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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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treffen. Sich anzuhören, was sie wollten. Wie viel sie ihm boten.
    Noch wichtiger: Ein Mann im Trupp der Jugos zu werden konnte einen Weg aus der Scheiße bedeuten, in die er durch Gürhan geraten war. Seine Laune besserte sich. Das hier konnte ein neuer Anfang sein.

5
    Es lief nicht so, wie Niklas es sich vorgestellt hatte. Einen Tag, nachdem er in die neue Wohnung eingezogen war, kam Mama zu ihm. Bat ihn, bei ihm übernachten zu dürfen.
    Genau das war ja der Punkt – dass sie einander nicht auf die Nerven gehen wollten, zu weit ins Revier des anderen eindringen, die Kreise des anderen stören wollten. Aber er konnte nicht nein sagen. Sie hatte Angst. Große Angst. Zu Recht. Sie rief ihn direkt von der Arbeit aus auf dem Handy an.
    »Hej Niklas, bist du das?«
    »Natürlich bin ich es, Mama, du hast ja meine Nummer gewählt.«
    »Ja, aber ich kenne sie noch nicht so gut. Ich bin so froh, dass du wieder zu Hause in Schweden bist. Es ist nämlich etwas Furchtbares passiert.«
    Niklas konnte an ihrem Tonfall erkennen, dass etwas Ungewöhnliches vorgefallen war.
    »Was denn?«
    »In unserem Haus ist jemand ermordet worden. Es ist so schrecklich. Stell dir vor, die ganze Nacht lang hat ein Toter in unserem Keller gelegen.«
    Niklas erstarrte. Seine Gedanken gewannen an Schärfe. Gleichzeitig: Er stieß die Gedanken weg. Das Ganze war ihm lästig.
    »Das klingt ja völlig krank, Mama. Und was sagen sie?«
    »Wer denn? Die Nachbarn?«
    »Nein, die Polizei.«
    »Sie sagen nichts. Ich hab die halbe Nacht draußen gestanden und gefroren. Das haben wir alle getan. Berit Vasquéz war völlig fertig.«
    »Was für ein verdammter Mist. Aber hast du nicht wenigstens ein paar Worte mit der Polizei gewechselt?«
    »Ich soll heute nach der Arbeit zur Vernehmung kommen. Aber ich trau mich nicht, allein zu Hause zu übernachten. Kann ich nicht bei dir schlafen?«
    Ganz und gar nicht das, was er sich vorgestellt hatte. Das hier war nicht gut.
    »Natürlich. Ich schlaf dann auf ’ner Matratze oder Isomatte. Warum bist du denn heute überhaupt zur Arbeit gegangen? Du hättest dich ein paar Tage krankschreiben lassen sollen.«
    »Nein, das geht nicht. Und außerdem will ich aus dem Haus rauskommen. Es ist schon in Ordnung, arbeiten zu gehen.«
    Eine Frage in Niklas’ Kopf. Er musste sie ihr stellen.
    »Wissen sie denn, wer die ermordete Person ist?«
    »Dazu hat die Polizei nichts gesagt. Ich weiß zumindest nichts. Kann ich nach der Arbeit rüberkommen?«
    Er signalisierte ihr, dass es kein Problem sei. Erklärte ihr den Weg. Seufzte innerlich.
     
    Niklas zog sich Shorts und T-Shirt an. Das DynCorp-Logo in schwarzen Lettern über der Brust. Er liebte seine Ausstattung. Die Laufsocken ohne Nähte, um Blasen zu vermeiden, und mit Gummibund an den Seiten für einen guten Halt. Die Schuhe: Mizuno Wave Nirvana – idiotischer Name, aber der beste Schuh, der im Sportgeschäft zu kriegen war.
    Das Erste, was er nach seiner Rückkehr getan hatte – und eines der wenigen Male, wo er sich weiter von zu Hause wegbewegt hatte –, war, die Schuhe und die anderen Laufutensilien zu kaufen. Er lief Probe auf dem Laufband im Geschäft, ließ sich die Breite des Leistens messen, diskutierte die Auswirkung der Überpronation auf den Abrollvorgang und den Aufbau seines Fußgewölbes. Viele dachten, dass Jogging ein angenehmer Sport sei, weil er unkompliziert und billig war und keine unnötige Ausrüstung erforderte. Allerdings nicht Niklas: Die Ausrüstung sorgte einfach für mehr Spaß. Die Socken, die Shorts mit den extra Schlitzen, damit sie nicht an den Beinen rieben, die Pulsuhr und natürlich die Schuhe. Mehr als tausendfünfhundert Kröten. Jede einzelne Krone wert. Er war schon mehr als zehnmal gejoggt, nachdem er zurückgekommen war. Da unten war er auch manchmal gelaufen, aber nicht so lange Strecken. Wenn du zufällig ein paar Meter zu weit in die falsche Straße gerietst, konnte es in einer Katastrophe enden. Zwei britische Kollegen aus seiner Gruppe: wurden mit durchschnittenen Kehlen aufgefunden. Die Schuhe geklaut. Die Socken an den Füßen noch warm.
    Er stellte sich vor den Spiegel, um den Pulsmesser um den Brustkorb zu spannen. Betrachtete sich selbst. Durchtrainiert. Die Haare frisch geschnitten, kurzer Style – man sah kaum, wie blond er eigentlich war. Aber seine blauen Augen entlarvten ihn. Züge eines anderen Gesichts im Spiegel: schwarze Striche unter die Augen gemalt, dreckverschmiertes Haar, stählerner Blick.

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