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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Legte einen Kavalierstart hin und fuhr zu der Stelle, an der er die beiden gesehen hatte. Bekam gerade noch mit, wie ein gelber Volvo davonfuhr. Erkannte das krause Haar des Freiers auf dem Fahrersitz.
    Er fuhr dem Wagen hinterher. In Richtung Süden. Auf die Autobahn.
    Der Wagen hielt in Masmo. Der Mann hielt das Mädchen umfangen wie zuvor. Führte sie durch die Haustür rein. In derselben ruhigen, selbstsicheren Art und Weise. Als gehörte sie ihm. Als bildete er sich ein, dass er mit seinem Verhalten ungestraft davonkommen würde.
     
    Zwei Stunden später kam das Mädchen allein wieder raus. Sie führte ein Telefonat auf ihrem Handy. Lehnte sich an die Hauswand. Zündete sich eine Kippe an. Niklas meinte, den Zigarettenrauch riechen zu können, obwohl er in seinem Wagen saß.
    Sie setzte sich auf einen niedrigen Zaun. Beugte den Oberkörper vor. Schloss die Arme um die Knie. Das Gesicht zum Boden gewandt. Sie musste frieren wie ein Schneider. Sowohl körperlich als auch seelisch.
    Niklas stieg aus dem Auto. Hatte vor, ihr anzubieten, sie irgendwohin mitzunehmen. Ihr eine Bleibe anzubieten. Sie aus dem Krieg rauszuholen. Aus der Scheiße. Dem Dreck.
    DRECK .
    Er ging auf sie zu. Das Mädchen schien ihn nicht kommen zu hören. Er schlurfte absichtlich mit den Schuhen auf dem Asphalt. Keine Reaktion. Er stellte sich vor sie, tippte ihr auf die Schulter.
    Sie sah auf. Sie hatte ein schmales Gesicht, nach hinten gekämmtes, zu einem Pferdeschwanz gebundenes dunkles Haar und hellbraune Augen, die im Licht der Straßenlaterne glänzten. Ihr Blick: voller Scham. Zugleich sah sie ihn verständnislos an.
    Niklas streckte die Hand aus.
    »Ich heiß Niklas.«
    Sie schüttelte den Kopf. In gebrochenem Schwedisch: »Ich verstehe nicht so gut Schwedisch.«
    Niklas wiederholte es auf Englisch. Das Mädchen wirkte immer noch befremdet.
    »What do you want?«
    Er hatte lange nicht mehr Englisch gesprochen, aber es funktionierte immer noch gut.
    »Ich bin gekommen, um dich von hier wegzubringen.«
    Das Mädchen stand auf. Er sah zum ersten Mal ihren ganzen Körper aus nächster Nähe. Ein kurzer Rock und dicke hautfarbene Strumpfhosen. Lange Beine. Eine Lederjacke, die offenbar nicht zu schließen ging. Darunter sah er ihre üppige Brust sich abzeichnen. Sie stand einfach nur da. Schien ihn genauso zu taxieren wie er sie. Niklas schämte sich: Er hatte sie gerade gemustert wie ein Stück Fleisch. Genau wie es in all den Feministenbüchern stand, die er gelesen hatte.
    Schließlich fragte sie: »Was meinst du damit?«
    »Ich bring dich weg von hier. Du sollst das, was du machst, nicht länger tun müssen. Und ich werde sie bestrafen.«
    »Du kannst mich von hier wegbringen. Aber es kostet. Tausendfünfhundert Kronen die Stunde.«
    »Nein, nein. Du verstehst mich falsch. Ich will dich nicht kaufen. Im Gegenteil, ich will, dass du mit dieser Sache aufhörst. Du sollst frei sein. Und diejenigen, die glauben, dass du käuflich bist, werd ich bestrafen. Versprochen.«
    Ein dunkelblauer Opel hielt am Straßenrand. Das Mädchen sah auf. Dann wandte sie sich wieder Niklas zu.
    »Ich muss jetzt gehen.«
    »Geh nicht, komm mit mir.«
    »Nein, ich fahren.«
    Niklas schielte in Richtung Opel. Ein Mann saß am Steuer. Sah zu ihnen rüber.
    Niklas sagte: »Ich werd ihn ebenfalls bestrafen.«
    Das Mädchen ging auf den Wagen zu. Kurz bevor sie einstieg, drehte sie sich um.
    »Du kannst niemals alle bestrafen.«
     
    Endlich war es so weit. In gebückter Haltung wie im Kampf. Auf dem Weg hinauf zur Rückseite von Roger Jonssons Villa. Denn er wusste: Am heutigen Tag war die Lebensgefährtin des Schweins, Patricia Jacobs, auf einer Konferenz. Und er wusste noch mehr: Der Arsch verfolgte die Eishockeyspiele der Ersten Liga, wie ein gut dressierter Hund seinem Herrchen folgt. Heute Abend, sieben Uhr: Färjestad gegen Linköping. Ein Riesenereignis, ein absoluter Publikumsmagnet.
    Er dachte an die letzten Worte, die die Prostituierte gesagt hatte. Heute Abend würde sie es ja sehen. Roger Jonsson – der Hurenwichser, der Freierarsch, der Frauenschläger. Würde so hart bestraft werden, dass er sich wünschte, niemals geboren worden zu sein.
    Niklas hatte sich leichte dunkle Kleidung angezogen, die eigentlich für Winterjogger gedacht war: enganliegende dicke Leggings und eine winddichte dünne Jacke aus Goretex. Auf dem Kopf: eine eigens angefertigte Balaklava, eine Art Zipfelmütze, in die er Löcher für die Augen und den Mund geschnitten hatte.

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