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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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Hauptzweig der Familie abstammte, doch zählten diese «jüngeren» Medici in den Augen des Kardinals nicht als vollwertig oder gar herrschaftsfähig. Er tat sogar alles, um sie in der Versenkung zu halten, in der sie seit Generationen lebten.
    Ein einziger Lebensfaden trennte Florenz jetzt noch von der Rückkehr zur ungelenkten und unsortierten Republik. Dass sich niemand fand, um ihn gewaltsam durchzuschneiden und Kardinal Giulio zu töten, zeigt, wie falsch das von Jacob Burckhardt geprägte Klischee von der Renaissance als Blütezeit des kunstvollen Meuchelmords ist. Im Gegensatz zum Wendejahr 1512/13 taten sich keine Verschwörer zusammen, um dem Schicksal nachzuhelfen. Fortuna selbst stand – wie konnte es anders sein – wieder einmal auf Seiten der Medici. Hadrian VI. machte sich in Rom in kürzester Zeit gründlich unbeliebt. Zum einen baute er sich ein niederländisches Netzwerk aus verlässlichen Mitarbeitern auf, an das der Großteil der neu zu verteilenden Pfründen ging; zum anderen missbilligte er den weltlichen Lebensstil vieler Kirchenfürsten. Alle diese Missstände sollten durch eine umfassende Reform «an Haupt und Gliedern», das heißt, vom Haupt der Kirche bis hinab zum letzten Glied, behoben werden. Im Gegensatz zu Leo X., der die Anfänge der Reformation im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation mit politischen Manövern zu bekämpfen versucht hatte, plante der niederländische Papst eine umfassende Erneuerung von Kirche und Klerus. Die Folge war, dass die große Mehrheit der Kardinäle seine Wahl zutiefst bereute und sich nach der Zeit des Medici-Papstes zurücksehnte. Wehmütig erinnerte man sich daran, wie angenehm es sich unter diesem Oberhirten leben ließ, der die Unterhaltung durch Komödiendichter wie Machiavelli und Spaßmacher aller Art zu schätzen wusste. Kardinal Giulio de’ Medici galt zwar als persönlich untadelig, ja sittenstreng, doch als Papst würde er sicherlich dem Motto «Leben und leben lassen» huldigen.
    So spielten dem Kardinal die Zeitläufe in die Hände. Hadrian VI. starb zur Freude der meisten Kardinäle und Humanisten schon im September 1523. Und am 19. November 1523 zeigte sich Fortuna den Medici ein weiteres Mal geneigt: Nach einem überaus kostspieligen Wahlkampf in einem langen Konklave bestieg Kardinal Giulio als Clemens VII. den Thron Petri. Für die Florentiner, die wie Machiavelli auf den sang- und klanglosen Untergang der Familie gesetzt hatten, war das eine schlechte Nachricht. So blieben die großen Freudenkundgebungen am Arno diesmal aus. Leo X. hatte die Kassen der Kirche geleert und enorme Schulden angehäuft. Außer den Kardinälen, die für den neuen Papst gestimmt hatten, durfte niemand auf große Geschenke hoffen; selbst die Wähler gingen am Ende meist leer aus. Die harte Wahrheit lautete, dass die Kirche bankrott war und Florenz zahlen musste.
    Nach Meinung der meisten Florentiner konnte sich Florenz jedoch einen zweiten Medici-Pontifikat nicht mehr leisten. Außerdem stellte sich jetzt erneut die Personalfrage. Der Papst war in Rom unabkömmlich. Wer würde sein Stellvertreter als Stadtoberhaupt von Florenz sein? Und mithilfe welcher Kreise würde er dort regieren? Von den beiden «Bastarden» machte Alessandro, der Sohn einer afrikanischen Sklavin und (zumindest nach offizieller Version) des jüngeren Lorenzo, das Rennen. Ippolito de’ Medici wurde für die geistliche Laufbahn bestimmt und 1529 mit nur neunzehn Jahren Kardinal.

    Der Papst, der Machiavellis «Geschichte von Florenz» in Auftrag gab: Sebastiano del Piombos Bild zeigt Clemens VII. als schönen und selbstbewussten Herrscher am Beginn seiner Regierungszeit. In Wirklichkeit war der Medici-Papst entscheidungsunfähig und stürzte Rom dadurch 1527 in die Katastrophe des Sacco di Roma, der monatelangen Plünderung durch deutsche und spanische Söldner.
    Zu Alessandros Mentor und damit zu seinem eigentlichen Sachwalter in Florenz ernannte Clemens VII. Kardinal Silvio Passerini aus Cortona, einen getreuen Gefolgsmann seines Hauses. Das war keine glückliche Wahl. Ein Emporkömmling aus einer Untertanenstadt erteilte den Florentiner Patriziern jetzt Befehle. Stärker konnte man die Elite am Arno kaum provozieren. Passerini wiederum reagierte auf die Ablehnung, die ihm entgegenschlug, mit einem «Jetzt erst recht!» und zahlte die Verachtung mit Schroffheit heim. Vor diesem Hintergrund hatten es die Anhänger der Medici immer schwerer. Während sie für einen

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