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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Brust stand in weißen Lettern Ramones. Ihre Ohrläppchen waren von einer Art Ohrgehänge ausgeleiert; anstatt in einem kleinen Loch im Ohr zu sitzen, weiteten sie selbiges aus. Niklas hätte seinen Daumen in ihr Ohrloch stecken können. Er dachte: Was ist das hier eigentlich für ein Haufen?
    Felicia hatte ihm geraten, sich durchzufragen. Die Müslitypen zeigten ihm den Weg zu ihrer Hütte.
    Sie war aus braunem Holz mit schwarzem Blechdach, sah nicht größer als dreißig Quadratmeter aus. Er klopfte. Ein Mädel öffnete, nur mit einem Slip und einem Top bekleidet. Niklas wurde verlegen. Zugleich: unglaublich arrogant, einer fremden Person so leichtbekleidet zu öffnen. Das Mädel klopfte an eine Tür. Ein anderes Mädchen kam heraus. Rasierter Schädel, mit einem übriggebliebenen Haarbüschel im Nacken wie eine Hare-Krishna-Type. Sie trug eine Art Kimono und Converseschuhe. Bizarr.
    »Hej, bist du Johannes?«
    Niklas hatte in allen Diskussionen im Internet konsequent seinen Decknamen benutzt.
    »Ja, hej. Schön, dass ich herkommen durfte, freut mich. Du bist Felicia, nehm ich an?«
    Sie nickte. Hieß ihn willkommen. Fragte, ob er gut hergefunden hätte. Schien nett zu sein. Aber ihr Blick hatte etwas Skeptisches.
    Er stand noch immer in der Türöffnung. Das Ganze kam ihm komisch vor.
    »Komm rein«, sagte sie. Er trat ein. Sie setzten sich in die kleine Küche. Die Hütte bestand aus zwei kleinen Schlafräumen und einer gemeinsamen Küche. »So wohnen alle Studenten im ersten Semester.«
    Sie fragte ihn, ob er sich schon in der Schule umgesehen hätte. Natürlich hatte er nicht. Sie begann ihm die Einrichtung zu erläutern: Kurse in Fotografie, Film, Schreiben, Kultur, Geschichte, Entwicklungshilfe, Ökologie und Solidarität mit der Dritten Welt. Niklas hörte nur halbherzig zu. Wollte sich ein Bild von ihr machen, von den Leuten da draußen, ihre Einstellung, ihre Fähigkeiten ausloten. Sein heutiger Auftrag lautete: rekrutieren.
    Sie hatten in den vergangenen zwei Wochen fast jeden Tag miteinander gechattet. Er kannte ihre Meinung in- und auswendig. In seiner Welt: Sie hatte das Zeug zu einer Kriegerin. Das Patriarchat, wie sie es nannte, unterdrückte die Frauen. Unterwerfung unter das starke Geschlecht, wie es hieß. Ein permanenter Beweis für die Einstellung der Gesellschaft. Wie Frauen zu sein hatten, was sie tun und lassen sollten, wie sie sich geben sollten – alles nach einem vorgegebenen, überwachten Schubladendenken. Sobald du die Demarkationslinien überschritten hattest, wurdest du exkommuniziert. Nicht länger als Frau angesehen, als angepasste, als gute, folgsame Mitbürgerin. Und obwohl es inzwischen eigentlich alle wissen müssten, gab es so viele, die den Mist mitmachten. Die Scheiße fraßen. Die Männer regieren ließen, sich von ihnen auspeitschen ließen, niemals gegen sie aufbegehrten. Wie ein ungleicher Krieg, in dem sich eine Seite das Recht herausnahm, gegen die Spielregeln zu verstoßen.
    Und Felicia – sie war von seinen großartigen Ideen beeindruckt. Das spürte er – jedes Mal, wenn er mit seiner Kriegspropaganda anfing, bestätigte sie ihn, indem sie ihrerseits Aktionen beschrieb, an denen sie selbst teilgenommen hatte oder die sie vorhatte durchzuführen. Demonstrationen, Demos, wie sie sie nannte, Mahnwachen vor Pornoclubs, zerschlagene Scheiben, mit Graffiti vollgesprayte Fassaden, demolierte Einrichtungsgegenstände, Internetangriffe auf Pornoseiten, rausgebrüllte Parolen gegen Minister, Großunternehmen und Männer im Allgemeinen.
    Vielleicht war sie die Richtige für ihn.
    Felicia bot ihm Kräutertee an. Ihre Hüttennachbarin Joanna erzählte von ihrem Kurs: irgendwas mit Naturheilkunde. Sie sagte, sie hätte vor, im nächsten Semester nach Brasilien zu fahren und Schamanin zu werden. »Im Amazonasgebiet kann man viel mehr lernen als in irgendeinem westlichen Land.« Ihre Augen strahlten über dem Becher mit Tee. »Und was machst du so?«
    Er wusste nicht, was er antworten sollte. Spürte instinktiv: seinen Noch-Job als Wachmann zu nennen, war total fehl am Platz. Er ließ ihre Frage einen Augenblick in der Luft hängen. Nippte an seinem Tee.
    »Ich bin leider arbeitslos«, gestand er schließlich.
    Die Reaktion anders, als er gedacht hätte. Felicia wirkte fast froh. Joanna beruhigt. Felicia sagte: »Die Gesellschaft ist feindlicher geworden, seitdem dieser Arsch an die Macht gekommen ist. Du darfst dich nicht ausgeschlossen fühlen. Wir sind viele, die dich

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