Mach sie fertig
Sie wissen ja, die Stimmung hier wird nicht besser, wenn alle wissen, dass Sie auf glühenden Kohlen sitzen. Entweder werden sie das Ganze niederlegen, oder es kommt zu einem Prozess – so einfach ist das.«
»Stig, darf ich Sie eine Sache fragen?«
Ihn beim Vornamen zu nennen, war eigentlich etwas zu persönlich, aber das war Thomas im Moment egal. »Ich habe großen Respekt vor Ihnen, und ich habe immer den Eindruck gehabt, dass wir sehr gut zusammenarbeiten. Wenn jemand danach fragen würde, wer mein Mentor und Vorbild gewesen ist, würde ich ohne zu zögern Ihren Namen nennen. Sie haben eine aufrichtige Art und gehen keine Kompromisse ein, wenn es darum geht, sich für uns alle einzusetzen. Und außerdem haben Sie mir immer das Gefühl gegeben, einer Ihrer besten Leute zu sein. Und deshalb frage ich Sie jetzt, gibt es nicht irgendetwas, was Sie in dieser Situation tun können? Mit jemandem von den Internen, der ZE oder dem Polizeipräsidenten reden?«
Stig Adamsson atmete schwer am anderen Ende der Leitung. »Ich weiß es nicht, wirklich. Das Ganze ist verzwickt.«
Thomas spürte es deutlich: In seinem Inneren stieg Ärger auf. Was für ein dummes Geschwätz. Er hätte alles für Adamsson getan, und jetzt schaffte es der verdammte Idiot nicht mal, einen Versuch zu starten, sich für ihn einzusetzen. Adamsson wusste etwas, das stand fest.
»Kommen Sie, Adamsson. Ich dachte eigentlich, dass wir auf derselben Seite stünden. Gibt es wirklich nichts, was Sie tun können?«
»Muss ich es Ihnen buchstabieren? Ich. Weiß. Es. Nicht. War das deutlich genug?«
Adamsson zog ihm den Boden unter den Füßen weg. Das war Verrat. Zum zweiten Mal. Genau wie damals, als er in das Leichenschauhaus gestürmt war. Thomas murmelte irgendeine Antwort. Adamsson verabschiedete sich.
Sie legten auf.
Er nahm Schlaftabletten, um in dieser Nacht einschlafen zu können.
Eine andere Sache, die ebenfalls an ihm genagt hatte: der unaufgeklärte Mord. So viele Fragen. Das Wahrscheinlichste war wohl, dass der Ermordete in irgendeiner Verbindung zu einem der Bewohner des Hauses stand. Oder es handelte sich um einen ganz normalen Einbrecher, den einer der Nachbarn auf frischer Tat ertappt hatte. Aber irgendetwas in Thomas’ Hirn sagte ihm, dass das Ganze kein Zufall war. Es existierte eine Verbindung zu irgendwem – aber wie sollte man herausfinden zu wem, wenn man nicht mal wusste, wer der Tote war? Der Mörder musste etwas über die Vergangenheit des Opfers gewusst haben. Andererseits: Der Mörder hatte den Zettel mit der Handynummer nicht an sich genommen. Weitere Fragen tauchten auf. Warum gab es keine Anzeichen dafür, dass das Opfer sich gewehrt hatte? Keine Blutspuren oder Hautpartikel des oder der Mörder. Das Opfer war nicht gerade klein, es hätte zumindest eine körperliche Auseinandersetzung stattfinden müssen. Und die Einstichlöcher, worauf deuteten die hin? Und schließlich: Wessen Telefonnummer stand auf dem Zettel?
Hägerström hatte die registrierten Handyverträge gecheckt – keiner der Inhaber schien etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Aber konnte man sich auf Hägerström verlassen? Er schaffte es im Moment nicht, darüber nachzudenken. Und unabhängig davon stand ja noch ein weiterer SIM -Kartenvertrag aus, der noch nicht vollständig kontrolliert worden war. Der erste lief auf den Namen eines jungen Mädchens, das nichts mit dem Mord zu tun hatte. Aber der letzte? Es war immer noch unklar, wem er gehörte. Nur drei Nummern angewählt. Zwei Personen, die behaupteten, keine Ahnung zu haben, und eine dritte, die Hägerström nicht erreichen konnte.
Nur drei Nummern angewählt – irgendetwas stimmte nicht. Die Einzigen, die SIM -Karten auf diese Weise benutzten, waren Kriminelle.
Während der ersten Wochen seiner sogenannten Krankschreibung fiel es ihm schwer, morgens aus dem Bett zu kommen. Aber ein paar Tage nach dem Gespräch mit Adamsson: Er würde das hier, verdammt nochmal, auf eigene Faust lösen. Als aktiver Polizeiinspektor oder als krankgeschriebener. Die Idee mit der IMEI -Nummer hatte er ja die ganze Zeit über im Kopf gehabt, nur war sie in Vergessenheit geraten, als die Probleme sich angehäuft hatten.
Er hatte sich die IMEI -Nummer des Handys notiert, obwohl es verboten war, Material, das den Sicherheitsbestimmungen der Ermittlungen unterlag, an sich zu nehmen. Fünfzehn Ziffern. Ein Code. Ein Signal, das jedes Mal ausgesendet wird, wenn jemand von einem Handy aus telefoniert.
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