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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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war zehn Uhr morgens. Wenig Verkehr um diese Tageszeit. Die Autobahn raus nach Bålsta und Biskops-Arnö: langweilig. Er vergegenwärtigte sich den Tagesablauf von Mats Strömberg. In eineinhalb Stunden würde er mit größter Wahrscheinlichkeit mit zwei oder drei Arbeitskollegen durch die Eingangstür seines Arbeitsplatzes rauskommen.
    Kurz vor Sollentuna hielt Niklas bei einer Shell-Tankstelle. Es roch nach Benzin. Er tankte voll. Das Benzin sauteuer. Er überlegte, was es vor zehn Jahren kostete, als er den Führerschein gemacht hatte. Inzwischen war es bestimmt um fünfzig Prozent teurer geworden. Und der Preis im Irak: eine andere Geschichte. Ließ die Unruhe wieder in ihm aufsteigen. Was war, wenn er den Job allein weitermachen musste? Wenn er umziehen und einen Mietvertrag bezahlen musste? Wenn es mit der Waffe, die er bestellt hatte, nicht klappte?
    Er ging rein, stellte sich an die Kasse. Bezahlte bar. Eine Stimme hinter ihm in der Schlange.
    »Ja Mensch, hej.« Ein Lächeln. Er erkannte sie sofort wieder: Die Frau, von der er den Audi gekauft hatte, Nina. Was zum Teufel machte sie hier? Aber eigentlich war es gar nicht so abwegig, denn sie wohnte ja nur ein paar Kilometer entfernt.
    »Ich dachte mir gleich, dass Sie es sein müssen. Sah das Auto draußen. Hab es schon aus zwanzig Metern Entfernung erkannt.«
    Niklas irritiert. Nicht gut, dass jemand wusste, wo er sich befand, und dass er es war, der den Audi fuhr. Zugleich: Er betrachtete sie näher. Wie ein Engel. Ihre Haut, rein wie Milch. Die grünmelierten Augen glänzten im Sonnenlicht, das durch die großen Fenster der Tankstelle fiel. Begegneten seinem Blick. Strahlten. Ihr Kind sah jetzt wie ein Kind aus. Nicht mehr wie ein Baby. Sie tat ihm leid. Und das Kind auch. Er erinnerte sich.
    Er sagte: »Ja, hej. Der Wagen fährt gut.« Kam sich pathetisch vor. Musste weg von hier. Bevor Nina anfing, noch mehr Fragen zu stellen.
    »Ich hab gesehen, dass Sie das Kennzeichen geändert haben. Hat Ihnen meine Nummer nicht gefallen? UFO 544 . Ich fand sie ziemlich cool.« Und wieder: das Lächeln, die Augen.
    »Ja, das stimmt. Aber ich hatte Bedenken, dass sie mich dem Schwedischen Geheimdienst melden würden.« Gut so – einen Witz machen, die Stimmung auflockern und dann abhauen.
    Nina lachte. »Sie sind schon ein lustiger Vogel. Und wohin wollen Sie um diese Zeit?«
    »Ich bin gerade draußen und fahr ein bisschen rum. Ich arbeite.«
    »Aha, ich bin immer noch im Erziehungsurlaub. Langsam wird es fast ein wenig langweilig. Und als was arbeiten Sie?«
    Niklas wusste nicht, was er antworten sollte. Wachmann klang so pathetisch. Er wollte sich vage ausdrücken. »In der Sicherheitsbranche.«
    »Das klingt spannend. Nutzen Sie den Audi als Dienstwagen?«
    »Manchmal.«
    »Ich vermisse ihn. Er ist klasse, nicht wahr?«
    »Ja, er ist toll.« Er wollte das Gespräch beenden, ohne unverschämt zu sein. »Also, ich muss weiter. War nett, Sie mal wieder zu treffen.«
    Er setzte sich ins Auto. Mit schweißnassen Handflächen. Was war nur plötzlich mit ihm los? Ein ganz normales Gespräch mit einem fremden Menschen, und er fühlte sich nervöser als ein neunzehnjähriger Rookie bei seinem ersten Einsatz unten im Sandkasten.
     
    Weiter draußen. Auf dem Land. Entlang der Autobahn: gelbe Kornfelder, die gerade gemäht wurden. Bauernhöfe, Getreidesilos, Traktoren.
    Das Schild nach Biskops-Arnö war dreckverschmiert. Erinnerte ihn an die Schilder da unten. Alle verblichen, versifft, verbeult. Manche von Einschusslöchern durchsiebt.
    Er fuhr über eine schmale Brücke raus auf die Insel. Parkte den Wagen. Besah sich das Gelände. Direkt gegenüber des Parkplatzes: größere rotgestrichene Holzgebäude, ehemalige Scheunen. Etwas entfernt: weiße Steinhäuser. Er ging weiter. Ein mit Gras bewachsener Hof. Sechs Fahnenstangen mit den fünf nordischen Flaggen an der Spitze wehend und einer weiteren, wahrscheinlich mit den Farben der Volkshochschule. Einige Leute saßen im Gras vor der Häuserreihe. Niklas ging auf sie zu. Ein Typ mit Gitarre in der Hand. Er war in der Nase, Lippe und Augenbraue gepierct, hatte dicke Dreadlocks, die denselben Umfang wie seine Unterarme hatten, und trug eine Art Kapuzenshirt, das aussah, als hätte er es auf dem Basar in Kabul erstanden. Die anderen beiden waren Mädchen. Die eine mit rotgefärbten Haaren, einem Hemd, das bis oben hin zugeknöpft war, und viel zu weiten Jeans. Die andere trug Stoffhosen und ein schwarzes T-Shirt. Über der

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