Mach sie fertig
Nahaufnahmen vom Zaun gemacht, von den Schlössern, der Alarmanlage, dem Tor, die Höhe der Fenstersimse vom Boden aus gemessen.
Nach Mahmuds Auffassung: Die Villa war der perfekte Ort für einen Raub. Es war genau wie die Wohnungsstürmung, die er, Babak und Robert bei diesem Ecstasyscheißer durchgezogen hatten. Keiner würde sie hindern, wenn sie erstmal drin wären. Keiner würde von draußen kommen und sie abhalten. Aber der Vorteil im Vergleich zur Erstürmung: Sie würden ja mitten in eine bizarre Hurenparty reinplatzen – kein Risiko, dass irgendjemand die Bullen alarmierte. Es war genial.
Sie würden den Jugos richtig was auf den Sack geben. Den Scheißfreiern den absoluten Dämpfer verpassen. Mahmud würde wie ein Verrückter Cash absahnen, ganz easy. Rastafari Jah! Der nette Sunshinesonntag neulich hatte sein Leben verändert. Jorge war ein echter König.
Dann würde es vorbei sein mit dem Shurgardlager, der Nuttenwache, den Dealeraufträgen. Er war Dejan, Ratko, Stefanovic und die anderen Pisser so leid, dass ihm schon schlecht wurde, wenn er nur ihre Namen hörte. Die Attacke auf Smådalarö würde sein letzter Coup werden. Ehrlich, er hatte vor, auf Erika Ewaldsson, seinen Vater und seine große Schwester zu hören. Jorges Geld zu nutzen, um eine cleane Sache zu starten. Was Anständiges. Etwas, das in die Svenssongesellschaft reinpasste.
Er und Niklas hatten sich bereits zweimal getroffen. Hatten sich Karten und Pläne angesehen, die Niklas organisiert hatte. Der reinste Tom-Lehtimäki-Typ. Oder mehr als das: der absolute Elitesoldat. Mahmud kam sich vor wie das SWAT -Team number one. Sie studierten das Haus von oben. Prägten sich die Höhenunterschiede im Gelände ein, wie die Straßen/Wege verliefen, wo genau der Wald ans Grundstück grenzte. Im Moment war es Winter: Es würde sie also kein dichtes Laubwerk schützen. Sie analysierten, wo sie Fußangeln auslegen könnten, ob sie irgendwelche Ablenkungsmanöver starten – vielleicht in der Garage oder in einem der Nebengebäude Feuer legen sollten.
Die Architektenpläne vom Haus waren noch cooler. Niklas hatte sie von der Gemeinde bekommen. Schweden war schon ein merkwürdiges Land – man konnte bei den öffentlichen Ämtern alles Mögliche anfordern. Das Haus war groß, über fünfhundert Quadratmeter. Riesenküche, Speisesaal, Spa-Bereich im Keller, Fitnessraum, Salons, diverse Schlafzimmer, Gästezimmer mit eigenen Toiletten. Fragen: Wie kam man am besten ins Haus rein? Wo würden sie Überwachungskameras oder Türsteher platzieren? Welche Türen würden verschlossen und welche offen sein? Die wichtigste Frage: In welchen Räumen würde die Hurenparty stattfinden? Sie verglichen die Grundrisse mit den Fotos, die Niklas geschossen hatte. Identifizierten die Zimmer, konnten die Einrichtung mittels der hochaufgelösten Kamerabilder erkennen. Konnten bestimmte Räume ausschließen. Die Freier würden sich wahrscheinlich nicht in der Küche aufhalten, auch nicht im Speisesaal. Schon eher: im großen Salon, im Spa-Bereich, vielleicht in den Gästezimmern. Es hing davon ab, welche Art von Event es letztlich werden würde. Mahmud musste versuchen, sich ein bisschen umzuhören.
Sie beratschlagten, wie viele sie sein müssten. Niklas war beinhart: Er und Mahmud würden es nie alleine schaffen. Das ging Mahmuds Vorstellung gegen den Strich, aber er widersprach nicht. Sie werteten diverse Waffenalternativen aus. Niklas hatte den absoluten Überblick. Es war fast schon gruselig – was hatte der Typ nur in seinem früheren Leben gemacht? Maschinengewehre, Laservisier, Scheinwerfer. Vielleicht würden sie ’ne Granate benötigen, Flak-Jackets, vernünftige dunkle Kleidung, die sie verbrennen könnten, wenn das Ganze vorbei war. Sie würden die Sache akkurat durchziehen.
Sie planten, redeten, phantasierten. Entwickelten Strategien, schrieben Listen, prägten sich Fotos, das Gelände, die Karten ein. Versuchten, sich die verschiedenen Schritte der Attacke vor Augen zu führen, die Gefahren zu erkennen. Dennoch: Sie wussten zu wenig. Mahmud musste ebenfalls zum Haus rausfahren und sich umsehen. Niklas wollte selber wieder hin, heute Nacht.
Ganz klar: Er war durchgeknallt: benutzte Militärausdrücke wie der reinste Kommandosoldat. Gab eine Menge Abkürzungen, Strategiebegriffe, Waffenbezeichnungen von sich, von denen Mahmud null kapierte. Zugleich: Er war perfekt.
Sie beendeten das letzte gemeinsame Treffen mit Hausaufgaben. Mahmud würde die
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