Mach sie fertig
herumtollten. Das Hotel war hauptsächlich von Paaren bewohnt, die etwas jünger als sie selbst waren – ohne Kinder –, und älteren Leuten um die sechzig. Außerdem von diversen interessanten Grüppchen. An der Poolbar vier junge Typen, die nicht älter als fünfundzwanzig waren. Kippten Drinks mit bunten Schirmchen runter, als wäre es Bier. Thomas gefiel diese Art. Erinnerte ihn an sich selbst vor einigen Jahren. Und noch besser, raus und wieder rein in den Pool: eine Clique von Bräuten, die im selben Alter wie die Jungs waren. Er dachte: Es gibt vielleicht nicht gerade viel Gutes in dieser Welt, aber ein Mann, der keine Stringbikinis mag, muss verrückt sein.
Eine Hand auf seinem Oberschenkel. Åsa sah ihn an. Die Stöpsel aus den Ohren gezogen.
»Stell dir vor, nur noch zwei Tage. Schade.«
Thomas betrachtete sie. Legte die Hand auf ihre Schulter. Er spürte es deutlich: Sie war angespannter als sonst.
»Ja, bald geht’s wieder nach Hause in den Herbst zurück. Aber dort können wir ja auch noch ein paar warme Tage bekommen. Im Augenblick ist richtiges Spätsommerwetter da.«
»Wir müssen reden, Thomas. Es geht nicht nur um den Herbst. Du musst mir sagen, was eigentlich mit dir los ist.«
Thomas wusste, worauf sie anspielte. Sie konnte nicht verstehen, wieso ihm die internen Ermittlungen nicht stärker zusetzten. Aber es war noch mehr: Åsa fühlte sich außen vor. Fand, dass er sie nicht genügend in seine Gedanken miteinbezog, in das, was danach geschehen würde. Er konnte es ihr nicht erklären, obwohl er es vielleicht sollte.
»Wir haben doch schon darüber geredet. In ein paar Tagen werden wir es wissen. Entweder appellieren sie an ihre Vernunft und es geschieht nichts, oder sie erheben Anklage, und dann werde ich versetzt. Aber dann sind sie nicht mehr ganz dicht.«
»Du hast die letzte Alternative nicht erwähnt, Thomas.«
»Hör doch auf jetzt. Wenn ich wegen dieser Sache hier gefeuert werde, ziehen wir aus Schweden weg. Das wär ’n echter Skandal. Denn dann würde kein einziger Polizist mehr beim Ordnungsamt arbeiten. Alle hätten es genauso gemacht wie ich. Alle mit gesundem Menschenverstand.«
»Aber wenn du versuchst, es mal ganz nüchtern zu beurteilen, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass du verurteilt wirst und sie dich entlassen? Thomas, ich muss es wissen. Wir müssen es wissen. Ich kann nicht länger mit dieser Unsicherheit leben. Seit zwei Monaten lauf ich jetzt schon mit Magenschmerzen herum. Stell dir vor, es passiert tatsächlich. Können wir uns dann das Haus noch leisten? Können wir uns dann auch noch um ein Kind kümmern?«
Ihre letzte Äußerung versetzte Thomas einen Stich. Dachte: Dann musst du wohl ganztags arbeiten. Aber er hielt die Klappe. Wollte das Thema nicht noch einmal ausdiskutieren. Sie hatten es bereits mehrfach während der Reise durchgekaut. Es endete jedes Mal im Streit. Åsa wollte, dass er sich nach einem anderen Job umsah. Wie konnte sie wissen – das, was man ihm bereits angeboten hatte, war keineswegs uninteressant.
»Du regst dich nur unnötig auf. Sie werden mir schon nicht kündigen. Versprochen.«
»Jetzt mach
du
aber mal ’nen Punkt. Ich versteh nicht, wie du so ruhig bleiben kannst. Aber du begreifst anscheinend nicht, dass es hier nicht nur um dich geht. Es geht um uns beide, wir gehören ja zusammen. Du sitzt hier und machst einen auf entspannt, wo es doch ebenso mich betrifft, uns betrifft, unsere Familie. Wir haben gesagt, wenn wir ein Kind adoptieren, soll es in einem vernünftigen Haus mit Garten aufwachsen. Es ist sicherer, in einem Haus zu wohnen. Aber wie sollen wir uns das leisten, wenn sie dir kündigen? Weißt du, was ein guter Kinderwagen, ein Kinderautositz, Spielsachen, Kleidung, ein Kinderbett und all das kosten? Und ich hatte nicht vor, bei IKEA einzukaufen.«
Ihre Augen leuchteten hell vor dem blauen Himmel.
»Weißt du, in einem Haus zu wohnen ist nicht immer sicherer.« Vor seinem inneren Auge sah er den Mann, der draußen vor dem Fenster ihres Zuhauses gestanden hatte. »Aber ich versprech es dir, bei meiner Polizistenehre. Es wird sich alles wieder einrenken. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Sie stand auf. Abrupte Bewegungen. Typischer Wutausbruch à la Åsa. Vielleicht ging sie an die Bar oder nach oben aufs Zimmer. Ihm war es einerlei. Er hatte keine Lust auf eine Diskussion.
Er schloss die Augen. Die Sonne war angenehm warm. In seinem Kopf zogen Bilder vorbei.
Die vergangenen Monate: die
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