Wenn er sich nun dafür erkenntlich zeigen konnte, indem er Annabelle sein Vertrauen schenkte, dann blieb ihm wohl nichts anderes übrig.
»Also gut«, willigte er ein, wenn auch mit einem flauen Gefühl im Magen. »Annabelle ist, wie es aussieht, genau die Richtige.«
Wie auf ein Stichwort flog Yanks Bürotür auf, und Annabelle stürmte herein. Vaughn spürte unvermittelt die Erregung in sich aufflackern. Sie hatte sich kein bisschen verändert. Blond und blauäugig wie eh und je, war sie zu einer strahlenden Schönheit herangereift. Klassische Züge, gepaart mit jenem selbstbewussten Auftreten, das unweigerlich zum New Yorker Chic gehörte.
Ohne Brandon Vaughn eines Blickes zu würdigen, stellte sie ihre Designertasche (nicht, dass er erkannt hätte, von welchem Designer) vor der Nase ihres Onkels ab. »Rate mal, was ich hier drin habe!«
Sie brach ab, als sie Vaughn bemerkte und ihre Blicke sich trafen. Eine äußerst attraktive Röte überzog ihre porzellanweißen Wangen. Wenigstens blieb auch er nicht ohne Wirkung auf sie.
Sie wandte sich hastig an Yank: »Lola war nicht an ihrem Platz, also bin ich einfach rein gekommen.«
»Kein Problem. Wir haben eben über dich geredet. Du kommst gerade recht, um unseren neuesten Klienten kennen zu lernen. Vaughn, das ist Annie«.
Der Spitzname aus Kindertagen wollte zwar nicht so recht zu dieser eleganten Frau passen, aber er verschaffte Vaughn einen unverhofft intimen Einblick in ihr Privatleben, worauf ihm gleich noch eine Spur heißer wurde.
Als sie einen Schritt zurücktrat, um ihn zu taxieren, ließ er sie nicht aus den Augen. Er würde sein weiteres Verhalten einfach von ihrer Reaktion abhängig machen.
»Brandon Vaughn, in der Branche bekannt wie ein bunter Hund«, sagte sie. Wollte sie ihm Honig ums Maul schmieren? »Aber wie gesagt, wir kennen uns bereits.« Wenn sie noch nervös war, dann wusste sie das jedenfalls gut zu überspielen. Sie trat noch einen Schritt näher und streckte ihm die Hand entgegen. »Schön, dich wieder zu sehen.«
Er ergriff ihre weiche Hand. Aber von einem kurzen, professionellen Händedruck konnte keine Rede sein - vielmehr hatte er das Gefühl, es müssten bei ihrer elektrisierenden Berührung gleich die Funken sprühen.
Er mochte in der Schule nicht eben brilliert haben, aber von Physik und Chemie verstand er etwas: Die magische Anziehungskraft zwischen ihnen war eindeutig noch genauso stark wie bei der ersten Begegnung.
»Freut mich, zu hören, dass ich noch immer einen gewissen Ruf habe.« Er lachte verlegen.
»So, wir werden also zusammenarbeiten«, stellte sie fest. Ihre Stimme klang eine Spur rauer als vorher.
»Dein Onkel ist der Ansicht, wir würden ein gutes Team abgeben.«
»Das musst du falsch verstanden haben.« Ihre Augen blitzten kämpferisch auf. »Onkel Yank weiß, dass ich alleine arbeite. Meine Klienten müssen nach meinen Regeln spielen und sich an meine Anweisungen halten. Nur so kann ich Erfolge garantieren.«
»Wir werden uns schon irgendwie zusammenraufen«, versicherte er ihr und vermied es dabei, Yank anzusehen, der das kleine Wortgefecht schweigend mitverfolgte, sodass Vaughn völlig auf sich gestellt war - dabei war seine Wahl noch nicht einmal freiwillig auf sie gefallen! »Was ist denn nun in der Tasche?«, erkundigte er sich schließlich. Sie zog den Reißverschluss auf und brachte einen kleinen weißen Kläffer zum Vorschein, der aussah wie ein zerzaustes Häufchen Gänsedaunen. Oder wie ein überdimensionaler Wattebausch, von einem schwarzen Fleck über dem einen Auge einmal abgesehen.
»Was zum Teufel soll denn das sein?« Yank beugte sich blinzelnd vor, um das Hündchen aus der Nähe zu begutachten.
»Ein Coton de Tuléar, zumindest laut dem Tierheim, in dem ich aushelfe.«
»Ein was?« fragte Brandon.
»Ein Coton «, wiederholte Annabelle. »So was Ähnliches wie ein Bichon
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