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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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höchstwahrscheinlich alle von ihnen, die meisten arbeiteten noch bei der Polizei, allerdings nicht mehr in derart konfliktträchtigen Positionen. Das klassische Schicksal eines Ordnungspolizisten: die letzten fünfzehn Jahre seiner Dienstzeit in einem Keller zu sitzen und Fahrraddiebstähle zu registrieren.
    Die Entscheidung fiel ihm leicht: Als Erstes würde er Leif Carlsson einen Besuch abstatten. Er war der Älteste. Der Knacker war erwiesenermaßen Nazi gewesen. Aber vor allem: Der Kerl litt inzwischen unter Alzheimer – er war ein perfektes Vernehmungsopfer.
    Tallbygården wirkte beschaulich. Auf einigen Balkonen mit Aussicht über die Grünanlagen sah er alte Menschen. Schmale Spazierwege schlängelten sich zwischen den Bäumen hindurch. Er betrat den Eingangsbereich. Ficus Benjaminiis, Sofas mit Josef-Frank-Bezügen und ein Schwarzes Brett mit angehefteten Zetteln und Informationsblättern:
Singstunde mit Lave Lindér am Donnerstag. Am Siebzehnten um zwanzig Uhr kommt der Bibliothekar von Trosa, um über neue Bücher in der Bibliothek zu informieren. Die Herrengymnastik am Dienstagmorgen fällt aus.
    Thomas wartete eine Weile. Es gab keine Rezeption. Er dachte an Runeby. Der ihm erzählt hatte, dass er den Vortrag dort in Gamla stan gehalten hatte. Eigentlich nicht so verwunderlich, wie es geklungen hatte – der Kerl hatte Ende der Siebziger zwei Jahre lang in einer Art Privatarmee in Südafrika gedient. »Um des Kampfes Willen«, wie er sagte, »nicht, weil ich Rassist gewesen wäre.« Thomas kümmerte das Warum eigentlich nicht weiter – aber er musste auf der Hut sein; wie sehr war Runeby eigentlich in dieser Vereinigung in Gamla stan engagiert?
    Nach ein paar Minuten kam eine Pflegerin durch eine Glastür heraus.
    »Wohnt hier ein Leif Carlsson?«, fragte Thomas.
    Die Schwester führte ihn in den ersten Stock. Blumen in den Fenstern, Poster mit schwedischen Klassikern in gerahmter Form: Zorn, Carl Larsson, Jirlow. Ein Fernsehzimmer, ein Speisesaal, jede Menge Personal. Die Pflegerin klopfte an eine Tür. Erkundigte sich nicht mal danach, wer Thomas war.
    Leif Carlsson sah nicht so gebrechlich aus, wie Thomas erwartet hatte. Sauber gezogener Seitenscheitel. Blondes Haar, das an den Schläfen ergraut war. Ein schiefes Lächeln, ein Anflug von Skepsis in den blauen Augen. Litt er wirklich an Alzheimer? Leif Carlsson war groß. Thomas konnte sich förmlich vorstellen, wie er vor dreißig Jahren ausgesehen hatte, höchstwahrscheinlich bedeutend kräftiger: ein angsteinflößender Anblick für jeden Verbrecher.
    Im Zimmer lief der Fernseher. Carlsson schien in einem Sessel davor gesessen zu haben. Als Thomas reinkam, stand er auf. Die Schwester ließ sie allein. Schloss die Tür.
    »Guten Tag. Ich heiße Thomas Andersson, Kommissar, Palme-Gruppe.«
    Carlsson ließ seine Hand los. »Jetzt kommen Sie also.«
    Thomas konnte nicht beurteilen, ob es ein Vorwurf oder eine schicksalhafte Feststellung war.
    Der Kerl setzte sich. Es sah aus, als tastete er die ganze Zeit mit der Zunge nach irgendetwas in seinem Mund. Wahrscheinlich eine alte Angewohnheit.
    Thomas setzte sich auf einen Stuhl an einem kleinen Schreibtisch. Das Appartement bestand aus zwei Zimmern: ein Schlafzimmer, zu dem die Tür angelehnt war, und das Wohnzimmer, in dem sie jetzt saßen. Carlsson hatte es wie ein richtiges Zuhause eingerichtet. Ein echter Teppich auf dem Boden, einige Bilder an den Wänden, Sessel und Schreibtisch im Rokokostil.
    »Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen. Ich hoffe, das ist in Ordnung.«
    Carlsson war offenbar schon seit fünf Jahren ernstlich krank. Seine Abwehrmechanismen gegen Vernehmungen dürften kläglicher als die eines Kindes sein.
    Carlsson nickte. »Ich habe nichts zu verbergen.«
    Thomas stellte das Aufnahmegerät an, das in seiner Tasche lag.
    »Erzählen Sie mir von der Truppe.«
    »Meinen Sie die A-Runde?«
    »Ja, das ist doch wohl die einzige Gruppe, die Sie jemals die Truppe genannt haben, oder?«
    »Ja natürlich, wir haben sie so genannt, glaube ich.«
    »Wer war wir?«
    »Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
    Thomas antwortete ruhig: »Thomas Andersson, Palme-Ermittlungen.« Klar, dass der Typ Alzheimer hatte.
    Carlsson fuhr wieder mit seiner Zunge im Mund herum. Wiederholte: »Jetzt kommen Sie also.«
    Thomas fuhr fort: »Erzählen Sie von der Truppe, der A-Runde. Wer gehörte dazu?«
    »Zu der Truppe? Das war natürlich Malmström. Dann waren da noch Jägerström, Adamsson, Nilsson,

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