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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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können.
    Und in gewisser Weise war alles Mamas Schuld. Sie war es gewesen, die sein Alibi zunichtegemacht hatte – der Videoabend bei Benjamin war am Arsch. Er hätte keine Chance gehabt, wenn es zum Prozess gekommen wäre, auch wenn sein Verteidiger einen cleveren Eindruck machte.
    Die Flucht aus der Verhandlung war reibungsloser vonstattengegangen als erwartet. Sobald Niklas runter in die U-Bahn-Station gekommen war, hatte er sich nach einem Mann älteren Semesters umgesehen. Es war kurz vor Silvester, demzufolge viele Menschen unterwegs. Auf dem Bahnsteig: hauptsächlich Frauen mit Kleinkindern und Rentner. Der Kerl gehörte letztgenannter Kategorie an. Niklas zwang ihn zu Boden, musste ihn noch nicht mal schlagen, griff sich seine Schuhe und seinen Mantel. Die Leute um ihn herum verzogen kaum eine Miene – keiner versuchte ihn zu hindern. Symptomatisch: Die Loser standen einfach nur da und gafften. Das war ein Teil des Problems. Die Gesellschaft bestand aus Zuschauern. Ein Zug fuhr ein. Bis jetzt hatte er noch keine Polizisten erblickt. Alles war ziemlich schnell gegangen; erst vor einigen Minuten war er aus dem Fenster des Landgerichts gesprungen. Gedanklich in Kampfbereitschaft. Strategische Abwägungen im Schnelldurchlauf. Er schiss drauf, in den Zug zu springen. Als dieser aus der Station herausfuhr, sprang er hinter dem letzten Wagen auf die Gleise und schlug im Tunnel die entgegengesetzte Richtung ein. Diejenigen, die ihn gesehen hatten, würden vermutlich glauben, er sei in den Zug gestiegen und in Richtung der nächsten U-Bahn-Station verschwunden.
    Ein paar hundert Meter im Dunkeln. Das Licht der nächsten Station erschien ihm aus der Entfernung wie ein weißer Punkt. An den Wänden hingen blaue Signalleuchten, darunter verliefen dicke Kabel. Er rannte. Die Schuhe des Typen passten halbwegs. Er benötigte sie ja nur, bis er wieder an seine eigenen Sachen herankäme. Bis jetzt kam noch kein Zug, doch der würde ihn auch nicht stören – der Abstand zwischen den Gleisen und der Wand betrug mindestens einen Meter. Was ihn hingegen stören würde: die Ratten, die da unten im Kies herumflitzten.
    Ratten.
    Einige Sekunden Stille. Die Dunkelheit umschloss ihn. Nagende Geräusche von den Zähnen der Tiere.
    Niklas blieb stehen. Er musste hier raus.
    Die Ratten bewegten sich da unten zwischen den Gleisen.
    Er wiederholte im Stillen: Ich muss hier raus.
    Die Bilder kamen wieder. Der Kellerraum, als er Kind war. Alle Ratten da unten im Sandkasten.
    Der Gedanke jetzt so klar wie das Licht weiter hinten im Tunnel: Wenn ich jetzt nicht gleich hier rauskomme und meinen Auftrag zu Ende ausführe, verliere ich meine Existenzberechtigung. Ich gehe unter. ICH GEHE UNTER .
    Er weigerte sich.
    Weigerte sich, ein passiver Betrachter seines eigenen Schicksals zu bleiben. Bis jetzt hatte er sich immer durch die äußeren Umstände leiten lassen. Natürlich traf er Entscheidungen – jedoch immer aus der jeweiligen Situation heraus, bezogen darauf, was die anderen taten, wie er sich fühlte, was Mama dachte. Äußere Faktoren, Nebensächlichkeiten, die nicht seiner tiefen, ureigensten Überzeugung entstammten. In denen er sich nicht selbst wiederfinden konnte. Die nicht seinem eigenen Weg entsprachen. Heute würde er seinen Kurs ändern. Er war ein leibhaftiger Krieger. Ein Gegengewicht zu allen anderen.
    Jetzt sah er noch andere Lichter da hinten.
    Die Gleise vibrierten. Ein Zug fuhr durch den Tunnel.
    Er presste sich gegen die Wand. Versuchte zu erkennen, ob die Ratten noch da waren.
    Eine leichte Druckwelle im Tunnel. Als würde die Luft vor dem Zug hergeschoben.
    Der Zug donnerte vorbei. Er stand still. Dicht, dicht an die Wand gedrückt.
    Dann rannte er. Auf das Licht zu.
    Hörte die Rattenviecher nicht mehr. Lief immer weiter.
    Stieg hoch auf den Bahnsteig.
    Es war elf Uhr. Eine Mutter mit Kinderwagen erblickte ihn.
    Niklas rannte die Rolltreppe hoch.
    Er hatte es geschafft.
     
    Zurück in der Jetztzeit. Das Auto, der Schnee. Der Araber, bei dem er im Wagen saß, hieß Babak.
    Niklas informierte ihn über die Villa. Beschrieb ihm den Weg. Erklärte ihm den Ablauf wieder und wieder. Babak nickte nur. Umklammerte das Lenkrad mit festem Griff, als hätte er Angst, es zu verlieren.
    Sie fuhren auf dem Nynäsväg stadtauswärts. Kaum Autos unterwegs. Schmutziggraue Schneewehen am Straßenrand. Tiefe Spuren im Schnee.
    Niklas dachte über Mahmud und seine Männer nach. Sie besaßen Energie. Sie waren selbstsicher. Aber

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