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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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hatte.
     
    In der U-Bahn auf dem Weg ins Zentrum. Er war frisch geduscht. Fühlte sich sauber.
    Mama hatte ihn vorhin angerufen. Es war schon verrückt – sie war völlig fertig wegen Claes. Redete davon, dass sie es den Bullen sagen würde. Doch Niklas war anderer Meinung. Wenn einer von ihnen den Bullen etwas sagen würde, wär die Sache gelaufen.
    Sie fragte ihn geradeheraus: »Niklas, warum ist es eigentlich so wichtig, dass wir nichts sagen?«
    Er versuchte, es ihr zu erklären. Wollte sie zugleich nicht verärgern. Antwortete mit ruhiger Stimme: »Mama, du musst verstehen. Ich will nicht, dass die Polizei misstrauisch wird und anfängt, in meiner Vergangenheit rumzuschnüffeln. Ich hab nämlich ’ne ganze Menge Einkünfte aus dieser Zeit, an denen das Finanzamt mit Sicherheit interessiert sein wird. Das ist doch völlig unnötig. Oder?«
    Er hoffte, dass sie es verstand.
    Niklas schloss die Augen. Versuchte, die Bilder aus seinen Albträumen abzuschütteln. Das Blut an seinen Händen. Claes, wie er ausgesehen hatte, als Niklas klein war. Die Welt war krank. Es ergab keinen Sinn mitzuspielen. Irgendwer musste das tatenlose Schweigen brechen. Wie der Bullentyp sagte, den er im Friden getroffen hatte: »Es geht um den Verfall der Gesellschaft.« Und dennoch: Die Logik seiner Aussage war hinfällig, weil Mama das Ganze so mitnahm. Dass Claes verschwunden war, war etwas Wunderbares. Eine Heldentat, die gewürdigt werden musste. Doch sie kapierte es nicht. Ausgerechnet sie, für die die Tat begangen worden war. Sie, die am meisten von allen davon profitierte. Sie hätte sich bedanken müssen wie dieser Mahmud.
    Das Donnern des U-Bahn-Waggons hämmerte wie ein eintöniger Rhythmus in seinem Kopf. Er versuchte seine Mutter zu vergessen. Zwang sich, an etwas anderes zu denken. An seine eigenen Probleme. Die Jobsuche, die bisher erfolglos war. Seine Ersparnisse würden nicht ewig reichen. Verdammt auch, dass er sich eingebildet hatte, sein kleines Vermögen mit Glücksspielen verdoppeln zu können – kurz bevor er nach Schweden zurückkam, war er noch auf einen Abstecher nach Macao geflogen. Naiv, draufgängerisch, zu risikofreudig. Aber im Hinblick auf alle Erfolgsgeschichten, die Collin und die anderen zum Besten gegeben hatten, war es irgendwie auch kein Wunder. Alle schienen durchs Spielen zu Geld gekommen zu sein. Außer ihm, wie sich herausstellte. Die Hälfte seines Vermögens war draufgegangen, bevor er einsah, dass er endlich aufhören musste.
    Niklas öffnete die Augen. Er würde gleich aussteigen müssen. Der Bahnsteig von Mariatorget glitt draußen vor den Fenstern vorbei. Er betrachtete die CD -Werbung von Åhléns im Wagen. Dachte: Bestimmte Dinge wird es in diesem Leben wohl ewig geben. Den klaren Sternenhimmel in der Wüste, die Unfähigkeit der Amerikaner, fremde Sprachen zu erlernen, und: Åhléns CD -Werbung in der Stockholmer U-Bahn. Er musste grinsen. Angenehm, dass sich manche Dinge niemals verändern. Aber da gab es noch eins: Die Einstellung gewisser Männer Frauen gegenüber. Ihm ging der Mist einfach nicht aus dem Kopf. Diese Männer waren Ratten.
    Er stieg bei Slussen aus. Kontrollierte die Adresse auf dem Zettel in der Hosentasche noch einmal – Svartensgata  5 . Die Götgata entlang. Sie war in eine Fußgängerzone umgewandelt worden. Menschentyp: eine Mischung aus jungen Leuten in schmal geschnittenen Jeans, Converseschuhen, Collepulli und Palästinenserschal und trendigen Familien mit dreirädrigen Kinderwagen mit Vätern, die Brillen mit breiten Bügeln und Dreitagebart trugen. Niklas war das Phänomen schon früher aufgefallen: In Schweden trugen junge hippe Trendsetter Palästinenserschals, als wäre es besonders cool, ein Kleidungsstück wie jedes andere auch. Doch für Niklas war es genauso bizarr, als würden die Leute mit Dschellaba und Vollbart rumlaufen.
    Der Sommer war richtig in Gang gekommen. Niklas fühlte sich gut. Setzte seine Sonnenbrille auf. Dachte zurück an all die komaähnlichen Stunden während seiner Wachschichten. In der Hitze. Immer ein leicht sandiger Wind, der Wangen und Stirn wie mit kleinen Nadelstichen traktierte.
    Er bog nach rechts ab. Ging den Berg hinauf. Svartensgatan. Kopfsteinpflaster. Antiquiert. Nummer 5 : sah von außen wie eine alte Kirche aus. Keine Fenster über der Haustür, aber weiter oben – große halbrunde Fenster, die offensichtlich für die Lichtzufuhr in einem riesigen Raum da drinnen sorgten. Ein kleines Schild neben der Tür:

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