Mach sie fertig
Steuerbüro auf Södermalm. An manchen Tagen mietete er sich einen Wagen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Benutzte einen gefälschten Führerschein, den er sich übers Internet besorgt hatte.
Er las weiterhin die einschlägige Literatur –
Flickan och skulden [Das Mädchen und die Scham]
von Katarina Wennstam,
Under det rosa täcket [Unter der rosa Decke]
von Nina Björk –, döste, trank Kaffee. Den restlichen Teil der Abende observierte er die anderen Wohnungen. Später in der Nacht wechselte er die Filme in den Videokameras, sah sie im Schnellverfahren durch, strukturierte seine Infos, trainierte mit dem Messer, chattete mit den linken Typen. Er joggte nicht mehr, meldete sich nicht mehr bei Mama, Benjamin oder irgendjemand anderem. Na ja, welche anderen gab es denn auch? Es war nicht gerade so, dass er übermäßig viele soziale Kontakte geknüpft hätte, seitdem er wieder zu Hause war.
Er wusste inzwischen bedeutend mehr über Mats Strömberg. Der Typ hatte strikte Gewohnheiten. Nahm jeden Tag denselben Weg zur U-Bahn. Kaufte jeden Morgen eine Zimtschnecke und einen Becher Kaffee am selben Kiosk. Warf den Kaffeebecher draußen auf der Straße immer in exakt denselben Papierkorb. Entweder kam er dann gegen halb zwölf Uhr mit den Arbeitskollegen heraus, oder er ging eine halbe Stunde später alleine los und kaufte sich etwas. Wechselte zwischen drei verschiedenen Mittagsrestaurants. Niklas konnte das Büro des Schweins gut einsehen, es lag im Erdgeschoss. Sechs Personen arbeiteten dort. Er fragte sich, wie viel sie über Mats Strömbergs Privatleben wussten.
Außerdem: In einer der Villen begann sich etwas zusammenzubrauen. Roger Jonsson und Patricia Jacobs – ein glückliches Paar ohne Kinder. Niklas ging die Filme durch. Stellte fest: Der Mann kam von Tag zu Tag später nach Hause. Roger und Patricia stritten sich. Offensichtlich: Bald würde es knallen – er sah es in dem Blick des Mannes. Seiner Art, Patricia mit erhobenem Zeigefinger zu drohen. Eine Körpersprache, die förmlich nach Gewalt schrie.
Ein anderes Problem: Der Schwarzmaklerfritze hatte von sich hören lassen. Niklas konnte nicht länger in der Wohnung bleiben. Der Schwarzmakler erinnerte ihn daran, dass es sich schließlich nur um eine Übergangswohnung handelte, und er jetzt einen festen Vertrag vorliegen hatte. Fix und fertig. Hundertfünfzig Riesen, und die Wohnung würde Niklas als Hauptmieter gehören. Eine Frist von einer Woche, um sich zu entscheiden. Keine Chance, noch länger in der jetzigen Bude wohnen zu bleiben. Verdammt. Eigentlich war ein Vertrag als Hauptmieter klasse, aber im Moment passte es ihm ganz und gar nicht. Bei der Arbeit drohten sie ihm mit der Kündigung – Niklas hatte sich geweigert, für all die Tage, an denen er nicht erschienen war, ein gültiges ärztliches Attest beizubringen. Was zum Teufel sollte er machen? Er brauchte mehr Leute. Mehr Geld. Mehr Zeit. Mehr Waffen. Mehr von allem.
Lösungen: In ein paar Tagen würde es an der Zeit sein, in Sachen Mats Strömberg zuzuschlagen. Wenn das geschafft war, würde er wieder mehr Luft haben. Dann: Er musste irgendetwas in Sachen Finanzen unternehmen, vielleicht einen Banküberfall begehen. Schließlich: Er hatte vor, zur Volkshochschule Biskops-Arnö rauszufahren – eine Frau, mit der er gechattet hatte, studierte dort, Felicia. Irgendwas Abstruses wie Ökologie und Globale Ökonomie. Potentielle Rekrutin, Truppenverstärkung, ein Paar mehr Boots on the ground.
Montagnachmittag war er zum Black & White Inn gefahren, um die Waffe zu holen. War gestresst, wollte so wenig wie möglich von Mats Strömbergs Tagesablauf verpassen.
Das Lokal war leer. Er bestellte ein Mineralwasser. Setzte sich an einen Tisch. Eine Barfrau stand allein hinter der Theke und war mit den Vorbereitungen für den Abend beschäftigt. Sie schnitt Zitronen. Er sah sich die Abendkarte an: mit Kreide auf schwarze Tafeln geschrieben. Scholle mit Pommes frites, Schweinefilet mit einer Soße aus grünem Pfeffer. Die Frau an der Bar beachtete ihn nicht.
Nach zehn Minuten fragte er sie, ob Lukic da war.
Die Frau schüttelte den Kopf. Dann ging sie zur Eingangstür des Pubs und drehte das »Geöffnet«-Schild um, das in dem kleinen Fenster der Tür hing. Wandte sich an Niklas. »Du willst Sachen haben?« Er nickte. Niklas deutete ihre nachfolgende Geste mit der Hand als: Folge mir.
Hinter den Bartresen. Durch die Küche hindurch. Ein Typ da drinnen war gerade dabei, etwas zu
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