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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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unten im Keller. Mit dem Eishockeyspiel, Mamas alten Kleidern und Reisetaschen. Die Abende, an denen Rantzell sie geschlagen hatte. Unterdrückt. Erniedrigt.
    Der Rechtsanwalt begann mit seinen Ausführungen. Ging zum x-ten Mal Niklas’ Aktivitäten an besagtem Abend durch, berichtete von dem Videofilm, den sie bei Benjamin Berg angeguckt hatten, der Pizza, die sie in der lokalen Pizzeria gekauft hatten. Burtig führte seine Argumente aus, wies die angeblichen Beweise zurück, die der Oberstaatsanwalt dargelegt hatte. Dabei schnickte er die ganze Zeit über mit seinem Metallkugelschreiber. In Kürze würden sie ihm selbst Fragen stellen. Niklas hörte nicht länger zu.
    Er atmete durch die Nase ein. Durch den Mund wieder aus. Langsam. Versorgte seinen Körper mit Sauerstoff. Konzentrierte sich auf Burtigs Stift.
    Reinstes Tanto-Dori-Gefühl. Der Stift. Als hielte er ihn in der eigenen Hand.
    Wog ihn in seinen Fingern.
    Atmete.
    Entspannte sich.
    Atmete.
    Er stand auf. Entriss Burtig den Stift.
    Lief auf die Schranke zu. Der Richter stand auf. Rief irgendetwas. Ein Aufseher versuchte, Niklas zu ergreifen. Verfehlte ihn. Rannte ihm hinterher.
    Niklas sprang auf das Podest. Der Referendar wirkte völlig verängstigt. Der Richter trat einen Schritt zurück. Der Aufseher bekam Niklas zu fassen. Wie erwartet.
    Er atmete schnell. Den Stift in der Hand. Die Aufseher waren keine Unmenschen – doch Niklas’ Auftrag war wichtiger.
    Er stach mit einer perfekten geradlinigen Bewegung zu. Wieder raus und noch mal.
    Der Stift steckte dem Aufseher wie ein Pfeil im Bauch. Dieser erfasste, was geschehen war. Begann zu brüllen. Machte einen Schritt zurück.
    Niklas griff sich den Stuhl des Richters und hob ihn hoch. Warf ihn gegen das Fenster. Das klirrende Geräusch der zersprungenen Scheibe erinnerte ihn an Claes’ Flaschen, die er im Gösta Ekmans väg immer direkt in den Müllschlucker geworfen hatte.
    Niklas griff sich das Gesetzbuch. Schlug damit die scharfen Glaskanten ab, die herausragten. Es klirrte. Dann würde er sich nicht ganz so stark verletzen. Er sprang hoch in den Fensterrahmen. Markko rannte auf ihn zu, schrie etwas. Niklas wollte ihn eigentlich nicht verletzen. Aber das hier war ein Krieg. Er trat zu. Sah Markko rücklings umfallen.
    Jetzt war es vorbei.
    Er sprang aus dem Fenster. Nicht mehr als drei Meter. Sanfter Fall in den tiefen Schnee.
    Er stapfte vorwärts.
    Sein Atem dampfte.
    Rauf auf den Spazierweg. Er keuchte. Spürte die Kälte an den Füßen. Er hatte nur Strümpfe an. Die Gefängnispantoffeln waren im Schnee steckengeblieben.
    Er konzentrierte sich. Wusste, wohin er wollte.
    In Richtung U-Bahn-Station.
    Eiskalter Atem.
    Konzentration auf das Ziel.
    Auf seine Schritte.
    Er sah den Eingang zur U-Bahn. Bis jetzt waren noch keine Polizisten aufgetaucht.
    Morgen war Silvester.

60
    Es schneite noch immer. Der weiße Niederschlag lag wie dezimeterhohe Baumwolle auf den Fensterbänken. Zum Teufel mit dem Treibhauseffekt. Das Gerücht vom Ausbleiben des Winters war stark übertrieben.
    Sie saßen wieder zu Hause bei Thomas. Die Unterlagen auf verschiedene Haufen verteilt. Sichteten das Material. Suchten nach Zeichen, Spuren, Anhaltspunkten zu den Aussagen, die Ballénius gemacht hatte – zu den Zahlungen an Rantzell. Sie arbeiteten fieberhaft. Wie es sich für eine Voruntersuchung gehörte. Kein Hinweis durfte ihnen entgehen. Die Zeit lief ihnen davon – sie hatten Ballénius zwar erwischt, aber der Kerl konnte sie jederzeit verpfeifen, der Mann, der Thomas in der Garage überfallen hatte, konnte Wind davon kriegen, dass sie der Sache auf der Spur waren, die Palme-Gruppe konnte von ihrer privaten kleinen Parallelermittlung erfahren. Und heute Abend würde die Party bei Bolinder steigen. Thomas hatte Hägerström immer noch nichts erzählt. Eigentlich: Wenn kein Anlass bestand, zu dem Fest zu fahren, bestand auch kein Anlass, ihm was davon zu erzählen. Und bis jetzt sah Thomas noch keinen Nutzen darin hinzufahren.
     
    Die Stunden vergingen. Thomas würde spätestens um achtzehn Uhr gemeinsam mit Åsa zur Silvesterparty bei ihren Freunden fahren. Eigentlich hatte er vorgehabt, zusammen mit Hägerström die Nacht durchzuarbeiten, aber irgendwo musste es Grenzen geben.
    Sie breiteten all die Papiere auf dem Fußboden aus, die sie mit den meisten Verdachtspunkten versehen hatten und die mit Finanzen zu tun hatten. Die Anzahl war geschrumpft, aber es waren immer noch über fünfhundert Dokumente. Sie

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