Mach mich nicht an
Tagesordnung.« Lola, die Schriftführerin, zückte einen Stift. Wie immer war sie nach außen hin ganz aufs Geschäft konzentriert, auch wenn ihr sehnsüchtiger Blick in Richtung Yank auf ein ungleich persönlicheres Interesse schließen ließ. Alle wussten, da«s die arme Lola - mit ihrem hochgeschlossenen Kleid und dem strengen rabenschwarzen Haarknoten der Inbegriff der Chefsekretärin - in Onkel Yank verliebt war.
Alle bis auf Onkel Yank natürlich. Lola konnte einem wirklich Leid tun. Sie war wie er in den besten Jahren und hatte einen Großteil ihres Lebens darauf gewartet, dass ihr Boss, dieser unverbesserliche Junggeselle, in ihr irgendwann mehr sehen würde als eine perfekte Assistentin und eine Ersatzmutter für seine Nichten.
»Also, erstens: Ihr denkt hoffentlich an unser alljährliches Sommerfest, geplant für den dritten Samstag im Juli?«, fragte Lola.
Alle nickten. Annabelle hatte den Termin bereits in ihren Filofax eingetragen. Die Hot-Zone-Sommer- Party war sowohl geschäftlich als auch für die Familie das Highlight des Jahres.
»Gut. Und nun zu den Klienten«, fuhr Lola fort.
Yank erkundigte sich zunächst nach ihrem Star-Baseball-Spieler. »Micki, was gibt es neues von Roper?« Onkel Yank knöpfte sich seine Nichten immer in dieser Reihenfolge vor, angefangen von der jüngsten bis hin zur ältesten, auch wenn er sie nach ihrem Privatleben befragte.
Micki rollte ihren Stift zwischen den Handflächen. »Ich bin gerade dabei, sein Image bei den Medien ein wenig aufzupolieren. Wir werden das Kind schon schaukeln; er muss nur ein bisschen aufpassen, was er zu den Reportern sagt«, ertönte Mickis ruhige Stimme. Mit den blonden Locken und ihrer betont legeren Kleidung wirkte die Jüngste der drei stets überaus entspannt und selbstbewusst.
»Ist doch kein Wunder, dass sein Ruf als Schürzenjäger angekratzt ist, wenn er offen zugibt, dass er an seinem freien Tag zur Maniküre geht und sich im Schönheitssalon eine Ganzkörper-Schlammpackung verpassen lässt«, murmelte Annabelle.
»Nur weil er auf so was steht, ist er noch lange nicht schwul. Er darf es eben nicht überall rausposaunen«, widersprach Micki. »Ich begleite ihn ein paar Wochen lang, bis er den richtigen Umgang mit den Medien gelernt hat. Wir drehen das schon noch zu seinen Gunsten hin«, versicherte sie den anderen.
»Es wäre wahrscheinlich einfacher, wenn er sich ein Beispiel an Hugh Grant nähme, anstatt das Weichei raushängen zu lassen«, meinte Yank. »Nimm ihn dir ruhig mal so richtig zur Brust, Mick.«
Sophie kicherte. Micki bedachte sie mit einem giftigen Blick. »Mach ich, keine Sorge.«
Annabelle wusste, ihre Schwester würde ihr Ziel erreichen. Das taten sie meistens. Obwohl jede für ihre eigenen Klienten verantwortlich war, arbeiteten sie im Team, machten gemeinsam Brainstormings oder legten sich PR-Strategien zurecht. Die Betreuung selbst erledigte dann jede im Alleingang.
Micki mit ihrer kumpelhaften Art nahm sich am liebsten der Problemsportler an. Es machte ihr Spaß, eine Vertrauensbasis aufzubauen, eventuelle Wogen zu glätten und ihren Klienten ein dauerhaft positives Image bei den Medien zu verschaffen. Sophie dagegen war die Intellektuelle unter ihnen, was sie in ihrem Äußeren und Benehmen deutlich zum Ausdruck brachte. Ihr Haar war stets makellos gestylt (entweder vom Friseur geföhnt oder zu einem konservativen Dutt hochgesteckt), ihre Designer-Kostüme passten perfekt zu ihrem Auftreten. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten folglich meist Foto-Shootings oder irgendwelche ehrgeizigen Projekte diverser Topsportler.
Annabelle wiederum bevorzugte gestandene Männer - muskelbepackte, verschwitzte Footballspieler mit breiten Schultern und einer durch und durch maskulinen Aura, neben denen sich eine Frau noch so richtig feminin fühlte. Sie liebte die Atmosphäre im Stadion und erlebte Sportler am liebsten hautnah, was ihr leider mit schöner Regelmäßigkeit zum Verhängnis wurde - etwa in der Highschool, als ihr damaliger Freund, der Mannschaftskapitän des Football-Teams, ihr das Herz brach, indem er sie mit ihrer besten Freundin betrog.
Dann war es der Star-Quarterback der Universität von Miami, der nur mit ihr ging, um sich mit einem attraktiven Mädchen zu schmücken und zugleich an Annabelles Onkel heranzukommen. Danach war ihr Herz erst recht gebrochen. Also fasste sie einen Entschluss: Wenn sie schon als optischer Aufputz herhalten musste, dann wollte sie wenigstens auch ihren Spaß an der
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