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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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denselben Film ansah: Lethal Weapon. Eigentlich fand Mama es nicht gut, wenn er sich so »grausame und brutale« Videofilme anschaute, aber sie konnte seinem Betteln nicht widerstehen. Das hatte er schon vor langer Zeit gelernt – Mama gab letztlich immer nach, wenn er nur oft genug fragte.
    Aber Claes, der gab nicht nach. Niklas wusste, dass es sinnlos war, Mama auch nur zu fragen, wenn Claes da war. Nicht, weil Mama dann schwerer zu überreden war, sondern weil Claes sich einmischte und alles kaputtmachte.
    Claes versaute alles. Und der Typ war noch nicht mal sein richtiger Papa.
    Manchmal allerdings konnte er richtig nett sein. Niklas wusste wann; es war, wenn Claes auf seiner Arbeit Geld bekommen hatte. Er wusste nicht genau, wann es geschah, aber es geschah recht selten. An solchen Tagen kam Claes mit Grillchips und Coca-Cola, diversen Videofilmen und süßen Himbeerschlangen nach Hause. Aus irgendeinem Grund waren es immer süße Himbeerschlangen, obwohl es viele leckerere Süßigkeiten gab. Für sich selbst und Mama brachte er Tüten mit, die schwer waren. Niklas erkannte diese weißen Tüten mit der Aufschrift Pfanderstattung im Systembolag wieder. Er wusste, was es bedeutete, wenn Flaschen aneinanderstießen. Manchmal entkorkten sie sie noch am selben Abend. Manchmal warteten sie bis zum Wochenende. Der weitere Verlauf hing von Claes’ Laune ab.
    Claes kam ins Wohnzimmer und stellte sich genau in dem Moment vor den Fernseher, als Mel Gibson sich die Schulter ausrenkte. Er schaute Niklas an, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte. Das eine Sofakissen war kurz davor, über die Kante zu rutschen und auf den Boden zu fallen.
    »Niklas, schalt den Film ab«, sagte er.
    Niklas setzte sich auf dem Sofa auf und streckte sich nach der Fernbedienung. Die Ziffern auf den harten Knöpfen waren abgeschabt. Der Fernseher war alt und sah aus, als hätte er mal in einem Holzkasten gestanden. Aber immerhin hatte er eine Fernbedienung.
    Er stellte den Fernseher ab. Das Video lief ohne Ton weiter.
    »Stell das Videogerät auch ab. Es muss ja nicht unnötig laufen. Ist es dir eigentlich völlig egal, dass deine Mutter es nicht gut findet, wenn du dir so ’nen Mist anguckst?«
    Niklas öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam kein Laut heraus.
    Mama kam rein und stellte sich in die Türöffnung.
    »Hej Classe. Wie war dein Tag? Lass ihn doch ein bisschen fernsehen! Dann können wir beide das Essen vorbereiten.«
    Claes wandte sich ihr zu.
    »Weißt du, ich bin verdammt müde.«
    Dann setzte er sich neben Niklas aufs Sofa und schaltete den Fernseher wieder ein. Es kamen Nachrichten.
    Niklas stand auf und ging in die Küche hinaus. Zu Mama.
    Sie war gerade dabei Kartoffeln zu schälen und hielt inne, als er reinkam. Sie nahm ein Bier aus dem Kühlschrank.
    »Niklas, bring das hier zu Classe rein. Dann wird seine Laune bestimmt besser.«
    Niklas betrachtete das kalte Bier. Außen auf der Flasche bildeten sich kleine Tropfen, als würde sie schwitzen. Er fand, dass es lustig aussah, und dachte bei sich: Im Kühlschrank war es doch kalt – warum schwitzte sie dann bloß? Dann sagte er: »Ich will nicht. Claes braucht kein Bier, Mama.«
    »Warum nennst du ihn nicht Classe? So wie ich es tue.«
    »Aber er heißt doch Claes.«
    »Ja, das stimmt, aber Classe klingt besser.«
    Niklas fand, dass Classe ein noch hässlicheres Wort war als Manchesterhose.
    Mama nahm selbst das Bier in die Hand und ging hinaus zu Claes.
    Niklas legte sich in seinem Zimmer aufs Bett. Es war zu kurz, seine Zehen lugten raus. Manchmal war es ihm etwas peinlich, dass er, der bald neun wurde, immer noch in einem Kinderbett schlief. Dasselbe Bett, das er von Geburt an gehabt hatte, sagte Mama. Sie konnten sich kein neues, größeres leisten. Aber andererseits, er hatte sowieso fast nie Besuch von irgendwelchen Freunden.
    Er angelte sich vom Fußboden ein altes Heft von Spiderman und begann zu lesen. Sein Magen knurrte. Das hatte er im Hort gelernt – es bedeutete, dass man Hunger hatte.
    Ja, er hatte Riesenhunger.
     
    Es gab kein richtiges, warmes Essen, obwohl inzwischen schon ein paar Stunden vergangen waren. Stattdessen aß er Toastbrot mit Marmelade und trank O’boy. Die Kartoffeln, die Mama geschält hatte, lagen noch immer ungekocht im Topf. Im Wohnzimmer lagen zwei leere Pizzakartons, mehrere leere Bierdosen und seine Mutter und Claes auf dem Sofa. Sie sahen sich irgendeinen Film an. Seine Lethal Weapon-Kassette, die der Vater eines

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